Die Folgen der Halbleiterkrise

Was, wenn es zum Fehler kommt

Werden während der Entwicklung von neuen Embedded-KI-Lösungen Fehler in Chipserien entdeckt, kann das auf branchenübergreifende Probleme mit Konsequenzen für die Gesamtwirtschaft hinweisen. Um an die benötigten Halbleiter zu kommen, stehen Hersteller vor schwierigen Entscheidungen.

 (Bild: ©Maksim Shmeljov/stock.adobe.com)
(Bild: ©Maksim Shmeljov/stock.adobe.com)

Fehler in Halbleitern sind nicht neues. Doch was, wenn das Ausmaß eine solchen Fehlers fast die Hälfte des Chips im Grunde funktionsunfähig macht? Wenn ganze Verarbeitungseinheiten (ähnlich: Rechenkerne), die bei einem in einer bestimmten Anwendungsdisziplin weit verbreitetem HMP (Heterogeneous Multicore Processor) nicht in der Lage sind, Berechnungen durchzuführen oder chipintern Daten auszutauschen? Auf dieses Problem stieß der Fullstack-Embedded-KI-Lösungsanbieter Aitad bei der Verwendung von Chips bei der Hardware-Entwicklung.

„Das bedeutet dann nicht nur einen hohen Aufwand an vertaner Entwicklungszeit, sondern auch einen hohen Neuentwicklungsaufwand mit anderen Chips. Und noch viel weitreichender als eine einzelne, fehlerhafte Halbleiterserie, ist die Frage, welche Probleme und Ursachen damit für die Halbleiterbranche und damit die gesamte Wirtschaft aufgeworfen werden, so Aitad-CEO Viacheslav Gromov.

Gestiegene Nachfrage, gesunkene Kapazitäten

Durch den gestiegene Nachfrage insbesondere bei Haushaltsgeräten, IT und Consumer Electronics während der Corona-Pandemie und gleichzeitig den durch Corona-Maßnahmen und Krankheitsausfälle deutlich gesunkenen Produktionskapazitäten in Asien entstand die aktuelle Halbleiterkrise. Da aufgrund der Prozesskomplexität die Produktion nicht so einfach und schnell hochskaliert werden könne, werde die Krise viele Jahre nachbeben, so die Embedded-Spezialisten von Aitad. Daher seien nicht nur die Preise explodiert, sondern auch Graumärkte durch sogenannte globale Broker entstanden. Diese handeln Chips aus unbekannten Quellen zu einem vielfachen des Preises – ohne die langen Lieferzeiten der Originalhersteller oder -distributoren.

Viele Halbleiterhersteller hätten jedoch schon angekündigt, sich auf die Produktion altbekannter und gut produzierbarer Verkaufsschlager zu konzentrieren, so Aitad. Das bedeutet, dass je nach Halbleitertyp die jeweils gängigeren, größeren Nanometerstrukturen verwendet werden, für die es höhervolumigere und rentablere Produktionsstrecken gibt. Neue, komplexere und strukturfeinere Chips werden also weniger bis gar nicht priorisiert. „Was altbekannt ist, muss nicht altbewährt sein. Das Stocken von Innovationen in diesem Feld wirft die ganze Branche und alle Branchen dahinter mittelfristig um einige Jahre zurück“, so Gromov.

Vor welchen Entscheidungen stehen Hersteller von Elektronik-Produkten:

Auf Graumärkten werden Halbleiter bei Brokern aus unbekannten Quellen zu überteuerten Preisen eingekauft. Qualitätskontrolle (Quality Control) mit Funktionstest oder gar Röntgenbildern kann die damit verbundenen Qualitätsgefahren aber nicht gänzlich ausschließen.

Die zweite Option ist die Nutzung von Copycat- oder Noname-Herstellern, die bekannte Produkte günstig und nahezu baugleich imitieren oder gar eigene herausbringen. Jedoch sind auch hier Quelle und Zuverlässigkeit unbekannt.

Die aufwändigste, aber möglicherweise resilienteste Alternative ist ein Redesign der Software auf die zur jeweiligen Zeit verfügbaren Halbleiter. Doch dies ist angesichts des Fachkräftemangels wiederum eine Herausforderung und führt dazu, dass Hersteller auch meist alle Entwicklungspartner einbeziehen müssen.

Wie kommt es zu Chipfehlern?

Laut Aitad liegt eine mögliche Ursache für Chipfehler in dem Druck, Innovationen und Portfolioerweiterungen mit neuen Produkte für Trendthemen wie IoT, künstliche Intelligenz und Wireless herauszubringen. Coronabedingt sei dies jedoch rein technisch und zeitlich unter Einhaltung des Qualitätsanspruchs kaum noch zu erfüllen, so der Embedded-Spezialist. So dauere normalerweise allein die Mikrosystementwicklung vom Konzept bis zur zugelassenen Produktion im Spezialfall bis zu zehn Jahre.

Dies zwinge die Halbleiterhersteller dazu, nicht ausentwickelte oder getestete Chip-Neuheiten auf den Markt zu bringen oder gar den gesamten Prozess abzukürzen. Das Ausmaß dieser Trends werde vermutlich erst in einigen Jahren spürbar sein, so die Embedded-Spezialisten. „Es gibt offensichtliche Fehler, die schon während der Entwicklung auffallen und umschifft werden, ehe das Produkt auf den Markt kommt. Vorstellbar sind aber auch Fehler, die erst viel später nach Auslieferung im Feld bei den Konsumenten auftreten. Diese können mindestens die gleiche oder eine noch größere Tragweite entwickeln“, sagt Gromov.