Vom Business Case zum Sensor

Predictive Maintenance ohne böses Erwachen

Beispielpfad für die Einführung von Predictive Maintenance als Auszug aus einer Smart Maintenance Roadmap (Bild: FIR e. V. an der RWTH Aachen)
Beispielpfad für die Einführung von Predictive Maintenance als Auszug aus einer Smart Maintenance Roadmap (Bild: FIR e. V. an der RWTH Aachen)

Vom Case zur Umsetzung

Hilfreich in der Praxis ist es, über einen Roadmap-Ansatz vom Business Case zur Umsetzung zu kommen. Der große Vorteil besteht darin, dass Interdependenzen abgebildet werden können, indem die Maßnahmen für die Zielerreichung logisch verknüpft und in einen übergeordneten Kontext gestellt werden. Der Ansatz bietet dahingehend einen Ordnungsrahmen für die fähigkeitsbasierte Weiterentwicklung der Instandhaltung entlang der sechs Reifegrade des Industrie 4.0 Maturity Index. Anhand des in der Abbildung auf dieser Seite gezeigten Beispielpfads wird im Folgenden die Funktionsweise der Roadmap verdeutlicht und gezeigt, wie eine Nutzensteigerung mit Hilfe von Predictive Maintenance realisiert werden kann. Als Ziel wird die Erhöhung der OEE durch die Reduktion ungeplanter Stillstände betrachtet (Produktivität bereitstellen). Die Nutzung eines Instandhaltungsplanungs- und steuerungssystems (IPS) bildet die Grundlage und hilft bei der Aufschlüsselung von Fehlerketten. So kann auf Basis der dokumentierten Störungen im Sinne einer datenbasierten Fehlermöglichkeits- und einflussanalyse (FMEA) die Kritikalität innerhalb des Produktionsprozesses bestimmt werden. An dieser Stelle muss die Frage beantwortet werden, in welchem Umfang eine Reduktion der ungeplanten Stillstände durch Predictive Maintenance die OEE der Anlage steigern kann. Da die Kritikalität an sich nur durch entsprechende Verbesserungsprojekte reduziert werden kann, muss für die Gestaltung des Business Case abgewogen werden, welche Lösung den größten wirtschaftlichen Nutzen birgt.

Datenerfassung beginnt

Nachdem eventuelle Schnittstellenbedarfe in der aktuellen IT-Landschaft identifiziert wurden, können über eine kontinuierliche Zustandsüberwachung Maschinen- und Betriebsdaten der kritischen Anlagen gesammelt werden. Dabei ist zu klären, welche Messgrößen erfasst werden sollen, um die entsprechende Sensorik zu installieren. Gleichzeitig müssen die Mitarbeiter an die datenbasierten Unterstützungssysteme herangeführt werden, so dass bereits früh mit dem Aufbau von Datenkompetenzen begonnen wird. Auf diese Weise wird zum einen die Akzeptanz datenbasierter Entscheidungshilfen erhöht, zum anderen lernen die Mitarbeiter Zusammenhänge zwischen den Daten und auftretenden Störungen zu erkennen. So können mit datenbasierten Zustandsdiagnosen im Nachgang eines Fehlers bereits objektive Schlüsse hinsichtlich der Vermeidung ungeplanter Stillstände gezogen werden.

Software glänzt – aber spät

Nachdem die technischen, kulturellen und organisationalen Voraussetzungen für die Umsetzung des Business Case erfüllt sind, kann eine Prognosesoftware eingeführt werden. Aufgrund des frühzeitigen Aufbaus von Datenkompetenzen werden die Instandhalter durch Predictive Maintenance nun dazu befähigt, operative Entscheidungen aus den Störungsvorhersagen abzuleiten. Neben der Vermeidung von Stillständen wird auch der Planungshorizont in Bezug auf unvermeidbare Stillstände erhöht, wodurch die Verfügbarkeit und somit die OEE der Anlage gesteigert wird. Außerdem wurden durch die schrittweise Entwicklung die notwendigen Fähigkeiten aufgebaut, um eine Skalierung der Anwendung für die breite betriebliche Praxis zu realisieren. Um die gesamten Potenziale von Predictive Maintenance für das eigene Unternehmen nutzbar zu machen, stellt die Identifikation eines funktionierenden Business Case daher eine notwendige Bedingung dar, der – ergänzt durch einen Roadmap-Ansatz – die Umsetzung Top-down bis hin zur installierten Sensorik ermöglicht.