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Deglobalisierung

Unternehmen wollen Wertschöpfungsketten lokalisieren

Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Horváth untersucht Deglobalisierungstendenzen europäischer Unternehmen. Die Mehrheit dieser Unternehmen plant demnach, ihre Wertschöpfungsketten in den jeweiligen Absatzmärkten stärker zu lokalisieren. Branchenübergreifend geben 85 Prozent der befragten Unternehmen an, ihre Strukturen von Produktion bis Vertrieb künftig stärker in den jeweiligen Absatzmärkten bündeln zu wollen (’local for local’).

Geschäftsstrukturen im außereuropäischen Ausland stehen bei vielen Unternehmen aktuell auf dem Prüfstand. Als Hauptgründe dafür nennen die in einer Studie der Unternehmensberatung Horváth befragten europäischen Führungskräfte stark zunehmende geopolitische Unsicherheiten und die damit einhergehenden Risiken sowie Supply-Chain-Probleme. Hohe Aufwände zur Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien und regulatorischen Vorgaben im Ausland spielen laut Studie ebenfalls eine Rolle.

„Die europäische Wirtschaft reagiert mit einer Anpassung ihrer Strukturen. Die meisten Unternehmen werden ihre Wertschöpfungsketten zukünftig stärker lokalisieren. Europa gewinnt als Beschaffungs- und Produktionsmarkt in vielen Branchen wieder an Bedeutung, zum Beispiel bei der Herstellung von Batteriezellen für den lokalen Absatzmarkt von E-Fahrzeugen“, sagt Helmut Ahr, Vorstandssprecher bei Horváth. „Das bedeutet allerdings keine Abschottung gegenüber außereuropäischen Märkten. Branchen, die auf Rohstoffe und Energieträger außerhalb Europas angewiesen sind, können auf Bezugsländer anderer Wirtschaftsräume nicht verzichten. Auch für wichtige Zulieferteile können Beschaffungswege und Produktionsstrukturen nicht von heute auf morgen verlagert werden. Das wird in vielen Fällen mehrere Jahre dauern.“

Neue Märkte erschließen

Laut Studie wollen sieben von zehn befragten Unternehmen in den kommenden drei Jahren neue Märkte erschließen. Von diesen Unternehmen wollen 85 Prozent auch Potenziale außerhalb Europas heben (85 Prozent). Hier wird es aber zu Anpassungen in den Internationalisierungsstrategien und den ’global Footprints’ kommen. Zwar steht Europa auf der Liste der interessantesten Potenzialmärkte mit 66 Prozent an erster Stelle. Doch laut Studie orientiert sich fast die Hälfte der Umfrageteilnehmer (weiter) Richtung Asien (47 Prozent), gefolgt von Nord- und Südamerika mit 37 beziehungsweise 33 Prozent. Den Schluss der interessantesten Potenzialmärkte bilden der Mittlere Osten (26 Prozent), Afrika (17 Prozent) und Ozeanien (11 Prozent).

Rückzug aus China

Wie die Studie weiter zeigt, plant eine Mehrheit der befragten Unternehmen mit Geschäftstätigkeiten in China einen schrittweisen beziehungsweise teilweisen Rückzug aus der Volksrepublik. 62 Prozent wollen ihre Aktivitäten dort in andere Länder verlagern. „Bei der Frage nach Alternativen zu China als Produktionsstandort zeigt sich allerdings keine klare Dominanz eines bestimmten Landes“, so Horváth-CEO Helmut Ahr. Als mögliche alternative Produktionsstandorte werden von den befragten europäischen Führungskräften vor allem Indien und Japan gesehen, gefolgt von Singapur, Südkorea, Taiwan und Indonesien. „In unserer Beratungspraxis sehen wir in zunehmendem Maße auch Verlagerungen von China in Richtung Vietnam und Kambodscha, in der Textilindustrie in Richtung Bangladesch oder Pakistan. Dieser Trend wird sich fortsetzen“, so Ahr. „Für eine resiliente Aufstellung ist es ohnehin ratsam, künftig nicht alles auf eine Karte setzen und stattdessen eine Diversifikation vorzunehmen.“ Vor einer langfristigen und vollständigen Abkehr von China warnen zudem auch Topökonomen.

Für die Studie wurden Anfang August insgesamt 150 Führungskräfte aus sechs europäischen Kernmärkten befragt, davon 100 aus Deutschland. Die Führungskräfte stammen aus Unternehmen mit mindestens 200Mio.€ Jahresumsatz, branchenübergreifend.


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