Produktionsstopps vermeiden: Maschinenpark wartet sich selbst
Im EU-Projekt Selsus arbeiten Fraunhofer-Wissenschaftler im Konsortium mit Partnern aus der Industrie und Forschung an einer Technologie, die Maschinenausfälle in der Produktion prognostiziert, bevor sie auftreten. So kann der Betriebsleiter Fehler beheben, ehe die Maschine nicht mehr funktioniert. Manche Defekte beseitigt das System sogar automatisch.
Bild: Fraunhofer IPA
Die Betriebsleiter fürchten ihn, die Techniker mögen ihn gar nicht und die Manager kalkulieren ihn seufzend mit ein: den plötzlichen Ausfall einer Maschine während der laufenden Produktion. Solche Vorkommnisse lösen hektische Reparatureinsätze aus, treiben die Kosten hoch, beeinträchtigen die Liefertreue und senken letztlich die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Dabei geht es oftmals um relativ kleine Defekte oder Verschleißerscheinungen. Diese bleiben unentdeckt, führen dann aber zu größeren Ausfällen und Produktionsstopps.
Hilfreich wäre eine Technik, die den Status aller Komponenten in der Produktionsstraße überwacht, Probleme und Schwachstellen identifiziert und den zuständigen Mitarbeiter rechtzeitig informiert. Dieser kann dann auf Basis eines sogenannten Decision-Support-Systems eine Entscheidung treffen, zielgerichtet handeln und den Defekt beheben. Idealerweise, ohne dass die Produktion unterbrochen werden muss.
Genau dies ist eine, aber nicht die einzige Grundidee des Projekts Selsus, an dem das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA gerade forscht. „Ziel ist es nicht nur, den Status der Maschinen und Komponenten zu überwachen. Vielmehr sollen Schwachstellen oder Verschleißerscheinungen mithilfe intelligenter Software und von Sensor-Netzwerken so frühzeitig erkannt werden, dass das System einen Ausfall prognostizieren kann“, sagt Martin Kasperczyk vom Fraunhofer IPA.
Hinweise auf die Lösung des Problems
Die entwickelten Diagnoseverfahren geben dann auch gleich Hinweise oder Empfehlungen, wie das Problem zu beheben ist. So wird etwa beim Projektpartner Electrolux in Pordenone in Italien ein Decision-Support-System eingesetzt. Das System kann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bevorstehende Ausfälle an einer Presse für Verkleidungen von Waschmaschinen vorhersagen und tatsächlich aufgetretene Störungen diagnostizieren.
Die nötigen Daten zum aktuellen Status der Maschinen liefern dabei teilweise Sensoren. Sie messen Werte wie Energieverbrauch, Temperatur, Öldruck, Partikel im Öl oder Vibrationen. Das Fraunhofer IPA hat mit dem beteiligten Konsortium bewiesen, dass die Technik auch in der Praxis zuverlässig funktioniert.
Das System repariert sich selbst
Das System ist sogar in der Lage, selbst Steuerimpulse an einzelne Maschinen zu geben. Eine Schweißsteuerung beispielsweise, bei der ein Sensor ausgefallen ist, kann fast unterbrechungsfrei in einem ‚sicheren Modus‘ weiterarbeiten, ohne dass es zu größeren Störungen kommt. Die Fähigkeit, sich gewissermaßen selbst zu reparieren und die Produktion zu erhalten, hat dem Projekt auch seinen Namen gegeben. Selsus steht für ‚Health Monitoring and Life-Long Capability Management for Self-Sustaining Manufacturing Systems‘.
Bis dahin waren jedoch einige technologische Hürden zu nehmen. Martin Kasperczyk sagt: „Vor allem die Auswertung der Datenflut war eine Herausforderung. Schließlich geht es darum, Ausfälle oder Pannen bei Maschinen mit hoher Zuverlässigkeit zu prognostizieren. Da genügt es nicht, ein paar Algorithmen zu programmieren.“
Bayes´sche Netze und Sensordaten
Die Experten setzen auf die Bayes´schen Netze. Das ist ein mathematisches Verfahren, mit dem sich die Wahrscheinlichkeit berechnen lässt, mit der ein bestimmtes Ereignis oder ein Zustand eintritt. Dabei werden mehrere Variablen und die mit ihnen verbundenen Wahrscheinlichkeiten miteinbezogen. Mithilfe der von den Sensoren gewonnenen Daten berechnet die Software etwa, wie wahrscheinlich es ist, dass ein bestimmtes stark beanspruchtes Kabel demnächst bricht, und meldet gegebenenfalls, dass es ausgetauscht werden muss.
Die Selsus-Software verlässt sich hierbei nicht allein auf Sensoren. Die technischen Eigenschaften der Maschine und ihre Leistungsparameter werden ebenso berücksichtigt. Diese Daten müssen bei der Installation und Konfiguration des Systems eingespeist werden. Zudem zeigt ein ausführlicher Probelauf dem System, wie die Anlage und ihre Komponenten sich im Dauerbetrieb und unter Belastung verhalten. Erst dann ist es bereit. Neue Daten, etwa durch Upgrades an den Maschinen oder auch durch verschleißbedingtes Nachlassen der Leistung registriert die Software ebenfalls und lernt auf diese Weise dazu.
Wie anspruchsvoll Selsus konzipiert ist, zeigt sich auch daran, dass die Software sogar mit dem Menschen interagiert. Sie analysiert die Ursachen eines drohenden oder existierenden Ausfalls und gibt Mitarbeitern passende Handlungsempfehlungen.
Anlage mit Selbstheilungskräften aus Coventry
Eine Anlage, die sich selbst wartet, hat Projektpartner Manufacturing Technology Centre aus dem britischen Coventry geschaffen. In einer Motorenproduktion ist ein Dispenser – ein Dosierer – mittels Vakuum an einem Roboterarm befestigt. Sollte der Dispenser an einen Widerstand stoßen, bricht dieser nicht ab, sondern reagiert flexibel. Er verliert seinen mittels Vakuum erzeugten Kraftschluss und fällt einige Zentimeter, bis Federn ihn stoppen.
Anschließend ziehen die Federn den Dispenser wieder zurück in seine ursprüngliche Position. Eine anschließende Kalibrierung stellt sicher, dass sich das Werkzeug in der korrekten Position befindet – der Arbeitsprozess geht nach der kurzen Unterbrechung weiter.
Die Politik hat das Potenzial der Technologie längst erkannt. Selsus wird von der Europäischen Kommission mit fast 5,4 Millionen Euro gefördert. Neben dem Fraunhofer IPA sind renommierte Industriepartner wie der Autobauer Ford, der Hausgerätehersteller Electrolux, der Anbieter für Schweißlösungen HWH Hamburg oder der Automatisierungsspezialist IEF-Werner mit dabei. Auch Universitäten wie die Loughborough University und die Instituto de sistemas e Robotica oder ICT Provider wie Hugin Expert, Advanced Data Processing oder Inotec sind beteiligt.
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