Bei MTU Aero Engines wird die ‚Produktion der Zukunft‘ in einem skalierbaren Manufacturing Execution System abgebildet. Im Pilotprojekt dazu entstand am Standort Rzeszów in Polen das MES-Template, das künftige Rollouts beträchtlich beschleunigt. Die vom SAP-Dienstleister IGZ implementierte Systemlandschaft sorgt heute für eine Online-Auftragsdurchführung, die einfache, fehlerfreie und prozesssichere Arbeitsschritte prägt.
Hochtechnologie MES-gestützt produziert (Bild: IGZ Ingenieurgesellschaft für logistische Informationssysteme mbH)
Die Wurzeln von MTU reichen bis in die Anfangszeit des Motorflugs zurück. Heute ist der DAX-Konzern ein führender Triebwerkshersteller Deutschlands, der weltweit rund 10.500 Mitarbeitende beschäftigt und einen jährlichen Umsatz von etwa 4,2 Milliarden Euro erzielt. MTU treibt eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit, die Vision vom emissionsfreien Fliegen, an. Unter dem Motto ‚Driven by the visions of tomorrow‘ möchte das Unternehmen bei der Umsetzung dieses ambitionierten Ziels seinen Beitrag leisten und Verantwortung übernehmen. Um die steigende Nachfrage und die für die kommenden Jahre prognostizierten, steigenden Stückzahlen operativ effizient abbilden zu können, setzte sich MTU mit den SAP-Ingenieuren der IGZ in Verbindung, um ein MES-Projekt zu starten. Gesucht war ein Implementierungs- und Realisierungspartner mit großer Expertise im Bereich Online-Shopfloor-Steuerung und Echtzeit-Transparenz – den zentralen Herausforderungen von MTU. Weitere Gründe waren die Kompetenz und Erfahrung des IT-Dienstleisters mit der Erstellung von wiederverwendbaren MES-Templates und dessen Flexibilität bei der gleichzeitigen Arbeit an mehreren Standorten.
„Aufgrund der Vielfalt der generierten Daten und der Integrationsmöglichkeit bietet uns das MES viel Potenzial zur Automatisierung und Digitalisierung für die nächsten Implementierungen.“ Zuzanna Sroczyk, IT-Leiterin MTU am Standort Rzeszów (Bild:IGZ Ingenieurgesellschaft für logistische Informationssysteme mbH)
Höhere Digitalisierungsziele
Der Triebwerkhersteller wollte die Effizienz der Produktion durch Digitalisierung auf ein neues Niveau heben. Dazu sollten eine effiziente, papierlose Auftragsdurchführung und eine Online-Visualisierung der aktuellen Planungs-, Auftrags- und Fertigungssituation eingerichtet werden. MTU überzeugten die im Standard enthaltenen Funktionsmöglichkeiten und das Einsatzspektrum von SAP MES, um Bearbeitungszeiten zu verringern, Fertigungskapazitäten zu steigern und die produktiven Maschinenstunden zu erhöhen. Das Manufacturing-Execution-System von SAP sollte künftig die Produktionssteuerung unterstützen, um die Abläufe bei der Herstellung von Triebwerkskomponenten zu verbessern und den Automatisierungsgrad zu erhöhen. Der von diesen Zielen abgeleitete Maßnahmenkatalog war Teil der Unternehmensstrategie zur IT-Modernisierung und Digitalisierung der Produktionsstandorte.
Rolloutfähiges Template
Im Pilotprojekt der Initiative sollte ein MES-Template entstehen, das alle standortübergreifenden Produktionsprozesse wiederverwendbar mit den Funktionen der SAP-Software digital abbildet, inklusive der komplexen Blisk-Fertigung (Blade Integrated Disk). Mit dem Template sollte der Rollout von MES auf weitere Anlagen, Bereiche und Werke vereinfacht und beschleunigt werden. Außerdem wurde die S/4 Hana-Integration inklusive der ERP-Planungsszenarien sowie die Einbindung von NC-Programmen berücksichtigt. Zur Projektvorbereitung wurden Einsatzanalysen am Standort München für die Blisk-Fertigung sowie im Bereich der Gehäuse- und Scheibenfertigung in Rzeszów in Polen durchgeführt. Auf Basis dieser Voranalysen entschied sich MTU für die Pilot-Einführung am Standort Rzeszów. Gut gerüstet durch ein projektspezifisches Vorabtraining sowie Entwicklerschulungen für die IT-Mitarbeitenden von MTU startete das Projekt mit dem Kick-off im November 2020 mit der Spezifikationsphase. Im März des darauffolgenden Jahres wurde parallel mit der Spezifikation für München begonnen. Das alles erfolgte trotz pandemiebedingter Reiserestriktionen problemlos. Es folgten die Implementierung des Piloten und schließlich der Go-Live der MES-Software in Rzeszów im Juli 2022. Dabei erwiesen sich die Einsatzanalysen und Schulungen als Erfolgsfaktor, um das Projekt in Time und Budget umzusetzen.
Beim Bauteile-Rüsten unterstützt das MES die Mitarbeitenden am Arbeitsplatz mit einer Online-Anzeige des Arbeitsvorrats gemäß der ERP-Planung. Die integrierten Fertigungs-Hilfsmittellisten informieren über passende Werkzeuge und Bearbeitungsunterlagen. So werden die Mitarbeitenden über eine vereinheitlichte Oberfläche prozesssicher durch den Auftrag geführt. Eine automatisierte Verlinkung des korrekten NC-Programms aus Siemens Teamcenter ermöglicht den operativen Aufruf für den Auftragsstart im SAP MES. Um den Prozess weiter zu erleichtern, wurde das Qualitätsmanagementsystem von Guardus integriert. Dieses übermittelt Serialnummern während der Produktion und realisiert über Qualitätsprüfschritte eine automatische Prozessverriegelung. Die Online-Betriebsdatenerfassung (BDE) liefert für die Analyse aktuelle Details zu Personal-, Maschinen-, Rüst- und Mehrzeiten. Zusätzlich gibt es noch das sogenannte Control-OK, mit dem die Werker stündliches Soll- und Ist-Feedback eingeben. So sammelt das System Angaben und Hinweise zu Verlustzeiten, um die Gründe für geleistete Mehrarbeit nachvollziehbar zu machen. Neben den Fertigungsauftragsdaten wie Arbeitsplan und Stückliste zeigen die Monitore an den Arbeitsplätzen auch Serialnummern und Restlaufzeiten an. Somit ist der gesamte Maschinenstatus und Fertigungsauftragsfortschritt während des Produktionsschrittes online und in Echtzeit ersichtlich. Mit der automatisierten Maschinendatenerfassung (MDE) über SAP PCo (SAP Plant Connectivity) lassen sich zudem Verlustzeiten automatisiert erfassen. Diese fließen in die OEE-Kalkulation ein, um weiteres Optimierungspotenzial aufzuzeigen.
„Die Prognosen zu Kosteneinsparungen gegenüber externen MES-Drittlösungen wurden mit der SAP-Lösung von IGZ weit übertroffen.“ Sascha Pirke, Projektleitung MTU (Bild: IGZ Ingenieurgesellschaft für logistische Informationssysteme mbH)
Produktion effizient gesteuert
Durch die Einführung von SAP MES konnte der Triebwerkhersteller seine Prozesslandschaft harmonisieren und zukunftssicher ausrichten. Der Auftragsfortschritt ist jetzt bis auf Einzelmaschinen-Ebene lückenlos nachvollziehbar. Über die automatische Prozessverriegelung ist sichergestellt, dass der Folgevorgang erst gestartet wird, wenn der vorangegangene vollständig abgeschlossen wurde. In enger Zusammenarbeit mit IGZ ist eine State-of-the-Art-Produktionssteuerung entstanden, die sich überdies auf weitere Anlagen, Fertigungsbereiche und ganze Werke übertragen lässt. Für Flexibilität sorgt dabei die standardisierte Shopfloor-Integration über OPC UA an SAP PCo. Über MQTT (Siemens Brownfield Connector) lassen sich weitere Anlagen und Maschinen verbinden, konfigurieren und über OPC-UA anbinden. Die harmonisierte Systemlandschaft mit ihren einheitlichen Standardschnittstellen und der MES-Systemplattform kann nun auch inhouse durch die IT-Berater von MTU erweitert werden.
Kennzahlen und Reporting
Ein papierbasiertes Reporting von Verlustzeiten entfällt – und insgesamt sind weniger Dokumente auf Papier im Umlauf. Stattdessen unterstützen elektronische Arbeitsanweisungen, die Teamcenter-Integration und eine einheitliche Werker-Oberfläche die Mitarbeitenden bei Ihren Tätigkeiten. Weitere Unterstützung bietet der Programmabsprung in das Guardus QM-System, der Qualitätsprüfungen effizient zu verifizieren hilft. Die Online-Anzeige der Maschinenbelegung und des Auftragsfortschritts erhöht die Transparenz in der Produktion als Grundlage für weitere Optimierungen.
Jacek Pondel profitiert von der produktionsbegleitenden Online-Anzeige von Einbauunterlagen für Rüstvorgänge. (Bild: IGZ Ingenieurgesellschaft für logistische Informationssysteme mbH)
Template für schnelle Rollouts
Aufgrund der Wiederverwendbarkeit der MES-Lösung in Polen und weiteren Standorten gebe es deutliche Synergieeffekte. „Außerdem haben das vorkonfigurierte Template und der frühzeitige Knowhow-Transfer durch IGZ für einen schnellen und außerordentlich reibungslosen Projektverlauf gesorgt,“ sagt Sascha Pirke, Projektleitung bei MTU. Das hat den zeitlichen und organisatorischen Aufwand für den Triebwerkhersteller verringert und weniger Ressourcen gebunden. Das Template, die Projektvorbereitung und das Migrationskonzept mit einer strukturierten, aufeinander aufbauenden Phaseneinteilung beschleunigte den Go-Live in Rzeszów. Zudem ließen sich am Standort Polen weitere Bereiche flexibel aufschalten und in München die Bliskfertigung während des Projektverlaufes in der Software abbilden.
MES-gestützte Produktion
Nach der Piloteinführung in Rzeszów bringt MTU die Digitalisierungstrategie eigenständig voran. So plant das Team in Polen den nächsten Rollout selbst, eine Produktlinie für Schaufeln. Zuzanna Sroczyk, IT-Leiterin von MTU in Rzeszów zeigt sich zufrieden: „Da der Qualitätsstatus des Produktionsauftrags auf Einzelteilebene verfolgbar ist, können wir auf Prozessunregelmäßigkeiten schnell reagieren und zusätzliche Maßnahmen ergreifen.“ Sascha Pirke rückte die Zusammenarbeit in den Fokus: „Die Zusammenarbeit mit IGZ gestaltete sich trotz vielfältiger Herausforderungen durch die internationale Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg hervorragend. Mit SAP MES sind wir für die Produktion der Zukunft gut gerüstet.“ Zumal sich neu entwickelte Produkte nahtlos integrieren lassen, während das MES hilft, die Maschineneffektivität auf die steigenden Stückzahlen zu skalieren.
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