Mit dem Ziel der Entwicklung von Festkörperbatterien für Elektroautos sind die schweizerische Empa und die Fraunhofer-Gesellschaft eine Kooperation eingegangen. Das gemeinsame Projekt mit dem Namen IE4B soll drei Jahre lang laufen.

Bild: © K. Selsam, Fraunhofer ISC

Im Rahmen eines strategischen Kooperationsprogramms der Fraunhofer-Gesellschaft haben die Empa (Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt) und das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC ein dreijähriges gemeinsames Forschungsprojekt gestartet. Ziel ist eine produktionstaugliche nächste Generation von Antriebsbatterien für Elektroautos. Diese sollen dann nur noch aus Feststoffen bestehen und keine brennbaren flüssigen Elektrolyte mehr enthalten. Im Projekt erarbeitet die Empa die chemisch-physikalischen Grundlagen für diese neue Batterietechnologie; das Fraunhofer ISC steuert sein Knowhow in der Verfahrensentwicklung und Batteriezellproduktion bei und fertigt erste Prototypen.

Schlüsseltechnologie für Europa

Die weltweite Produktion von Lithium-Ionen-Batteriezellen liegt größtenteils in den Händen asiatischer Unternehmen. Beim Umstieg vom Verbrennungsmotor auf Elektroantrieb wäre die europäische Automobilindustrie auf asiatischer Hersteller angewiesen. Der nächste Technologiesprung hin zu Festkörperbatterien bietet eine Chance, diese Schlüsseltechnologie für Europa zu erschließen. Feststoffbatterien kommen ohne brennbare flüssige Elektrolyte aus und verbessern dadurch die Betriebssicherheit. Zudem liegen die Vorteile auch in der Baugrösse und im Gewicht, da eine weniger aufwendige Sicherheitskapselung notwendig ist. Darüber hinaus versprechen Festkörperbatterien durch den Einsatz von metallischem Anodenmaterial (Lithium) — anstatt der heute üblichen Graphit-Anoden — sowohl eine höhere Energiedichte als auch deutlich kürzere Ladezeiten.

Lange Lebensdauer, hohe Leistung, viele Ladezyklen

Während die einzelnen Komponenten (Anode, Kathode, Elektrolyt) künftiger Festkörperbatterien im Labor bereits gut untersucht sind, besteht die größte Herausforderung darin, diese zu einem stabilen Gesamtsystem zusammenzuführen. Dabei ist es wichtig, eine lange Lebensdauer bei hoher Leistung über möglichst viele Lade- und Entladezyklen zu erreichen und so heute übliche Batteriesysteme in ihrer Leistungsfähigkeit zu übertreffen. Die Kooperation zwischen der Empa und dem Fraunhofer ISC hat das Ziel, die technologischen Barrieren für eine industrielle Fertigung der Festkörperbatteriezellen zu beseitigen. Das Projekt namens IE4B (Interface Engineering for Safe and Sustainable High-Performance Batteries) läuft für drei Jahre im Rahmen der Fraunhofer-Förderlinie Icon (International Cooperation and Networking). Auf Seiten der Empa liegen die Schwerpunkte im Projekt in der Entwicklung von Festkörperelektrolyten, Herstellung und Charakterisierung von dünnen Schichten mit massgeschneiderten elektronischen Eigenschaften sowie in der Entwicklung nanostrukturierter Anodenmaterialien. Das Fraunhofer ISC mit seinem ‘Fraunhofer Forschungs- und Entwicklungszentrum Elektromobilität Bayern‘ arbeitet an Lithium-leitenden Polymeren sowie an der Entwicklung von Schutzschichten aus Sol-Gel-Materialien mit spezifischen Eigenschaften für Batterien. Darüber hinaus entwickelt, fertigt und testet es Prototypen und Kleinserien von Batteriezellen.

Industrieunternehmen beteiligt

Bild: © K. Selsam, Fraunhofer ISC

Am Projekt sind auch Industrieunternehmen aus Deutschland und der Schweiz als Teil einer Lenkungsgruppe beteiligt, die das Projekt unter industriellen Aspekten begleiten: unter anderem aus der chemischen Industrie (Heraeus), dem Maschinenbau (Bühler Gruppe oder Applied Materials), Zellfertiger (Varta) sowie Technologieunternehmen (ABB).

Zwei Projektphasen

Die im Projekt entwickelten Festkörperbatterien sollen einen stabilen Lade- und Entladezyklus bei Raumtemperatur ermöglichen und sich zugleich zügig aufladen lassen. Das Projekt ist in zwei Phasen unterteilt: Die erste Phase behandelt grundlegende Aspekte und nutzt Batterie-Modellsysteme, die mit Dünnschichtmethoden an der Empa und am ISC hergestellt werden. In dieser ersten Phase sollen die an den Grenzflächen zwischen Kathode, Festkörperelektrolyt und Anode ablaufenden Prozesse genau verstanden und besser kontrolliert werden. In der zweiten Phase soll dieses Wissen genutzt werden, um mit der verfahrenstechnischen Expertise des Fraunhofer ISC eine funktionsfähige Festkörperzelle herzustellen und in einer Kleinserie zu produzieren. „Unser gemeinsames Ziel ist es, dass wir am Ende nicht nur die Grenzflächen besser verstanden haben, sondern dieses Wissen auch in einen Herstellprozess überführen können. Hier ergänzen sich das Fraunhofer- und das Empa-Knowhow in idealer Weise“, erklärt Henning Lorrmann, Leiter des ‘Fraunhofer Forschungs- und Entwicklungszentrum Elektromobilität Bayern‘ am Fraunhofer ISC. Pierangelo Gröning, Mitglied der Direktion der Empa, betont die strategische Bedeutung: „Die Lithium-Ionen Feststoffbatterie ist in ihrem Aufbau sehr komplex und seitens der Materialwissenschaft eine große Herausforderung. Durch die Kooperation verbinden wir herausragende Kompetenzen aus Materialwissenschaft und Verfahrenstechnik – und genau das ist erforderlich um die Entwicklung der Feststoffbatterie erfolgreich voranzutreiben.“





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