3D-Technik flexibel nutzen

Krankenhausverbund druckt Medizinprodukte selbst

Als die Covid-19-Krise ausbrach, fehlte es vielen französischen Krankenhäusern an medizinischer Ausrüstung. Unter der Leitung eines Pariser Chirurgen wurde daraufhin eine Initiative gestartet: der 3D-Druck von medizinischem Material nach Bedarf. Für die Qualitätskontrollen wurde der Artec Space Spider 3D-Scanner eingesetzt.

Lieferung von 3D-gedruckten medizinischen Produkten (Schutzausrüstung wie Visiere) an Krankenhäuser zur Vorbereitung auf die Lockerung der Ausgangsbeschränkungen. (Bild: Dr. Roman Khonsari / Instagram)
Lieferung von 3D-gedruckten medizinischen Produkten (Schutzausrüstung wie Visiere) an Krankenhäuser zur Vorbereitung auf die Lockerung der Ausgangsbeschränkungen. (Bild: Dr. Roman Khonsari / Instagram)

Als Ende des letzten Jahres im chinesischen Wuhan der erste Fall von Covid-19 auftrat – damals noch eine mysteriöse, pneumonieähnliche Erkrankung – ahnten die meisten nicht, dass bald eine Pandemie die Welt verändern würde. Schon im Januar 2020 waren mehr als 40 Menschen in China infiziert und die Krankheit hatte einen Namen: Coronavirus oder Covid-19. Im Laufe der nächsten Monate entwickelte sich daraus eine weltweite Epidemie, die nicht nur den nationalen und internationalen Reiseverkehr, sondern auch die Wirtschaft lahmlegte. Weitreichende Ausgangsbeschränkungen wurden verordnet und in den meisten Teilen der Welt nur der Verkauf grundlegender Versorgungsgüter zugelassen. In Frankreich gab es bis Mitte April mehr als 168.000 Fälle mit über 20.000 Toten und 40.000 wieder genesenen Patienten. Überall auf der Welt, und vor allem in Ländern, in denen die Zahl der Erkrankten stieg und die Krankenhausbetten knapp wurden, wurde die medizinische Versorgung wichtiger als alle anderen Versorgungsleistungen.

Aus der Not heraus geboren

Im medizinischen Bereich mangelte es an allem: an Zeit, Personal, Energie und Ressourcen. An diesem Punkt entstand eine neue Initiative, deren Hauptpfeiler die 3D-Technologie bildete: Covid3D.org. Leiter des Projekts war der Chirurg Dr. Roman Khonsari vom Pariser Krankenhausverbund APHP (Assistance Publique – Hôpitaux de Paris), die Finanzierung übernahm die Universität Paris und der Luxusmarkenkonzern Kering. Das Projekt sollte in großem Stil aufgezogen werden und innerhalb kurzer Zeit wie am Schnürchen funktionieren. Der Plan war, eine 3D-Druckerei in Paris einzurichten, in der medizinische Produkte entworfen und je nach Bedarf rasch und billig ausgedruckt werden konnten. Die Herausforderung bestand für die Beteiligten darin, dass sie bei null anfingen und juristisches Neuland betraten. Darüber hinaus war der Zeitdruck sehr hoch, denn die Zahl der Coronafälle und der Fabrikschließungen auf der ganzen Welt nahm stetig zu.

Dieses Instrument, normalerweise aus den USA importiert und jetzt Mangelware, wird bei Herzoperationen zur Führung des Fadens in chirurgische Nähte verwendet. (Bild: Covid3D.org)
Dieses Instrument, normalerweise aus den USA importiert und jetzt Mangelware, wird bei Herzoperationen zur Führung des Fadens in chirurgische Nähte verwendet. (Bild: Covid3D.org)
Es wird in 100er-Losen gedruckt. Danach müssen die Bauteile die Reinigung und Qualitätskontrolle überstehen. (Bild: Dr. Roman Khonsari)
Es wird in 100er-Losen gedruckt. Danach müssen die Bauteile die Reinigung und Qualitätskontrolle überstehen. (Bild: Dr. Roman Khonsari)

Nur in Krisenmodus möglich

Mit Unterstützung und Mobilisierung von 50 Ärzten, Ingenieuren, Entwicklern, Unternehmern und Akteuren aus dem öffentlichen und privaten Sektor wurde Covid3D in nur zehn Tagen aus dem Boden gestampft. „Leider gibt es keine Anleitung dafür, wie man während einer weltweiten Epidemie medizinische Produkte in 3D druckt“, sagt Dr. Khonsari. „Eine der großen Herausforderungen waren die vielen juristischen Fragen, die zu klären waren. Unter normalen Umständen wäre so ein Projekt ja gar nicht möglich gewesen. Wir mussten erst einmal den rechtlichen Rahmen für den 3D-Druck von medizinischem Zubehör schaffen.“ Die Tatsache, dass in den Pariser Krankenhäusern das Material für Corona-Fälle knapp wurde, war laut Dr. Khonsari nicht das einzige Problem. Da die Produktionsstätten in China und den USA ihren Betrieb einschränkten oder die produzierten Güter für die eigenen Länder reservierten, entstand nun ein Bedarf an medizinischen Produkten, der über den Covid-19-bedingten Bedarf hinausging. Dringend benötigt wurden beispielsweise Ventile, Intubationsmaterial, Beatmungsgeräte, Spritzenpumpen, Masken und medizinische Steckverbinder. Anzumerken ist hier, dass die gedruckten Artikel nicht unbedingt kompliziert zu fertigen sind. „Wir bauen hier keine Raumschiffteile!“, fügt Dr. Khonsari hinzu. Doch da sie für den medizinischen Einsatz gedacht sind, ist ein hohes Maß an Qualität, Präzision und Sicherheit erforderlich.







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