Low-/No-Code in der Entwicklung

Wenig coden für viel Software

In der Softwareentwicklung gewinnen die Low- und No-Code-Plattformen zunehmend an Bedeutung. Doch neben den Vorteilen etwa in Sachen Geschwindigkeit oder Handhabung sind dem Low-/No-Code-Ansatz noch Grenzen gesetzt, etwa wenn es zu komplex wird.

 (Bild: ©aa_amie/stock.adobe.com / TeDo Verlag GmbH)
(Bild: ©aa_amie/stock.adobe.com / TeDo Verlag GmbH)

Mit Low- oder No-Code-Plattformen können sowohl Entwickler als auch Laien Anwendungen schnell und einfach erstellen. Die wesentlichen Unterschiede zur herkömmlichen Methodik liegen einerseits in der Entwicklungsbasis, denn Low-/No-Code nutzt visuelle, vorgefertigte Elemente, die sich meist per Drag and Drop zusammenfügen lassen. Damit entfallen die zeilen- und textbasierten Editoren der klassischen Entwicklungssprachen. Das Potenzial ist groß: Das Marktforschungsinstitut Gartner prognostiziert, dass bis 2024 rund 75 Prozent aller Großunternehmen mindestens vier unterschiedliche Low-Code-Entwicklungstools und mehr als 65 Prozent aller Unternehmen Low-Code als Alternative in der Softwareentwicklung einsetzen werden. Ähnliches sagt Forrester voraus, nämlich eine Verdreifachung des globalen Markts für Low-Code-Anwendungen, von 6,5Mrd.$ im Jahr 2019 auf 21Mrd.$ im Jahr 2022.

Schneller und günstiger

Low-/No-Code-Entwicklungen sind zudem meist schneller und damit kostengünstiger als die herkömmliche Entwicklung, da nur bedingt Entwicklungs-Knowhow benötigt wird – ein wichtiger Aspekt in Zeiten des IT-Fachkräftemangels. Ein weiteres Argument ist die kurze Entwicklungszeit, denn Anforderungen können sehr schnell in ein Proof-of-Concept oder einen Prototyp mit geprüften Bausteinen und Funktionselementen in eine Applikation umgesetzt werden. Ein zusätzlicher Effekt ist der einheitliche Zugang zur Applikationsentwicklung. Damit liegt eine Basis für einen Satz von Anwendungen im jeweiligen Fachbereich vor, die etwa im Erscheinungsbild und Bedienbarkeit identisch sind. Aus IT-Sicht ist wesentlich, dass Low-/No-Code-Anwendungen eine einheitliche Architektur und Autorisierung, hohe Verfügbarkeit und Skalierbarkeit sowie das Life-Cycle-Management unterstützen. Außerdem hilft der Ansatz, Schatten-IT aus den Fachabteilungen zu tilgen.

Selbst entwickeln

Die Praxis zeigt, dass Unternehmen oftmals Probleme mit selbstprogrammierten Anwendungen haben, weil diese weder sicher, nachvollziehbar und standardisiert, noch wiederverwendbar sind. Außerdem verursachen sie hohen Wartungsaufwand. Je größer ein Unternehmen und komplexer seine Geschäftsprozesse, desto weniger werden die Abläufe in den einzelnen Fachabteilungen von Standardlösungen unterstützt. Mit Low-/No-Code-Werkzeugen können bestimmte Anwender nach den Regeln der IT-Abteilung selbst Applikationen entwickeln, die den Vorgaben gemäß Auditierungen und der Nachvollziehbarkeit von Prozessen entsprechen. Darüber hinaus ist Low-/No-Code-Entwicklung in fast allen Branchen einsetzbar und bietet speziell für Unternehmen, die einen hohen Digitalisierungsbedarf haben, einen zeit- und kosteneffizienten Baukasten. Damit lassen sich quasi alle Prozesse digital abbilden, die etwa im ERP-System fehlen. Typische Anwendungen umfassen Kernprozesse wie Auftragsbearbeitung, Qualitätsmanagement, Einkauf und Fakturierung, aber auch Supportprozesse. Nicht zuletzt lassen sich mit Low-/No-Code-Tools auch Applikationen für Managementprozesse erstellen, etwa in den Bereichen Strategie, Planung, Controlling und Risikomanagement.

Es gibt Grenzen

Die Gartner-Studie berechnet, dass bis 2024 alle Wissensanwendungen in Richtung Low-Code wandern könnten. Doch die Technologie stößt noch an Grenzen, gerade wenn es um komplexe Aufgaben geht. Eine Anforderung wie die Planung eines komplexen technischen Projekts fällt nicht in ein standardisiertes Schema und erfordert Individualentwicklung. Auch Aufgaben mit hoher Systemintegration, etwa mit vielen Schnittstellen zu anderen Umgebungen, benötigen die Pro-Code-Methodik.

Ein Mix aus beiden Welten

Je nach Anwendungsbereich und Branche eignen sich somit entweder der klassische Ansatz, Low-/No-Code oder ein Mix aus beidem. Dabei gilt: Je standardisierter die Anwendung, desto höher die Eignung von Low-/No-Code-Werkzeugen. Und selbst wenn spezifische Applikationen noch eine Individualentwicklung verlangen, lassen sich Bestandteile wie die Anbindung von Schnittstellen wieder mit Low-Code-Tools lösen. Die Entwickler beim Software-Dienstleister DCCS setzen beispielsweise nur auf Low-Code-Plattformen, die sich mit Pro-Code ergänzen und mit anderen Systemen integrieren lassen. Ähnlich verhält es sich bei der Frage, ob Cloud Computing für Entwicklungen genutzt oder ein On-Premises-Ansatz gewählt wird. Die Anbieter von Low-/No-Code-Plattformen halten für beide Varianten sowie für hybride Modelle Lösungen bereit. Dabei geht der Trend zu Entwicklungs-Engines in der Cloud, mit möglichen Schnittstellen zu On-Premises-Systemen. Beide Varianten haben naturgemäß Vor- und Nachteile, vor allem bei Skalierbarkeit und Kosten. Die Wahl des passenden Hostings hängt in erster Linie von den Bedürfnissen des Anwenders ab.

Weg von Insellösungen

Software-Modernisierung und Prozess-Digitalisierung sind Treiber für den Einsatz von Low-Code-Plattformen. Ziel ist eine Standardisierung der Unternehmens-IT, weg von Insellösungen und hin zu Standardplattformen. Wenn es darum geht, alte Applikationen abzulösen und Software zu modernisieren, bietet Low-/No-Code ein Instrument, um rasch und kosteneffizient Lösungen zu gestalten.