Modulare Steuerungen

Steuern nach dem Baukastenprinzip

In der Phase der Konzeptentwicklung und -bestätigung werden für Prototypen und Prüfsysteme in der Regel elektronische Komponenten benötigt, die eigens für diesen einmaligen Einsatz entwickelt und hergestellt werden müssen. ARRK Engineering bietet ein System an, mit dem individuelle Lösungen nach dem Baukastenprinzip erstellt werden können.

Bild: P+Z Engineering GmbH
(Bild: P+Z Engineering GmbH)

Das Unternehmen ARRK Engineering unterstützt Automobilhersteller und Zulieferer als strategischer Entwicklungspartner. „Im Rahmen von Vorentwicklungsprojekten, Komponententests und Versuchsserien treten dabei bestimmte Anwendungsfälle immer wieder auf: Dazu zählen beispielsweise die Übertragung von Daten und Signalen über Bussysteme oder WLAN sowie die Auswertung von Sensoren und die Ansteuerung von Motoren“, sagt Zarko Tomic, Teamleiter Softwareentwicklung bei ARRK Engineering. In der Regel werden für diese Fälle spezielle Steuergeräte entwickelt, was aufgrund geringer Stückzahlen einen hohen Zeit- und Kostenaufwand bedeutet. Alternativ wird auf Universalsteuergeräte zurückgegriffen, die für den einzelnen Anwendungsfall oft überdimensioniert sind. Beides treibt die Entwicklungsdauer und -ausgaben in die Höhe. „Statt immer wieder neue Steuereinheiten für Testgeräte und Prototypen zu entwickeln, die sich nur bei einem einzigen Projekt verwenden lassen, wollten wir Bausteine definieren – ähnlich Legosteinen -, die entsprechend dem jeweiligen Anwendungsfall in wenigen Schritten zu einem individuellen und flexibel anpassbaren Steuergerät zusammengesetzt werden können“, so Tomic.

Hardware-Baukasten

ARRK entwickelte den entsprechenden Hardware-Baukasten und die Software im eigenen Hause. „Dies war notwendig, da sich vergleichbare Systeme am Markt für unsere Zwecke entweder als zu groß und kostenintensiv erwiesen haben oder eher auf den Hobbyelektronikanwender abzielten. Damit waren sie zu leistungsschwach und instabil“, bemerkt Tomic. Ein weiteres Problem war, dass bei diesen Modellen kein direkter Eingriff in die Software möglich war. „Nachdem das Plattformkonzept stand, wurde mit allen folgenden Projekten, bei denen eine bis dato noch nicht vorhandene Funktion erforderlich war, gleichzeitig ein neuer Baustein für unsere modulare Steuergeräteplattform entwickelt“, berichtet Tomic. Im Laufe der Jahre ist auf diese Weise ein Pool von Funktionen für verschiedene Anwendungsmöglichkeiten entstanden, z.B. digitale oder analoge Ein- und Ausgänge, Motorensteuerung und Bluetooth- oder WLAN-Übermittlung und zahlreiche unterstützte Bussysteme.

Platine und Funktion wechseln

Das System mit dem Namen BuildRS besteht aus zwei Platinen: Die Controllerplatine dient zur Verbindung mit anderen Geräten über CAN und bildet den Ausgangspunkt für die Einheit. Die Peripherieplatine definiert wiederum die eigentliche Funktion der Steuerung. „Wenn beispielsweise aufgrund einer veränderten Anforderung des Kunden von digitalen Ausgängen auf analoge Ausgänge oder von einem Sensor auf einen anderen gewechselt werden soll, müssen wir lediglich die Peripherieplatine austauschen“, sagt der Teamleiter. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten, die Platinen zusammenzufügen: nebeneinander, für einen erleichterten Zugriff auf alle Komponenten, oder kompakt übereinander, um das System unempfindlicher gegenüber Außeneinwirkungen zu machen. Je nach Kundenanforderungen sind neben CAN mittels eines zusätzlichen Moduls auch andere Anbindungen realisierbar, z.B. LIN, Bluetooth oder WLAN.

Modulare Software-Architektur

Auch die Software-Architektur der BuildRS-Plattform ist modular aufgebaut: „Die Software verfügt ebenso wie die Hardware über eine ständig wachsendes Portfolio von möglichen Funktionen, die der Funktionalität der Peripherieplatine entsprechen“, erläutert Tomic. Über die CAN-Schnittstelle lässt sich das System konfigurieren oder neu programmieren. Bei einem Funktionswechsel muss somit die Software nicht komplett neu aufgespielt werden. Da es sich dabei ebenfalls um eine Eigenentwicklung handelt, verfügt das Unternehmen über den vollen Zugriff auf den Quellcode.

Langfristige Anwendung

BuildRS bietet verschiedenste Verwendungsmöglichkeiten rund um die Konzeptentwicklung und -bestätigung. So können die Module z.B. zur Elektrifizierung einzelner Prototypen dienen. „Beispielsweise hat BuildRS in einer Sitzkiste zur Sitzverstellung Verwendung gefunden – als Motortreiber und zur digitalen Signalübermittlung“, erläutert Tomic. Die Module sind zudem langlebig: Gestapelt oder in einem Gehäuse verbaut können sie über viele Jahre hinweg genutzt werden. Dadurch eignen sie sich auch für langfristig angelegte Probandenversuche oder Demonstratoren, z.B. für Messen. Ein zweiter Verwendungszweck ist der Einsatz bei Kleinserien oder Testgeräten. „Ein Beispiel dafür ist ein Pedalmessgerät, das wir für die Automobilindustrie entwickelt haben“, erklärt Tomic. Das Ziel bei dieser Testvorrichtung ist die kombinierte Messung und Analyse von Pedalweg und -kraft z.B. für Brems-, Kupplungs- oder Gaspedale. Ein Modul übernimmt dabei die Aufgabe, die Werte beider Sensoren zu verwalten, in digitale Signale zu übersetzen und diese zur weiteren Verarbeitung zu übermitteln. Ein zweites Modul ist Teil der Fernbedienung, durch die die Anlage aus der Distanz gesteuert werden kann. Der Kunde profitiert hier von der Modularität des Systems: „Unsere Entwicklungsleistung bezüglich der Steuerungen umfasste in diesem Fall die Auswahl der geeigneten BuildRS-Platinen, das Aufspielen der Software und das Konfigurieren der Funktionen“, fasst Tomic zusammen. Auch als Teil von Tischaufbauten im Rahmen der Konzeptbestätigung bietet BuildRS Vorteile hinsichtlich Budget- und Zeitplanung, denn wie in den anderen Fällen muss dabei ebenfalls kein neues Steuergerät entwickelt werden. Gleichzeitig hat der Kunde mehr Freiheiten in der Anpassung und dadurch die Möglichkeit, BuildRS mehrfach einzusetzen. Da die einzelnen Peripherieplatinen nachkaufbar und leicht austauschbar sind, kann schnell und vergleichsweise günstig eine neue Funktion zugekauft werden. Die Inbetriebnahme der neuen Platine erfolgt über den CAN-Anschluss mittels der modularen Basis-Software, die auf der Controllerplatine aufgespielt ist. Auf diese Weise kann der Nutzer selbstständig die Funktion der Steuereinheit anpassen und in den Tischaufbau integrieren. „BuildRS kann grundsätzlich für alle Arten von Prototypen und Kleinserien verwendet werden. Dadurch lassen sich die Entwicklungskosten pro Endgerät drastisch senken“, sagt Tomic.