Digitaler Zwilling

Anlagen aus dem virtuellen Baukasten

Bild: ©Andrei Merkulov/stock.adobe.com
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Ohne Modellierung zum digitalen Zwilling

Viele Baugruppen lassen sich für verschiedene Projekte nutzen, wenn sie einmal entwickelt sind. In der Realität baut man sich auf diesem Wege jedoch insgesamt drei digitale Baukästen auf: den mechanischen, den elektrischen und den der Steuerungskomponenten. In Zukunft wird es wichtiger sein, diese drei Baukästen zu einem mechatronischen Baukasten zu verschmelzen und die Baugruppen darin in jeder der drei Disziplinen mit denselben mechatronischen Systemgrenzen zu beschreiben. Hinzu kommt die virtuelle Baugruppe, die den mechatronischen Baukasten erweitert – der digitale Zwilling wird Bestandteil des Baukastens. Aus diesem Baukasten bedienen sich die Konstrukteure, Elektroingenieure und Softwareentwickler, unterstützt durch Projektierungstools, für neue Projekte. Auf Basis der Stückliste einer Anlage lässt sich dann der digitale Zwilling generieren – die virtuelle Anlage entsteht also durch Auswahl der parametrierten Baugruppen und nicht durch Modellierung.

Mechatronische Baugruppen

Die Gesamtanlage wird in mechatronische Baugruppen unterteilt, die in sich geschlossen sind. Aus diesen Baugruppen bilden sich hierarchisch übergeordnete Funktionsbaugruppen, bis letztendlich die Gesamtanlage entsteht. Dabei sollten wiederverwendbare Einheiten im Baukasten angelegt werden, die dann ohne Aufwand erneut zum Einsatz kommen können. Eine sinnvolle Modellgenerierung lässt sich am besten unter Nutzung der Baugruppenliste bewerkstelligen, welche ebenfalls für die Beschaffung, den Aufbau und die Softwareprogrammierung genutzt wird. Die Anpassung wiederverwendbarer Baugruppen sollte dann vorwiegend durch Parametrierung erfolgen.

Baukasten für Projekte

Eine baukastenbasierte Projektierung von Maschinen und Anlagen bietet eine Reihe von Vorteilen:

  • •  Die Konstrukteure stützen sich auf getestete Baugruppen, die mehrfach in Anlagen zum Einsatz kommen. Das reduziert Entwicklungskosten und Entwicklungszeit und steigert die Qualität.
  • •  Sind Anlagen modular aufgebaut, lässt sich auch die virtuelle Maschine modular zusammensetzen. So ist es möglich, unterschiedliche Kombinationen von Baugruppen virtuell auszuprobieren und so zügig zu einer anwenderspezifischen Lösung zu gelangen.
  • • Aus einem Baukasten heraus lassen sich virtuelle Maschinen und Anlagen automatisiert erstellen. Die Regelwerke sind in den heute verfügbaren Baukästen namhafter Projektierungstools integrierbar. Hierdurch kann die benötigte Modellierungsdauer weiter reduziert werden und die virtuelle Anlage steht schneller zur Verfügung.
  • • Bereits beim Erstellen der virtuellen Baugruppen kommen die Disziplinen Mechanik, Elektrotechnik und Informatik zwangsläufig zusammen und tauschen sich frühzeitig aus. Nicht erst, wenn die Anlage mechanisch gebaut und elektrisch verkabelt ist. Hinsichtlich Design, Auslegung und Optimierung der Anlage ist das ein enormer Zeit- und Effizienzgewinn.

Mitarbeiter schulen

Wie gut sich eine Anlage virtuell entwickeln und in Betrieb nehmen lässt, hängt von der Qualität der Baukästen und ihrer einzelnen Baugruppen ab. Dazu müssen die Mitarbeiter, die mit den digitalen Zwillingen arbeiten, geschult werden. Dabei unterstützen gerne die Berater von ISG.


Was bei der Modularisierung zu beachten ist
Mechatronischer Aufbau:
Baukästen sollten stets mechatronisch aufgebaut werden. Das heißt, jede Baugruppe ist über mechanische, elektrische, funktionale und energetische Schnittstellen beschrieben.
Schnittstellen:
Für alle beteiligten Disziplinen – Mechanik, Elektrotechnik, Informatik – sollten ausschließlich diese definierten Schnittstellen zugelassen werden. Nur so gelingt es, einen disziplinübergreifenden Baukasten aufzubauen. Und nur auf diesem Wege lässt sich die virtuelle Baugruppe als vierte Disziplin hinzufügen.
Keep it simple:
Die Gliederung in Baugruppen sollte darauf ausgerichtet sein, die Baugruppen so unkompliziert wie möglich zu gestalten. Aus einfachen Baugruppen kann man dann komplexere Funktionsbaugruppen zusammenfassen. Ziel ist eine möglichst hohe Wiederverwendbarkeit der Bau- und Funktionsbaugruppen.
Varianten begrenzen:
Auch wenn es möglich ist, eine Baugruppe mit Komponenten unterschiedlicher Hersteller zu bauen, sollte man sich auf wenige Varianten beschränken oder entsprechende Abstraktionsschichten bilden. So erhöht sich die Wiederverwendbarkeit, der Baukasten ist wartungsfreundlicher und Konstrukteure behalten leichter den Überblick.Disziplinen vollständig beschreiben:
Baugruppen sollten erst in einem Projekt verwendet werden, wenn sie in allen vier Disziplinen – Mechanik, Elektrotechnik, Informatik, digitaler Zwilling – vollständig beschrieben sind. Ändert eine der Disziplinen die Baugruppe und erzeugt dadurch eine neue Version, so sollten die anderen Disziplinen dazu verpflichtet sein, die Baugruppen ebenfalls anzupassen und freizugeben.