Datengrundlage für das APS-System

Selbsteinschätzung oft zu kritisch

Viele Fertigungsunternehmen zweifeln, ob ihre Datenqualität etwa für die Einführung eines Advanced Planning and Scheduling-Systemen ausreicht. Dabei ist diese Sorge häufig unbegründet und auch die Datenbereinigung und -pflege ist mit den passenden Prozessen weniger aufwendig als angenommen.

Bild: ©Flamingo Images/Shutterstock.com
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Je komplexer die Fertigungsplanung, desto eher stoßen gängige Enterprise-Resource-Planning- (ERP)-Systeme an ihre Grenzen – beispielsweise in der Einzel- und Kleinserienfertigung oder im Maschinen- und Anlagenbau. Advanced-Planning-and- Scheduling (APS)-Systeme schaffen Abhilfe. Während klassische ERP-Systeme Daten verwalten, treffen APS-Anwendungen Planungs- und Dispositionsentscheidungen und schlagen Handlungsempfehlungen vor. Sie sind in der Lage, ein Netz von Fertigungsaufträgen mit den real verfügbaren Kapazitäten abzugleichen und zu terminieren. APS-Systeme planen also gegen begrenzte Ressourcen und unter Berücksichtigung der Materialverfügbarkeiten. So entsteht ein realistischer Produktionsplan, der sich dynamisch an den jeweils aktuellen Stand anpasst.

Aufbau auf dem ERP-System

Für die Integration solcher Systeme bedarf es einer gut aufbereiteten Datengrundlage. Denn als Add-on-System bauen sie auf dem vorhandenen ERP-System auf und speisen sich aus dessen Informationen. Sind diese gepflegt, kann das APS-System eine präzise Planung zulassen. Dieser Datenbestand ist jedoch oft ein Problem. In einer Studie des Beratungsunternehmens Sopra Steria Consulting gab 2018 nur jedes vierte befragte Unternehmen an, über eine gute Datenqualität zu verfügen. Fast die Hälfte klagte über eine widersprüchliche, unvollständige oder veraltete Datengrundlage. Daher bezweifeln Unternehmen häufig, dass die Integration eines ASPS-Systems bei ihnen funktioniert. Dabei handelt es sich bei dieser Einschätzung oft um einen Trugschluss, wie näheres Hinsehen zeigt.

Schätzwerte reichen oft aus

Grundsätzlich bezeichnet der Begriff Datenqualität, bis zu welchem Grad sich ein Datenbestand für damit geplante Aktivitäten eignet. Dabei spielen Faktoren wie Aktualität, Vollständigkeit, Relevanz, Konsistenz oder Verfügbarkeit der Informationen eine Rolle. Für ein APS-System sind aber nicht alle Daten gleichermaßen bedeutsam. Unternehmen gehen zudem oft davon aus, dass ihr Datenbestand nicht umfangreich genug sei. Dabei sind die Grunddaten für eine tagesgenaue Fertigungsplanung und Reihenfolgebildung bei den meisten Betrieben schon vorhanden. Damit verfügen sie über die Basis, um im Vorfeld realistische Termine für die Auftragsbearbeitung zu vergeben.

Welche Daten braucht ein APS-System?

Prinzipiell braucht ein APS-System Daten zu Bearbeitungs- und Rüstzeiten, den involvierten Ressourcen und der herzustellenden Menge, um planen zu können. Auch Informationen zu Lieferterminen laufender Bestellungen und aktuellen Lagerbeständen sind relevant. Entgegen verbreiteter Annahmen genügen oft Schätzwerte für eine hinreichend genaue Planung. Die vom ERP-System ermittelten Ecktermine für Fertigungsaufträge und Arbeitsgänge sind hingegen unwichtig, da sie in der Regel zu Beginn des Fertigungsprozesses bestimmt wurden und sich in seinem Verlauf überholt haben. Sie müssen daher nicht extra bereinigt werden, sondern werden im APS-System automatisch aktuell gehalten und gegebenenfalls angepasst.

Übergangszeiten irrelevant

Auch die Übergangszeiten zwischen einzelnen Bearbeitungsschritten sind für viele APS-Systeme größtenteils irrelevant, da nicht zwischen Planungspuffern und tatsächlich notwendigen Übergangszeiten (z.B. Transportzeit, Trockenzeit etc.) unterschieden wird. Häufig ermitteln Betriebe eine durchschnittliche Übergangszeit zwischen zwei Arbeitsplätzen aufwendig aus Vergangenheitsdaten und ziehen sie als feste ‚Pufferzeit‘ in die Planung ein. Tatsächlich jedoch handelt es sich dabei um eine Variable, die durch den Planungsprozess gezielt beeinflusst werden soll – also nicht um eine Eingangs-, sondern um eine Ausgangsgröße. Kommt z.B. ein Eilauftrag herein, werden dessen Arbeitsgänge schnell hintereinander abgearbeitet. Die Übergangszeit dazwischen ist daher minimal und entspricht nicht mehr dem ermittelten Wert. Vielleicht wird ein anderer Auftrag dadurch bewusst zurückgestellt, was wiederum dessen Übergangszeiten verlängert. Im Sinne der Feinplanung muss die Übergangszeit also im Vorfeld gezielt variiert werden, um Ressourcen besser zu nutzen und die Aufträge termingerecht fertigzustellen.