Zertifizierung bei der additiven Fertigung

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 (Bild: Rosswag Engineering)
(Bild: Rosswag Engineering)

 

Unterschiedliche Anforderungen

Je nach Anwendung bestehen verschiedene Anforderungen an das Metallpulver. So sollten die Partikel möglichst kugelförmig sein und die richtige Größe haben. Für breitere Querschnitte eignen sich eher großvolumige Partikel, da diese eine höhere Toleranz für größere Energieeinträge eines Lasers haben. Sind sie zu klein, verringert sich beispielsweise die Fließfähigkeit des Pulvers und es lässt sich schwieriger verarbeiten. In der Luft können zu kleine Partikel zudem eine Gefahr für die Gesundheit darstellen. Außerdem verdampfen sie oft zu schnell und führen zu unerwünschten Poren in den Bauteilen. Poren können ebenfalls entstehen, wenn das Metallpulver beim Transport, der Lagerung und Verarbeitung nicht ausreichend geschützt ist und Feuchtigkeit aufnimmt. Der Laser spaltet diese in Wasserstoff und Sauerstoff, der ins Material eingelagert wird.

Standards fehlen

Da der Einsatz additiver Fertigungsverfahren für sicherheitsrelevante Bauteile noch relativ neu ist, fehlen oftmals noch verlässliche Standards, spezifische Betriebserfahrung und Materialkennwerte. Auch besteht ein großer Bedarf an neuen Werkstoffen mit weiteren Eigenschaften. Dabei ist zu prüfen, ob die gefertigten Bauteile auch die bei der Auslegung vorgesehenen Parameter erreichen. Aufgrund komplexer Geometrien sind zerstörungsfreie Prüfungen nicht immer bzw. nur bedingt möglich. Viele Anforderungen und Vorgehensweisen sind noch nicht umfassend festgelegt und definiert. Zwar existieren für gängige Fertigungsverfahren bereits zahlreiche ISO-Standards und DIN-Normen, diese lassen sich aber oftmals noch nicht auf additive Fertigungsverfahren anwenden. Einige Betriebe entwickeln eigene Prozessrichtlinien und Qualitätsprüfungen, ohne sie durch unabhängige Prüfstellen validieren zu lassen. Die Bauteile lassen sich daher nur bedingt zertifizieren, was Rechtsunsicherheit und offene Haftungsfragen nach sich ziehen kann.

Zertifizierungsprogramm entwickelt

TÜV Süd Industrie Service hat in Kooperation mit Unternehmen aus der Pulver- und Druckgeräteherstellung ein Zertifizierungsprogramm entwickelt, das auf dem AD 2000-Regelwerk für Druckgeräte und der europäischen Druckgeräterichtlinie DGRL basiert. Metallpulver-Hersteller können sich zuverlässig bewerten und zertifizieren lassen, um die Qualität ihrer Prozesse nachzuweisen. Im Vordergrund stehen die Qualitätssicherung und Rückverfolgbarkeit der Produkte, der Nachweis der Fertigungssicherheit für ausgewählte Werkstoffgruppen und die grundsätzliche Eignung des Metallpulvers für additive Verfahren. Darüber hinaus erfolgt eine Prüfung von Mitarbeitern, Werkstoffen, Fügeverfahren und Qualifizierungen. Fortlaufende Zertifizierungen und Qualitätsprüfungen sind dabei wichtige Kriterien. Ferner stehen unterschiedliche Fragen im Mittelpunkt wie: Sind alle Anlagen und Prozesse kalibriert, reproduzier- und rückverfolgbar? Erfolgt eine fortlaufende Überwachung der Verarbeitung? Gibt es Risikoanalysen und werden diese bei Bedarf angepasst?

Qualifizierung verbessert

Mitte 2019 hat TÜV SÜD Industrie Service beispielsweise Rosswag Engineering auditiert und im Verlauf erfolgreich zertifiziert. Dabei haben die Experten die Herstellung, Prüfung und Qualifizierung der Metallpulver untersucht. Neue Werkstoffe bzw. Legierungen durchlaufen bei Rosswag umfangreiche Qualifizierungsprozesse. Das betrifft die Interaktion zwischen Metallpulver, Anlagenparametern und Bearbeitungsprozessen. Vom Rohstoff bis zum fertigen Bauteil wird fortlaufend nach festgeschriebenen Produktionsbedingungen und Qualitätsstandards auf Güte geachtet. Sonderpulver benötigen derzeit normalerweise etwa 30 Wochen für eine Qualifizierung. Rosswag Engineering kann diesen Zeitraum als zertifizierter Hersteller mitunter auf nur vier Wochen verkürzen.

Beim selektiven Laserschmelzen wird eine dünne Schicht Metallpulver auf einer Grundplatte aufgebracht. Dann schmilzt ein Laser das Pulver an ausgewählten Stellen schichtweise zu einem Bauteil. (Bild: Rosswag Engineering)
Beim selektiven Laserschmelzen wird eine dünne Schicht Metallpulver auf einer Grundplatte aufgebracht. Dann schmilzt ein Laser das Pulver an ausgewählten Stellen schichtweise zu einem Bauteil. (Bild: Rosswag Engineering)