Vernetzung und Geschäftsmodelle

Smarte Maschinen mit Kundenfokus entwickeln

„Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde“, sagte Henry Ford. Damit ist gemeint, dass manche Kunden selbst nicht wissen, was sie eigentlich wollen. Beim Thema Internet of Things sollten die Unternehmen aber genau im Blick halten, für welchen Zweck sie ihre Lösung entwickeln. Zuviel Technik lenkt da eher ab.

(Bild: Blu Portals & Applications GmbH)
(Bild: Blu Portals & Applications GmbH)

Kundenorientierung heißt auch, die eigenen Abnehmer zu kennen, über ihre Probleme Bescheid zu wissen und die passenden Lösungen parat zu haben. Herausfordernd wird es, wenn Kunden selbst nicht wissen, was sie wollen. Zunehmend setzen sich deswegen in größeren Unternehmen innovativere Vorgehen aus der Startup-Welt durch. Bei vielen dieser jungen Unternehmen dreht sich alles um die eine Lösung für ein dringendes Problem – für die später auch gerne bezahlt wird. Generell gilt: Je früher Kundenfeedback eingebunden wird, desto günstiger sind eventuell notwendige Anpassungen und desto schneller kann eine nützliche Anwendung entstehen. Ein Beispiel: Heutzutage ist es nicht allzu schwierig, neue Maschinen mit Konnektivität auszustatten und die dabei generierten Daten grafisch in einem Dashboard aufzubereiten. Die Entwicklung und das Design der Software, der Einkauf der Hardware, sowie Server- bzw. Cloud-Services kosten jedoch Geld und erhöhen den Verkaufspreis der Maschine. Das diese dann ein schönes Dashboard hat, ist zwar nett, aber ohne wirklichen Mehrwert werden Käufer dafür kaum etwas extra zahlen wollen.

Reparieren, bevor es kaputt ist

Gegeben sehen viele Maschinen- und Anlagenbauer diesen greifbaren Mehrwert hingegen in Angeboten für Predictive Maintenance, also der vorausschauenden Instandhaltung. Implementiert werden solche Lösungen trotzdem häufig nicht, da sie recht teuer sind und sich andere Verbesserungen möglicherweise schneller erzielen lassen. Gelingt es einem Hersteller von Investitionsgütern jedoch, verschiedene Produktionsstandorte vergleichbarer und insgesamt effizienter zu machen, Produktionsstillstände oder Rüstzeiten zu reduzieren, dann lassen sich solche Dienstleistungen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch monetarisieren. Doch für solche Szenarien muss man die Produktionsprozesse und -herausforderungen seiner Abnehmer genau kennen – und die Kundenorientierung kommt wieder ins Spiel. Diese geänderte Zielsetzung ist gerade im Maschinenbau in der Breite, bei welchem es in den letzten Jahrzehnten häufig lediglich um nominell kleinere Effizienzgewinne geht, ungewohnt. Durch die Digitalisierung getrieben, findet ein Wandel in Richtung softwarebasierter Services statt, an dem Unternehmen gewiss teilhaben wollen.

Wo ist der Kunde?

Viele Unternehmen, die sich mit der Implementierung des Internet of Things beschäftigen, stehen vor der Wahl der passenden Plattform. Oft startet ein Auswahlprozess zum Angebotsvergleich mit einer umfangreichen Analyse der technischen Aspekte. Dabei können Ideensammlung, Bewertung und Auswertung mehrere Monate dauern, bevor es weitergeht. Hier sollten Unternehmen aufpassen, den ursprünglichen Zweck der Lösung nicht aus den Augen zu verlieren. Das kann passieren, wenn sich die internen Diskussionen nur noch auf die technische und die Umsetzungsebene konzentrieren und nicht mehr auf die monetarisierbaren Anwendungsfälle. Bei einer Auswahl von über 450 IoT-Plattformen rückt häufig automatisch der Vergleich der Technik in den Vordergrund. Umso ungünstiger ist es dann, wenn nach der Implementierung der Plattform die Angebote und Produkte keinen Abnehmer finden, da die generierten Mehrwerte zu gering sind. Entstehen dann trotzdem sinnvolle Services, ist der Hersteller oft fest an eine Plattform gebunden, auch wenn sich die Bedürfnisse und Anforderungen durch die Weiterentwicklung des eigenen Angebots verändern. Ein Wechsel kostet in beiden Fällen viel Zeit und Geld.

Plattform oder Framework

Viele existierende Plattformen stehen als modulare aber doch weitgehend standardisierte Produkte zur Wahl. Ein Framework hingegen schafft Raum, um Kundenanforderungen ohne viele technische Zwänge zu diskutieren. Ein Framework ist eine universelle, wiederverwendbare und mehrschichtig strukturierte Softwareumgebung, die vordefinierte Basisfunktionalitäten anbietet. Diese gibt an, welche Art von Programmen erstellt werden können und wie diese zusammenhängen würden. Damit wird die Entwicklung von spezifischen Anwendungen, Produkten und Lösungen erleichtert. So werden die typischen Anforderungen an eine IoT-Plattform bezüglich Konnektivität, Cloudfähigkeit, Gerätemanagement, Datensammlung und -analyse abgedeckt, während die spezifischen, kundenbezogenen Anforderungen flexibel erstellt werden können. Das erleichtert das Design von Lösungen, die Stück für Stück entsprechend den Anforderungen etwa von Pilotprojekten umgesetzt werden können.

Für den Kunden entwickelt

Noch sind funktionierende IIoT-Geschäftsmodelle vergleichsweise selten. Ein Beispiel findet sich aber bei folgendem Maschinenbauer, der auf der Suche nach einem neuen Geschäft mit den eigenen Maschinendaten war, für welches Kunden auch wirklich bezahlen würden. Dieser Hersteller beschäftigte schon länger ein spezialisiertes Beraterteam, das bei den Anlagenbetreibern Optimierungsprogramme mit einer soliden Gewinnmarge anbot. Diese Dienstleistung sollte mithilfe des Internet of Things teilautomatisiert werden. Dafür mussten zahlreiche Maschinen, auch über Retrofitting, an das Netzwerk angeschlossen werden. Die implementierten Konnektivitätslösungen ermöglichten die Modellierung von digitalen Zwillingen der Maschinen und Anlagen, deren Daten in Echtzeit an einen zentralen Datenbroker gesendet wurden. Als nächstes wurde durch die Anbindung der Daten an ein Framework eine Zustandsüberwachung der Maschinen und Anlagen eingerichtet. Dies ermöglicht die Analyse der Maschinendaten, um Einblicke in die Maschinenauslastung zu gewinnen und Benchmarks und Best Practices auf weltweiter Ebene zu schaffen. Mit diesem globalen technologischen Rahmen konnte der Hersteller die Effekt suboptimaler Maschinenoperationen quantifizieren. Sie fanden heraus, dass fast die Hälfte ihrer Kunden ihre Maschinen mit einem Effizienzdefizit von 30 % oder mehr betrieben. Auf Basis dieser Erkenntnisse können sie nun direkt mit Kunden in Kontakt treten und ihre Beratungsleistungen gezielt und mit hohem Vertrauen in die erreichbaren Effizienzsteigerungen anbieten. Für die Zukunft bietet sich somit ganz neue Möglichkeiten der Abrechnung von welchen sowohl Kunden als auch Anbieter profitieren können.