Dr. Jochen Köckler, Deutsche Messe

„CO2-neutrale Produktion ist die nächste Herausforderung“

Pandemie und Lieferkettenprobleme sind noch nicht vorbei, schon kommt mit dem Ukraine-Krieg eine neue Herausforderung aus weltweit agierende Unternehmen zu. Im Interview mit der IT&Production schildert Dr. Jochen Köckler, Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Messe AG, wie der Messe-Neustart trotzdem ein Pflichttermin für die Branche werden soll.

(Bild: Deutsche Messe AG)
(Bild: Deutsche Messe AG)

Nach zwei Jahren Corona-Pause, wie geht es Ihnen persönlich und der Deutschen Messe als Veranstalter, jetzt wo die Zeichen für die Hannover Messe wieder auf Go stehen?

Dr. Jochen Köckler: Ich bin nach diesen zwei Jahren erleichtert, dass wir endlich wieder Messen veranstalten dürfen und mit der Hannover Messe gleich die weltweit bedeutendste Industriemesse an den Start bringen. Das gesamte Team der Deutschen Messe freut sich, Ende Mai endlich wieder Gäste aus Industrie, Politik und Wissenschaft hier in Hannover begrüßen zu können.

Einige große Firmen haben angekündigt, ihre Vermarktungsstrukturen dauerhaft ohne Präsenzmessen aufzustellen. Disruptiert Digitaltechnik gerade die Messebranche?

Köckler: Die große Mehrheit unserer Aussteller freut sich, endlich wieder auf einer Präsenzmesse zu sein. Wir werden unsere digitalen Angebote zur kommenden Messe ausbauen und setzen damit auf eine hybride Veranstaltung. Zu den ausstellenden Unternehmen zählen Konzerne wie Siemens, Bosch, Schneider Electric, Schaeffler, Microsoft, SAP oder Service Now sowie viele mittelständisch geprägte Industrieunternehmen wie Beckhoff, Festo, Harting, Pepperl+Fuchs, Phoenix Contact, Wago oder Ziehl-Abegg. Hinzu kommen die großen Forschungsinstitute wie Fraunhofer oder das KIT und rund 100 Startups, die auf der Hannover Messe eine ideale Plattform finden, um sich mit der Industrie zu vernetzen.

Warenaustausch mit Fernost wird schwieriger, Firmen in Asien und Nordamerika schränken Firmenreisen ein. Mit dem Ukraine-Krieg droht sich ein neuer ‚Eisenerner Vorhang‘ zu senken. Wie verändert sich ihre Arbeit gerade in Zeiten abreißender Kontakte?

Köckler: Die Coronapandemie hat uns bereits vor sehr große Herausforderungen gestellt. Als wir die Messe auf Ende Mai, Anfang Juni verschoben haben, wähnten wir uns in einer relativen Sicherheit, was das Thema Corona angeht. Wir konnten nicht ahnen, dass nun der Ukraine-Krieg die Welt erschüttert und erhebliche Auswirkungen auf die internationale Wirtschafts- und Energiepolitik hat. Wir sind über unsere Tochtergesellschaften weltweit gut vernetzt. Der Kontakt zu unseren internationalen Kunden reißt auch in diesen Krisenzeiten nicht ab.

Viele Firmen berichten von durchwachsenen Erfahrungen mit virtuellen Messeversionen. Ist das Motto „Die Zukunft ist hybrid“ jetzt Versprechen oder eine Drohung?

Köckler: Wir sind ebenfalls nicht von rein virtuellen Messen überzeugt, sondern setzen auf hybride Formate. Unsere Aussteller freuen sich auf die persönlichen Kontakte in Hannover, aber sie schätzen, dass wir die digitalen Angebote zur kommenden Hannover Messe ausgebaut haben und sie künftig sowohl Kunden vor Ort als auch digitale Kunden betreuen werden.

Das Leitthema lautet Industrial Transformation – An welchem Punkt sehen sie die Industrie in diesem Transformationsprozess?

Köckler: Die Digitalisierung innerhalb der Industrie ist weit fortgeschritten, insbesondere bei größeren Unternehmen, da sie ein entscheidender Erfolgsfaktor im globalen Wettbewerb ist. Nur mit Industrie 4.0-Konzepten kann man flexibel auf die sich schnell verändernden Märkte und deren Anforderungen reagieren. Die CO2-neutrale Produktion ist angesichts des Klimawandels die nächste Herausforderung für die Industrie. Immer mehr Unternehmen haben sich ambitionierte Ziele gesetzt und sind dabei, ihre Produktion und Services vollständig umzustellen. Die dafür benötigten Technologien liefern die Aussteller der Hannover Messe.

Bei den großen Industrietrends der vergangenen Jahre verwischte die Grenze zwischen marktverfügbaren Angeboten und Marketing teilweise ins Absurde. Auf welcher Grundlage sollte das beim Nachhaltigkeit anders sein?

Köckler: Der Klimawandel ist real. Darauf müssen wir reagieren. Und zwar mit ganz konkreten Lösungen und nicht mit Marketingparolen. Die Hannover Messe ist die ideale Plattform, um alle Themen rund um Klimaneutralität und Nachhaltigkeit zu diskutieren- politisch, ökologisch und wirtschaftlich.

Technologie wie künstliche Intelligenz oder der digitale Zwilling benötigen selbst viel Rechenleistung. Wie bewerten Sie dies im Hinblick darauf, dass diese Technologien ja eigentlich Einsparpotenziale bieten sollen?

Köckler: Durch die Simulation von Produktionsprozessen können enorme Ressourcen eingespart werden. Technologien wie KI oder der digitale Zwilling minimieren Zeit und Kosten und haben somit im Großen und Ganzen eine positive Effizienzbilanz.

Das Partnerland 2022 ist Portugal. Welcher Aspekt der portugiesischen Industrie sticht hervor?

Köckler: Portugal präsentiert sich auf der Hannover Messe als internationaler Technologiepartner und wirbt für Investitionen aus dem Ausland. Die portugiesischen Aussteller sind mit vielen Innovationen vor Ort und präsentieren ihre Technologien und Prozesse in einem zentralen Pavillon sowie in drei thematischen Pavillons in den Bereichen Engineered Parts & Solutions, Energy Solutions und Digital Ecosystems.

Herr Köckler, vielen Dank für das Gespräch! (mst)

 







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