Vernetzte Produktion

Alle Maschinen zum Sprechen bringen

Produktionsleitsysteme sind darauf angewiesen, dass die produzierenden Maschinen auch Daten liefern können. Etwa über ihren Zustand, die gefertigten Werkstücke und Werkzeugverschleiß. Doch da Standards fehlen, ist das Auslesen der Daten oft problematisch. Wie aber wandern die Daten zum MES beziehungsweise einem ERP?

Visualisierte Darstellung einer vernetzten Produktion und deren Anforderungen an die Maschinen
Bild: IGH Infotec AG

Produktionsumgebungen sind heterogen: In ihnen finden sich alte und neue Maschinen, Maschinen von verschiedenen Herstellern, Maschinen mit und ohne Netzwerkfunktion und so weiter. Selbst wenn alle Modelle von einem Hersteller stammten und ab Werk mit Netzwerkfunktion versehen wären, müssen sie noch immer nicht die gleiche Sprache im Netzwerk sprechen. Es gibt auf Fabrikebene quasi keine normierten Kommunikationsprotokolle für die Maschinensteuerung, zumal viele Maschinen Einzelanfertigungen sind. Fehlt einer Maschine die Netzwerkschnittstelle – was noch immer auf die meisten laufenden Produktionsmaschinen zutreffen dürfte – lässt sich diese nachrüsten. Entweder durch eine Erweiterung der Steuerung um eine Schnittstelle oder durch nachrüstbare sogenannte ‚intelligente Klemmen‘. Diese Klemme ist der einfachste Weg, die von der Maschine erzeugten Daten ohne Bordmittel abzugreifen. Die Klemmen sind in gut zwei Stunden installiert, kosten rund 200 Euro und übermitteln Werte wie Stückzahl, Restlaufzeit bis zum Wechsel eines Werkzeugs oder ob die Maschine steht. Bei vielen Stanzmaschinen lässt sich beispielsweise der Ausschuss erfassen. Vernetzte Maschinen versprechen den Betreibern eine einfachere Instandhaltung, da sich Ausfälle vermeiden lassen, indem der Verschleiß besser überwacht wird. Mit ‚Predictive Maintenance‘ sollen ungeplante Ausfälle sogar weitgehend ausgeschlossen werden. Kommt es doch zu einem Fehler, lässt sich dieser in einer vernetzten Maschine wenigstens schneller erfassen. Dazu kommt, dass diese Maschinen selbst Materialnachbestellungen auslösen können, bevor der Vorrat zur Neige geht.

Geschneidert wird nach Maß

Steht nun ein Vernetzungsprojekt an, gilt es aufgrund der Heterogenität jede Maschine einzeln zu betrachten und durch individuelles Anpassen der MES-Software mit in den Verbund aufzunehmen. Das setzt natürlich voraus, dass die MES-Software sich überhaupt so flexibel anpassen lässt und die eingesetzten Berater Erfahrung mit den jeweiligen Maschinen haben. Herausfordernd sind vor allem Modelle mit älteren Steuerungskomponenten – in etlichen Produktionsumgebungen finden sich Maschinen aus den 1980er-Jahren, Kommunikation per OPC ist unmöglich. Aber auch in solchen Fällen lässt sich die Maschine mit einem MES koppeln. Grundsätzlich sollte dem Fertigungsunternehmen klar sein, welche Daten zu verarbeiten sind. Ein werksübergreifendes Konzept ist hier von Vorteil. Anschließend ist zu prüfen, an welches System die Daten fließen sollen. Bei sehr einfachen oder älteren Maschinen wird in der Regel die standardisierte intelligente Klemme eingesetzt, bei neuen Maschinen steht oft ein OPC-Port zur Verfügung. Am aufwendigsten ist meist, die Datenstruktur der jeweiligen Maschine zu definieren, was bei einer Klemme maximal einen halben Tag dauern sollte. Bei einer komplexen OPC UA-Struktur kann der Aufwand bedeutend höher liegen. In jedem Fall ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Softwarepartnern und Betriebstechnikern notwendig. Zudem kann es vorkommen, dass der Hersteller der Maschine hinzugezogen werden muss. Unabdingbar sind hierbei ausführliche Tests vor der eigentlichen Inbetriebnahme. Es sollte in jedem Fall sichergestellt sein, dass die Datenerfassung an der Maschine nicht den Gesamtablauf der Maschine beeinflusst. Sonst kann es passieren, dass eine zu hohe Abfragelast die Maschinensteuerung ausbremst – was letztendlich zu niedrigerem Ausstoß führen kann.