Ordnungsrahmen für das Lösungsgeschäft

Produkte in Baukästen gedacht

Der Begriff CPQ für Configure Price Quote gilt als relativ neue C-Kategorie für Softwaresysteme zur Angebotserstellung im Maschinen- und Anlagenbau. Für den Sondermaschinen- und Anlagenbau müssen CPQ-Systeme nicht nur Einzelsysteme unterstützen, sondern manchmal auch Angebotsprozesse für ganze Werke abbilden.

Konfigurationstypen bei kundenindividuellen Produkten (Bild: Dr. Wüpping Consulting GmbH)
Konfigurationstypen bei kundenindividuellen Produkten (Bild: Dr. Wüpping Consulting GmbH)

Angebote für kundenindividuell zusammengestellte Varianten von Investitionsgütern lassen sich in zwei Arten aufteilen. Diese Unterscheidung ist in deutscher Sprache nicht so ausgeprägt wie im Englischen, weswegen Angestellte auch in Deutschland oft die Begriffe Quotation, kurz Quote, und Proposal verwenden. Ein Quote meint ein detailliertes Preisangebot für einen definierten und spezifizierten Produkt- oder Projektumfang. Hier kennt der Anfragende die Artikel des Angebotes und weiß, welchen Liefer- und Leistungsumfang er will. Die zweite Angebotsart Proposal meint ein unter Umständen sehr umfangreiches Angebot, bei dem der Anfragende eine Lösung für ein Problem oder Projekt erwartet. Der Anbieter möchte den Kontrakt durch seine Lösungsvorschläge, auch mit Alternativen, gewinnen. Es wäre zu diskutieren, ob ein Proposal einem Budgetangebot im Projektgeschäft entspricht, sodass Kontraktgeber und Anbieter zunächst zu einer abgestimmten Lösung hinarbeiten, zu der später ein Quote erstellt wird, welches die genauen Kosten und Preise zum abgestimmten Liefer- und Leistungsumfang beinhaltet.

Iterative Aufgabe

Der CPQ-Prozess ist sehr iterativ und erfordert vom IT-System für die oben genannten Bereiche neben der Konfiguratortechnik viel Flexibilität für die Projektierung, Projektkalkulation und Revisionierung des Änderungswesens (Engineering Change Management). Der Angebotsprozess kann Jahre dauern. In der täglichen Praxis werden die beiden Begriffe meist nicht so differenziert unterschieden und die Übergänge sind fließend.

ATO versus ETO

Bei der Produktkonfiguration kann zwischen zwei Arten der Zusammenstellung eines Liefer- und Leistungsumfangs unterschieden werden. Die erste Art der Konfiguration betrifft variante Produkte, deren wählbare Bestandteile vollständig ausgeprägte Artikel sind und die daher eine Materialnummer haben können. Das kundenindividuelle Produkt ist eine Montagevariante. Der Konfigurationstyp dazu wird ATO (Assemble to order) genannt. Im Gegensatz zu ATO steht der Konfigurationstyp ETO (Engineer to order). Dabei sind die Bausteine und Komponenten der Konfiguration zum größten Teil keine Materialien im ERP-Sinne, sondern stellen Funktionsbaugruppen oder Vertriebsartikel dar. Das meint, dass diese auftrags- und projektneutral vordefinierten Bausteine keine voll ausgeprägten Materialien sind, sondern im Grenzfall reine Funktionen als Platzhalter im Angebot sind, Ein Beispiel sind die Greifer für einen Roboter. Kosten und daraus berechnete Preise der Angebotspositionen können auch auf Schätzungen basieren oder sich an ähnlichen Komponenten bestehender Projekte orientieren.

Ein Werk zum Mahlen von Getreide entsteht in der Regel als Engineer to Order-Produkt. (Bild: Bühler AG)
Ein Werk zum Mahlen von Getreide entsteht in der Regel als Engineer to Order-Produkt. (Bild: Bühler AG)

Gefahr der Überspezialisierung

Viele hiesige Maschinen- und Anlagenbauer konzentrieren heute auf das Lösungsgeschäft, statt auf den Absatz von Standardeinzelmaschinen, um sich durch kunden- und prozessorientierte Lösungen Wettbewerbsvorteile zu erkämpfen. Dabei besteht das Risiko einer Überspezialisierung, bei der die fokussierten Marktnischen immer kleiner und irgendwann zu klein werden könnten. Der Anbieter von CPQ-Software EAS Engineering Automation Systems rät mit seinen zwei Dekaden Praxiserfahrung daher dazu, wenigstens im Vertrieb und Projektierung ein Denken in Baukastensystematik zu implementieren. Zwar gab es zu dem Prozess der ‚Modularisierung und Standardisierung‘ in Unternehmen vielfach Bemühungen. Doch die Ergebnisse bleiben bescheiden, wenn solche Projekte zu Papiertigern verkümmern. Ein Ruck kann nur durch Unternehmen gehen, wenn die konfigurierbaren Produkte auch stringent als konfigurierbare Produktfamilien definiert werden. Maximalstrukturen sind aus vordefinierten Vertriebsbausteinen aufzubauen. Maximalstrukturen bilden Baukästen ab, weil darin alle Muss-Komponenten, Optionen, Zubehör mit jeweiligen Alternativausprägungen enthalten sind. Zur Kür gehört es dann, mit Produktkonfiguratoren, in denen die Beregelung der jeweiligen Baukästen abgebildet ist, den CPQ-Prozess mit leicht und weltweit anwendbarer Produktkonfiguration zu erleichtern. Die freie Projektierung, auch ohne Baukästen und Konfiguratoren, muss bei ETO-Aufgaben noch immer elegant möglich sein.

Zeit investiert, Zeit sparen

Die Baukastenentwicklung bis in die Konstruktion dauert sicher länger als die vertriebliche Baustein- und Baukastenbildung. Generell soll den Kunden nach außen hin eine möglichst breite Varianz bei der Produktkonfiguration ermöglicht werden, während die Varianz nach innen möglichst klein bleibt, was über Baukästen lösbar ist. Weiterhin sollte so viel wie möglich vom Liefer- und Leistungsumfang aus vordefinierten Standard- und Funktionsbaugruppen aufgebaut werden. Nur der verbleibende Teil einer Lösung muss dann über Anpassungs- und Sonderkonstruktion umgesetzt werden. Im Gegensatz zu ATO wird bei ETO im Rahmen der Auftragsabwicklung die Konstruktion umfassend involviert sein.

Komplexität bewältigen

Wer im Produkt- und Variantenmanagement mehr mit Baukästen arbeitet, wird meist auch positive Auswirkungen auf das Komplexitätsmanagement feststellen. Denn zu strukturieren, zu ordnen, auszusondern und abzustimmen, welche Bausteine samt Merkmalen und Logiken in den Standard einer Produktfamilie gehören, schafft einen Ordnungsrahmen für Mitarbeiter, der Sicherheit bei der Arbeit stiftet.





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