Um Wertstromanalysen anzustellen oder neue Fertigungskonzepte zu untersuchen, muss man nicht unbedingt auf aufwendige Expertensysteme setzen. Das zeigt die Anwendung der 3D-Software TaraVRbuilder von der Tarakos GmbH in der Werksplanung des Automobilzulieferers Magna Exteriors in Idar-Oberstein. In mehreren Schritten ließen sich hier mit realitätsnaher 3D-Visualisierung die komplexen Fertigungsprozesse verketten und an die Anforderungen von Kunden und Ressourcen anpassen.
Bild: Tarakos GmbH
Bei der Magna Exteriors (Germany) GmbH in Idar-Oberstein werden Wertstromanalysen durchgeführt, um Verschwendung von Arbeitszeit, Kapazitäten und Material zu vermeiden. Innerhalb der Magna-Gruppe, einem mit 163.000 Mitarbeitern an 328 Produktionsstandorten weltweit aktiven Automobilzulieferer, entwickelt und produziert Magna Exteriors etwa Stoßfänger, Exterior-Bauteile und -Module, Frontmodule, aktive Luftmanagementsysteme und Leichtbauteile aus Composite-Material. Im Werk Idar-Oberstein arbeiten 305 Mitarbeiter auf 7.930 Quadratmetern Fläche an Chromteilen, Stoßfängern, Seitenbauteilen und Kühlergrills. Enrico Sann, Site Structure Planner, beschäftigt sich hier damit, die Wertschöpfungsketten mit Prozessen wie Spritzgießen, Galvanisieren und Montieren zu verbessern und neue Projekte einzurichten. Im Wertstromdesign kümmert er sich darum, Materialströme so zu optimieren, dass die geforderten kurzen Zykluszeiten mit niedrigen Materialbeständen, kurzen Transportwegen und möglichst geringen Kosten erreicht werden.
Gestartet mit einer Testversion
Auf der Logimat 2016 in Stuttgart entdeckte Sann ein Programm, das ihm diese Tätigkeit wesentlich erleichtern sollte. Die Tarakos GmbH präsentierte dort ihren TaraVRbuilder, mit dem man beliebige betriebliche Szenarien realitätsnah abbilden kann. Mit einer kostenlos zur Verfügung gestellten Testversion begann er, sich selbstständig in das Programm einzuarbeiten. Innerhalb von zwei Wochen erstellte er das Hallenlayout inklusive sämtlicher Gebäudeteile aus einem CAD-System und konstruierte so eine exakte Wiedergabe der räumlichen Verhältnisse im System. Allein mit Hilfe der Tutorials konnte er nun einen Gabelstapler durch das 3D-Szenario fahren lassen. Magna in Idar-Oberstein entschloss sich zum Erwerb einer Lizenz inklusive Schulungspaket.
Denn die mitgelieferten 3D-Objekte wie Fördermittel, Montageplätze, Gabelstapler oder Hochregallager lassen sich nicht nur individuell anpassen, sondern auch mithilfe von Parametern animieren. Dadurch kommt Leben in das 3D-Szenario: Warenströme fließen über die Förderanlagen, Flurfahrzeuge bewegen sich über vorgegebene Routen, Arbeiter montieren und die Fertigprodukte werden verpackt und abtransportiert. „Wenn man alle Möglichkeiten kennt, findet man schneller eine passende Lösung für die eigene Aufgabenstellung“, sagt Enrico Sann. „Nach einem halben Jahr sollte man an einem weiteren Schulungstag seine offenen Fragen beantworten lassen.“ Der Werksplaner richtete verschiedene Testprojekte ein, um die Elemente weiter auszuprobieren und zum Beispiel die eigenen Montageplätze nachzubauen. Auf einer Anwendertagung von Tarakos erhielt er weitere Anregungen und Antworten auf seine Fragen. Schließlich entschied er sich, die Software für ein erstes, anstehendes Projekt zu verwenden.
Bild: Tarakos GmbH
Online-Fertigung abgebildet
Die Online-Fertigung von zwei Kühlergrills für unterschiedliche Kunden auf einer Spritzgießmaschine sollte so verkettet werden, dass die gewünschten Stückzahlen bei minimaler Verschwendung geliefert werden können. Dazu wurde eine Arbeitswoche des Ist-Zustandes simuliert, in der die Spritzgießmaschine im Wechsel mit den beiden verschiedenen Werkzeugen gerüstet wird. Noch an der Spritzgießmaschine sollten die Kunststoffteile dann bestückt und als Set in die Galvanik eingefahren werden. Die fertigen Bauteile werden ohne Zwischenlagerung der Montage an Handarbeitsplätzen zugeführt. Für den ersten Simulationslauf galten folgende Prämissen: Beginn mit unbestückten Pufferflächen mit dem vorhandenen Equipment, ohne Änderungen an den Arbeitsplätzen und auf Basis der Planlosgrößen der bisherigen Fertigung. Diese Simulation des Ist-Standes zeigte, dass eine Verkettung der beiden Fertigungsprojekte sehr schwierig werden würde. „Die 3D-Visualisierung mit dem TaraVRbuilder hat mir sehr geholfen, gewisse Vorgänge zu verstehen“, sagt Enrico Sann. „Ebenso hilfreich war das Szenario in der Kommunikation mit Mitarbeitern und der Präsentation vor dem Management.“ In einer genauen Analyse wurden überflüssige Wartezeiten gefunden. Ein kontinuierlicher Materialfluss ergab zudem einen geringeren Bedarf an Behältern. Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse wurde ein zweiter Simulationslauf mit neuen Prämissen begonnen: Beginn mit bestückten Pufferflächen und vorhandener Ausrüstung für Produkt 1, jedoch einem geänderten Behälterkonzept für Produkt 2, das auf den Warenträgern der Galvanik aufbaute. Der Arbeitsplatz für dieses Produkt wurde in die Nähe der Galvanik verlegt. Die Losgröße für das zweite Produkt wurde an den aktuellen Forecast des Kunden angepasst. Schließlich wurde das durchschnittliche Schichtmodell für die bestmögliche Anlagenauslastung ermittelt. Nach Simulation einer Arbeitswoche erschien nicht nur die Verkettung der beiden Produktionsvorgänge möglich – es konnte auch eine wesentlich höhere Produktivität in der Montage erreicht werden. Die Zahl der eingesetzten Behälter wurde drastisch verringert – und damit das Material im Umlauf. Das gewonnene Verständnis hat sehr dazu beigetragen, für den zweiten Simulationslauf neue Parameter zu finden und ein neues Behälterkonzept zu entwickeln.
Von der Simulation in die Praxis
Im Praxistest wurde das neue Behälterkonzept für das zweite Produkt von den Mitarbeitern sehr gut aufgenommen. „Die 3D-Layoutplanung mit dem TaraVRbuilder hilft mir, Ideen zu vermitteln“, berichtet Enrico Sann. Dieses erste Projekt zur Optimierung eines vorhandenen Prozesses hat jedoch weitere Folgen für die zukünftige Arbeitsweise: „Wir werden die Animation ganzer Arbeitsabläufe bereits viel früher im Planungsprozess einer neuen Anlage oder eines neuen Projektes beginnen“, sagt Sann. „Bereits nach der ersten Prozessbeschreibung auf Papier können wir das Konzept dreidimensional abbilden. Die Ergebnisse sollen dann direkt in die Konstruktion einer Anlage einfließen.“ Dazu reicht die Leistung der kostengünstigen und einfach bedienbaren Simulationssoftware vollkommen aus: „Anhand der Ergebnisse aus dem TaraVRbuilder kann ich sehr gut abschätzen, ob ich die gewünschten Ergebnisse erreichen kann oder nicht,“ meint Enrico Sann. Darüber hinaus tragen übersichtliche Video-Rundflüge durch das laufende 3D-Szenario bei allen Beteiligten zu einem besseren Verständnis der Produktionsabläufe mit Puffern und Engpässen bei. Sann sieht noch einen weiteren Effekt: „Außerdem lassen sich nebenbei für das obere Management sehr schöne Präsentationen erstellen, die durch bessere Visualisierungen Entscheidungen für manches Projekt erleichtern.“
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