Auf der Automatisierungsmesse SPS IPC Drives war der Softwarehersteller PTC traditionell nur durch seine Partner vertreten. Bis jetzt: Die letzte Industrieausstellung in Nürnberg besuchte der Hersteller von Creo, Windchill und ThingWorx zum ersten Mal mit einem eigenen Stand. Warum PTC verstärkt die Nähe zu Anwendern und Anbietern der Automatisierungstechnik sucht, hat uns Präsident und CEO Jim Heppelmann im Interview verraten.
Bild: PTC
Guten Tag Herr Heppelmann. Wieso ist PTC erstmals mit einem eigenen Stand auf der SPS IPC Drives vertreten?
Jim Heppelmann: Wir wollen hier den großen Sprung zeigen, den wir mit unserer Internet of Things-Technologie (IoT) ThingWorx im Bereich der Fertigungsautomation gemacht haben. Als wir mit IoT anfingen, haben wir eine Unmenge intelligenter Produkte verwaltet, damit unsere Kunden ihre Erzeugnisse aus der Ferne optimieren und ihren Service verbessern konnten. Dabei haben wir das Potenzial erkannt, auch die Produktionsmittel selbst in die Optimierung einzubeziehen. Mit dem Erwerb von Kepware vor rund zwei Jahren haben wir jetzt auch die Technik in den Händen, sämtliche Geräte eines Werkes an das Internet der Dinge anzuschließen. Seitdem verkaufen wir an einen Großteil unserer Kunden eine Kombination aus Kepware und ThingWorx, die damit eine neue Automatisierungsebene einrichten. Dieses Geschäft verlief im letzten Jahr sehr erfolgreich. Also gehen wir auch zu den Veranstaltungen, auf denen Menschen nach Automatisierungstechnik suchen.
Wie wichtig ist Ihr IoT-Zweig im Vergleich zum Kerngeschäft, in Zahlen ausgedrückt?
Heppelmann: Das traditionelle CAD– und PLM-Geschäft ist um etwa sechs Prozent gewachsen. Das entspricht in etwa der Geschwindigkeit des Marktes, ist vielleicht etwas schneller. Das Geschäft mit ThingWorx ist um 45 Prozent gewachsen und verhilft dem Unternehmen zu einer Wachstumsrate von zehn bis zwölf Prozent. Zweistelliges Wachstum ist sozusagen die magische Grenze für Unternehmen im Softwaregeschäft, insofern sind wir mit ThingWorx sehr gut aufgestellt.
…in einem Wachstumsmarkt mit noch ungesteckten Grenzen.
Heppelmann: Die Grenzen kennt niemand, doch schon jetzt bleiben Unternehmen auf der Strecke. In jedem Quartal sieht die Konkurrenz ein wenig anders aus. Größere Unternehmen treten in den Markt ein und kleinere Firmen verschwinden. PTC hingegen steht unverändert stark da und wir arbeiten hart daran, dass es so bleibt.
Sind Ihnen Sorgen von Creo- und Windchill-Anwendern bekannt, dass PTC bei allem Engagement im IoT-Bereich sein Engineering-Portfolio vernachlässigen könnte?
Heppelmann: Vor einigen Jahren haben vielleicht ein paar unserer traditionellen CAD- und PLM-Kunden befürchtet, dass uns der neue Markt vom Kerngeschäft ablenken könnte. Mittlerweile sehen unsere Anwender in IoT-Technik eher eine neue CAD- und PLM-Generation, denke ich. Einen mit CAD-und PLM-Technik modellierten digitalen Zwilling mit dem physischen Produkt zu verbinden, eröffnet faszinierende Möglichkeiten, um die Leistung eines Designs im Alltag zu bewerten und es zu verbessern. Hinzu kommen unsere VR- und AR-Technologien, mit denen sich Designs quasi als interaktive Hologramme in den Raum stellen lassen. Wir haben immer die Idee eines möglichst detaillierten Product Lifecycle Managements vertreten. Dafür haben Anwender schließlich ihre Daten aus Design, Fertigung und dem Service in die entsprechenden Lösungen eingespielt. Ich denke, mittlerweile sehen unsere Anwender die Vorteile, die sie aus unserem erweiterten Portfolio schöpfen können.
Wie läuft die Inbetriebnahme einer IoT-Installation im Fertigungsumfeld ab?
Heppelmann: PTC ist auch in den Markt der Fertigungsautomatisierung eingestiegen, weil Projekte hier meist einfacher sind, als eine weltumspannende IoT-Anwendung einzurichten. Es braucht keine neue Technikgeneration. Mit Kepware können wir in die Werke unterschiedlicher Branchen gehen und Maschinen und Steuerung zu einer übergeordneten IoT-Schicht verbinden. Die Infrastruktur darunter bleibt unverändert. Im Vergleich zum Re-Engineering eines Produktportfolios, seiner Produktion und dem Vertrieb ist eine IoT-getriebene Optimierung der eigenen Fabrik wesentlich einfacher und schneller zu erreichen.
Wenn PTC nun Maschinen auf dem Shop Floor anbindet. Wie weit ist Ihr Portfolio von einem Manufacturing Execution System entfernt?
„Erst einmal wollen wir keine bestehenden Lösungen im Werk ersetzen, sondern sie effizienter gestalten helfen.“ Jim Heppelmann
Welche Strategie verfolgt PTC in dieser Hinsicht?
Heppelmann: Erst einmal wollen wir keine bestehenden Lösungen im Werk ersetzen, sondern helfen sie effizienter zu gestalten. Aber wir entwickeln für ThingWorx immer mehr Anwendungen zur Fabrikautomation – zum Beispiel ein Asset Management-System – um den Zustand von Anlagen zu überwachen, für prädiktive Analysen und so weiter. Eine Anwendung unterstützt zum Beispiel den Wartungstechniker, die Geräte im Blick zu behalten. Ein weiteres Programm vermittelt den Bedienern Wissen, etwa zu den Herstellungsprozessen, aktuellen Problemen in der Produktion oder dem Qualitätsniveau und Durchsatz. Eine weitere Anwendung erlaubt wiederum dem Betriebsleiter oder dem Leiter mehrerer Werke zu sehen, wie wirtschaftlich die gesamte Anlage im Vergleich zu anderen arbeitet. Gleichzeitig sammelt und analysiert unsere Plattform Daten, um den Ursachen für diese Unterschiede auf die Spur zu kommen und so eine Grundlage zur Leistungsverbesserung der Anlagen zu bilden.
Bild: TeDo Verlag GmbH
Welche Kenntnisse müssen produzierende Unternehmen einbringen, um eine ThingWorx-Installation einzurichten?
Heppelmann: Wir haben die Bedienung von ThingWorx auf Mitarbeiter ausgerichtet, die technische Fähigkeiten mitbringen, aber keine Softwareentwickler sind. Unser System lässt sich zwar per Drag& Drop konfigurieren, aber um den bestmöglichen Nutzen aus der Lösung herauszuholen, müssen die Anwender ihre Fabrik ganz genau kennen.
In Deutschland zielen verschiedene Initiativen wie die Plattform Industrie 4.0 aktuell darauf ab, gerade mittelständische Produktionsunternehmen bei ihrer Digitalisierung zu helfen. Können sie diesen Firmen helfen?
Heppelmann: Das können wir sowohl mit eigenen Ressourcen, als auch mit unserem Ökosystem. Wir haben verschiedene Kepware-Partner, die ihre Angebote auf der Basis von ThingWorx auf die Anforderungen von kleinen und mittleren Unternehmen zugeschnitten haben. Diese Spezialisten wissen genau, wie SPSen anzubinden sind, wie eine Fertigung funktioniert und Produktionslinien optimiert werden. Unsere Partner können also auch wenig digitalisierten Unternehmen weiterhelfen.
Heppelmann: Unternehmen können sich in unserem Programm als Integrationspartner anmelden, als Reseller und so weiter. In unserem klassischen CAD- und PLM-Geschäft haben wir zum Beispiel etwa 500 Partner, wovon sich aktuell immer mehr als ThingWorx-Partnern qualifizieren. Dieses relativ neue Programm haben wir eigentlich extra für Firmen ohne CAD- und PLM-Hintergrund aufgesetzt, die etwa auf die Fertigung, Smart Cities oder ähnliches spezialisiert sind. Hier haben wir besonders viele Reseller, die etwa Kepware und ThingWorx und nachgelagerte Dienstleistungen vertreiben. Dann sind viele Systemintegratoren in unserem Programm. Dabei reicht die Größe von Firmen wie Accenture und Capgemini bis hin zu kleineren Integratoren, von denen viele etwa hier auf der SPS IPC Drives ausstellen.
„PTC wünscht sich ein robustes Ökosystem. Außerdem wollen wir in Zukunft noch enger mit Unternehmen aus der Automatisierungswelt zusammenarbeiten.” Jim Heppelmann
Welche Anwender betreuen Sie selbst und wann springen ihre Partner ein?
Heppelmann: Wir können mit unserem Direktvertrieb die größten strategischen Kunden abdecken: die großen Automobilkonzerne, die größten Automobilzulieferer und die größten Industrieunternehmen. Wir reden hier von rund 20 Prozent der möglichen Anwender. Obwohl es Überschneidungen gibt, bleiben unseren Partnern die restlichen 80 Prozent des Marktes. Unsere Partner wissen natürlich, dass etwa Volkswagen als strategischer Kunde Geschäfte direkt mit uns macht und würden etwaige Aufträge an uns weiterleiten. Umgekehrt machen wir das genauso.
Auf dem Weg zur Industrie 4.0 scheinen mehr Anbieter industrieller IT als je zuvor strategische Kooperation einzugehen, die bis vor kurzem so unmöglich schienen. Wohin wollen sie ihr eigenes Ökosystem steuern?
Heppelmann: Zunächst wünscht sich PTC ein robustes Ökosystem. Außerdem wollen wir in Zukunft noch enger mit Unternehmen aus der Automatisierungswelt zusammenarbeiten. Wir möchten erreichen, dass unsere ThingWorx-Technologie verstärkt im Bündel mit kompletten Automatisierungslösungen angeboten wird. Natürlich versuchen wir mit unserem Ökosystem stets, unsere Präsenz auf dem Markt zu vergrößern. PTC kann nicht jeden Markt komplett bedienen, unsere Partner schon. Dafür brauchen wir ein solides Programm, das Partner mit Respekt behandelt und sich finanziell für sie lohnt. (ppr)
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