Krieg in der Ukraine

Digitalunternehmen erwarten verstärkte Cyberbedrohungen

Der Krieg in der Ukraine könnte sich auch auf die Sicherheit im Cyberraum auswirken. Laut einer Bitkom-Befragung gibt es dafür bereits erste Anzeichen. Das BSI warnte in dieser Woche bereits vor ersten Betrugsversuchen.


Die Digitalunternehmen rechnen damit, dass die Auswirkung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine auch im Cyberraum zu spüren sein werden. Zwei Drittel (67 Prozent) gehen laut einer Bitkom-Befragung davon aus, dass sich die Bedrohungslage dort verschärfen wird. Weitere 17 Prozent sehen sogar bereits konkrete Anzeichen dafür. 34 Prozent haben ihre IT-Schutzmaßnahmen kurzfristig hochgefahren. Das sind Ergebnisse einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom, an der sich 100 Unternehmen der Digitalbranche beteiligt haben. Die Ergebnisse seien nicht repräsentativ, so der Branchenverband, würden aber ein aussagekräftiges erstes Stimmungsbild wiedergeben.

„Alle Unternehmen sollten unbedingt ihren Schutz vor Cyberangriffen prüfen und wo nötig verstärken. Es ist kein Geheimnis, dass Russland und mit staatlichen Stellen verbundene Gruppierungen über entsprechende Fähigkeiten verfügen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.

Krisenstab eingerichtet

Bislang hat jedes dritte Unternehmen aus der Digitalbranche (34 Prozent) aufgrund des Krieges seine IT-Sicherheitsmaßnahmen verschärft, weitere 7 Prozent haben das fest geplant. In 3 von 10 Unternehmen wird laut Befragung noch darüber diskutiert – und rund jedes Vierte (23 Prozent) sieht für zusätzliche IT-Sicherheit keinen Bedarf.

Als Reaktion auf den Ukraine-Krieg hat jedes dritte der befragten Unternehmen (33 Prozent) einen Krisenstab eingerichtet oder Verantwortungen im Unternehmen dafür geschaffen. Dabei liegt die Verantwortung zumeist bei der Geschäftsführung oder dem Vorstand (22 Prozent), seltener bei einem anderen Unternehmensbereich (11 Prozent).

BSI sieht abstrakt erhöhte Bedrohungslage

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sieht derzeit eine abstrakt erhöhte Bedrohungslage für Deutschland. Aktuell sei keine akute unmittelbare Gefährdung der Informationssicherheit in Deutschland im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine ersichtlich, so das BSI. Diese Bewertung kann sich jederzeit ändern.

Erste Phishing-Mails mit Bezug zum Ukraine-Krieg sind nach BSI-Angaben nun auch auf Deutsch im Umlauf. Dabei treten Vorschussbetrügereien auf, bei denen die Mail-Empfänger z.B. gebeten werden, vermeintlichen Opfern des Krieges Geld für die Flucht zu überweisen. Daneben sei auch klassisches Phishing, das mit reißerischer Berichterstattung die Mail-Empfänger zum Klicken zum Beispiel auf einen ’Weiterlesen‘-Button verleiten soll, im Umlauf. Ebenso wie Scam-Mails, die betrügerische Spendenaufrufe verbreiten.

Tim Berghoff, Security Evangelist, G Data Cyberdefense kommentiert: „Die hohe Dynamik der Ereignisse in der Ukraine sorgt an vielen anderen Stellen für große Verunsicherung. Klar ist, dass Russland beim aktuellen Vorgehen keine Rücksicht auf die Meinung oder Aktionen anderer nimmt – und daher auch bei einem groß angelegten Cyberangriff kaum Rücksicht walten lassen wird.“ Die russische Seite habe bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass sie über erhebliche und auch offensive Fähigkeiten auf diesem Gebiet verfügt, so Berghoff weiter. „Und genau deshalb ist der Ukraine-Konflikt alles andere als lokal begrenzt. Schauen wir uns die Fälle aus der jüngeren Vergangenheit an – wie etwa die Schadsoftware NotPetya, die gegen die Ukraine gerichtet war, aber Milliardenschäden auf der ganzen Welt verursachte – wird klar, wie Angriffe aussehen könnten.