Datenübertragung per Licht

Funksignale aus der Deckenbeleuchtung für die vernetzte Produktion

Die herkömmliche Funkkommunikation im Produktionsumfeld ist oft problematisch, da Wlan und Bluetooth nur eine begrenzte Bandbreite bieten. Dennoch müssen zahlreiche Komponenten wie Sensoren und Roboter drahtlos miteinander vernetzt werden. Ein Forscherteam am Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo arbeitet gemeinsam mit der Technischen Hochschule OWL an Lösungen für dieses Problem: Künftig sollen Maschinen in Fabrikhallen über Lichtimpulse miteinander kommunizieren. Das ist zwar keine neue Technologie, es gilt jedoch, sie für die Industrie weiterzuentwickeln.

Bild: Fraunhofer IOSB-INA
Bild: Fraunhofer IOSB-INA

Im Produktionsumfeld kommunizieren Komponenten miteinander und tauschen Daten aus. Können diese nicht per Kable verbunden werden, kommen drahtlose Verbindungen zum Einsatz. Dabei muss die Kommunikation per Funk reibungslos funktionieren. Jedoch bieten Wlan und Bluetooth nur eine begrenzte Bandbreite — das Funkspektrum ist angesichts der zunehmenden Nutzer, Empfänger und Geräte überlastet. Zwar wird die 5G-Technologie dieses Problem vermindern, jedoch können etwaige Probleme auch lizenzfrei und effektiver angegangen werden. Daran forscht ein Team am Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo, Institutsteil für industrielle Automation des Fraunhofer Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, im Projekt ‘Visible Light in der Produktion‘. Sie nutzen das sichtbare Spektrum des Lichts für die drahtlose Datenübertragung — die Visible Light Communication (VLC). „Das Lichtspektrum ist etwa 4.000 Mal größer als das gesamte verfügbare Funkspektrum, es reicht von 380 bis zu 800 Nanometern Wellenlänge“, sagt Daniel Schneider, Wissenschaftler am Fraunhofer IOSB-INA.

Einsatz bereits in anderen Umgebungen

In Büro-, Heim- und Laborumgebungen kommt VLC bereits zum Einsatz. Zudem findet sie Verwendung, um Indoor-Navigationssysteme in Einkaufszentren zu implementieren. In Fabrikhallen sind die Hürden für die Kommunikationstechnologie aufgrund der besonderen Störfaktoren jedoch hoch bzw. noch nicht ausreichend erforscht. „Als Alternative zum herkömmlichen drahtlosen Netzzugang werden wir für die Visible Light Communication handelsübliche, energieeffiziente LEDs einsetzen. Entscheidend ist, dass wir ein System etablieren können, das sich gegen möglichst viele Störungen als widerstandsfähig erweist“, so Schneider. Zuverlässig ist ein solches System dann, wenn Abdeckungsprobleme durch Wände, metallische Gegenstände, Maschinen und andere Störsignale überwunden werden können. „Künstliche Lichtquellen, Abschattungen und Reflektionen können die Datenübertragung per Licht beeinflussen. Inwiefern, in welchen Bereichen und Höhen sie das tun, haben wir in Zusammenarbeit mit fünf Unternehmen aus der Industrie im Rahmen einer Messkampagne untersucht.“ Für die Tests wurde u.a. ein Spektrometer verwendet, das um zwei Achsen drehbar ist und die Störquellenverteilung im Raum misst. Im Fokus der Messkampagne standen dabei insgesamt drei Einflussgrößen: Umgebungslichtquellen, Partikel und Umgebungsreflektionen. Letztere bezeichnen die Experten auch als Mehrwegeausbreitung.

Problemquellen identifiziert

Die Tests ergaben, dass Staubpartikel kein Problem für optische Signale darstellen. Personen und Fahrzeuge, die sich mit 0,2m/s langsam bewegen, beeinträchtigen die Qualität des Signals ebenso wenig. Umgebungslichtquellen hingegen beeinflussen das gesamte optische Spektrum. Insgesamt zehn Modelle haben die Projektpartner identifiziert, auf deren Lichtverhältnisse VLC-Systeme reagieren: Dazu gehören Schweißprozesse und Leuchtstoffröhren, aber auch optische Tracking-Systeme. Sie treten jedoch nur lokal auf und nicht ortsübergreifend. VLC-Systeme müssen daher in der Lage sein, adaptiv auf die Lichtverhältnisse zu reagieren und derartige Störeinflüsse zu minimieren – so die Testergebnisse. Als Störfaktor konnten die Forscher auch die Mehrwegeausbreitung identifizieren: „Eine Lampe strahlt in mehrere Richtungen, die über Reflektionen beim Empfänger ankommen. Fallen diese stark unterschiedlich aus, kommt das Licht zu zeitlich und dämpfungsbehaftet verteilt beim Empfänger an. Es verzerrt dadurch das Nutzsignal im Nanosekunden-Bereich und setzt die Übertragungsqualität herab“, so der Wissenschaftler. Basierend auf den quantitativen Messergebnissen entwickeln Schneider und sein Team umgebungsadaptive VLC-Systeme für den industriellen Einsatz.

Bis zu 1.000 vernetzte Geräte

Im Vergleich zu Wlan bietet VLC nicht nur größere Bandbreiten, sondern bietet auch größere Datensicherheit. Ein Funksignal strahlt durch Wände hindurch, die Kommunikation ist außerhalb der Fabrikhalle abhör- und manipulierbar. Mit Licht ist dies nicht möglich. Zudem lassen sich mehr als 1.000 Geräte per VLC drahtlos vernetzen. Die erforderliche Hardware soll sich neben der Deckenbeleuchtung, auf einen Internetzugang sowie einen Transceiver beschränken, der an das Endgerät angeschlossen wird. Der vorliegende Demonstrator wird in der Lemgoer SmartFactoryOWL derzeit unter realen Bedingungen getestet. Ein fertiges System soll ab Mitte 2021 verfügbar sein.