Daten für Simulationen

Kabel leichter verlegen

An der Universität des Saarlandes sammelt ein Team um Prof. Stefan Diebels Daten unterschiedlicher Kabeltypen. Daraus sollen neue Simulationsmöglichkeiten für den Kabeleinbau in der Automobilindustrie entstehen.

Bild: ©punthep/stock.adobe.com
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In Fahrzeugen stecken heute Tausende von Einzelkabeln in dicken Kabelbäumen, die sich im Fahrzeug wie ein Wurzelwerk verästeln. Sie versorgen und verknüpfen Sensoren und Minicomputer, die untereinander kommunizieren und vom Tempomat, über Spur- oder Bremsassistenten bis hin zum Fensterheber alles Mögliche steuern. „Je mehr Komfort, Sicherheit und Multimedia Einzug halten und je autonomer das Fahrzeug agieren soll, desto mehr Kilometer verschiedenster Kabel müssen im Auto untergebracht werden“, erklärt der Ingenieurwissenschaftler Prof. Stefan Diebels von der Universität des Saarlandes, Leiter des Forschungsprojekts ’ProP4CableSim – Property Predictor für die Simulation von Kabelsystemen’.

Das Verlegen der Kabel geht nur von Hand. Die flexiblen und mitunter laschen Leitungen sind für Roboterhände unberechenbar und nicht zu handhaben. Die Kabel dürfen nicht zu sehr verbogen oder verdreht werden, um den Strom- noch Datenfluss nicht zu behindern. Oft stellen sich Engstellen erst im Prototyp heraus, sodass umgeplant werden muss. Zudem können Kabel infolge des komplizierten Einbaus Schaden nehmen und zu Sicherheitsrisiken oder Rückrufaktionen führen.

Einbau erleichtern

Neue Simulationsmöglichkeiten sollen den Kabeleinbau erleichtern und sicherer machen. Daran forschen Diebels und sein Team am Saarbrücker Lehrstuhl für Angewandte Mechanik gemeinsam mit der Abteilung ’Mathematik für die digitale Fabrik’ unter Leitung von Dr. Joachim Linn am Kaiserslauterer Fraunhofer Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik sowie dem Fraunhofer-Spin-off fleXstructures als Praxis-Partner.

„Unser Ziel ist es, dass die Entwicklungsabteilungen der Autoindustrie den Einbau der Kabel schon in der Designphase durchspielen können“, erklärt Diebels.

Daten sammeln

Um diese Simulationen entwickeln zu können, werden Kenntnisse darüber benötigt, wie sich verschiedene Kabeltypen verhalten, wenn sie belastet werden. Dies ist der Forschungspart des Teams der Universität des Saarlandes: Stefan Diebels und seine Arbeitsgruppe untersuchen unterschiedliche Kabelproben und bestimmen mechanische Parameter der Kabelsysteme. Die Kabel werden gebogen, belastet, verdreht. Die Forscher sammeln dabei Daten, welche Kräfte wirken und was genau mit den Kabeln passiert. Für die Auswertung der Daten kommen KI-Methoden zum Einsatz.

Was sich einfach anhört, ist hoch komplex. Wird das Kabel frei verformt, kommen verschiedenste Effekte auf, die sich durch die Kopplung von Biegeverhalten bei gleichzeitiger Drehung, also Torsion, ergeben. „Solche Kombinationen aus Biegen und Drehen kommen in der Praxis beim Verlegen der Kabel typischerweise vor. Wir untersuchen gezielt diese Wechselwirkungen bei Überlagerung von Biegen und Torsion unterschiedlicher Kabeltypen und modellieren die mechanischen Belastungen“, erläutert Stefan Diebels.

Die so gewonnenen Daten nutzen die Kaiserslauterer Forscherinnen und Forscher vom Fraunhofer ITWM für die Materialmodellierung. Sie setzen die Daten mithilfe maschineller Lernmethoden in Simulationen um.