B&R sieht in OPC UA TSN das Potenzial, einen einheitlichen Kommunikationsstandard für heutige und zukünftige Industrial IoT-Anwendungen zu schaffen. Daher treibt der Automatisierungsspezialist die Erweiterung von OPC UA um Pub/Sub und die Kombination von OPC UA mit Ethernet TSN voran. Wir sprachen mit Sebastian Sachse, Technology Manager Open Automation bei B&R, welche Vorteile sich für Maschinenbauer und -betreiber durch OPC UA ergeben.
Bild: B&R Industrial Automation GmbH
Es gibt schon zahlreiche Netzwerke, Feldbusse und Kommunikationsprotokolle, wieso soll nun noch ein weiteres eingeführt werden?
Sebastian Sachse:Genau das ist der Punkt: Es gibt zu viele Protokolle. Schauen wir uns eine typische Maschinenhalle an. Dort stehen Maschinen zahlreicher Hersteller, die wiederum unterschiedliche Steuerungssysteme mit unterschiedlichen Feldbussen oder Industrial-Ethernet-Netzwerken einsetzen. Selbst wenn diese Maschinen getrennt voneinander arbeiten, ist diese Heterogenität mit großem Aufwand bei Inbetriebnahme und Wartung verbunden.
Wenn die einzelnen Komponenten eng miteinander kommunizieren sollen, …
Sachse: … ist das auf diesem Wege quasi unmöglich. Zahlreiche Gateways und Schnittstellen müssen programmiert und instandgehalten werden. Dazu ist Geld, Zeit und spezielles Fachpersonal nötig. Spätestens wenn Reaktionszeiten im Echtzeitbereich nötig werden, zum Beispiel, um einen Roboter und eine Spritzgießmaschine zu synchronisieren, lässt sich das so nicht umsetzen.
Es gibt genug Protokolle, was spricht für OPC UA?
Sachse:Dafür sprechen mehrere Dinge: Zum einen ist OPC UA ein unabhängiger und anerkannter Standard, der die Produktionswelt und die IT-Welt verbindet. Zum anderen stellt es von Haus aus Security-Funktionen zur Verfügung, mit denen Daten zuverlässig und sicher übertragen werden. Und dann gibt es noch ein ganz entscheidendes Alleinstellungsmerkmal: OPC UA überträgt nicht nur Daten, sondern Informationen.
Das heißt?
Sachse: Ein Temperaturwert ist in OPC UA nicht nur eine nackte Zahl, sondern ein Informationspaket inklusive Angaben wie verwendete Einheit oder Sollgrenzen. Damit ist das Protokoll prädestiniert für die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Systemen. Schnittstellen, in denen definiert wird, wie welche Werte oder Variablen interpretiert werden sollen, sind überflüssig. Zudem ermöglichen die sogenannten Methoden in OPC UA, das Maschinen- oder Anlagenteile bestimmte Funktionen in anderen Maschinen- oder Anlagenteilen aufrufen. So lässt sich die vernetzte Produktion einfach umsetzen.
Doch das jetzige OPC UA ist gar nicht echtzeitfähig, wie wollen Sie dann Abläufe in Echtzeit synchronisieren?
Sachse: Heute ist OPC UA schnell, aber weder deterministisch noch zyklisch im Sinne der Automatisierung. Das wird sich jedoch bald ändern.
Wie soll das funktionieren?
Sachse: Durch zwei Mechanismen beziehungsweise Technologien, die derzeit entwickelt werden. Erstens arbeiten B&R und andere Automatisierungshersteller an der Erweiterung von OPC UA um einen Publish/Subscribe-Mechanismus und zweitens soll OPC UA zukünftig auf Ethernet TSN aufsetzen.
Diese Begriffe müssen Sie uns bitte genauer erläutern. Was ist ein Publish/Subscribe-Mechanismus?
Sachse: OPC UA arbeitet bisher mit einem Client/Server-Mechanismus. Ein Client fragt eine Information an (Request) und erhält eine Antwort von einem Server (Response). Die Übertragung findet asynchron statt. Dieses System stößt an seine Grenzen, wenn das Netzwerk viele Teilnehmer hat. Das Publish/Subscribe-Modell – auch Pub/Sub genannt – erweitert das Kommunikationsspektrum von OPC UA. Pub/Sub ermöglicht eine One-to-many- sowie eine Many-to-many-Kommunikation. Mit Pub/Sub können Entwickler ein festes Zeitfenster definieren, in dem die Daten ausgetauscht werden. Das ist ein wichtiger Aspekt, um OPC UA echtzeitfähig zu machen.
Bild: B&R Industrial Automation GmbH
Und was können wir uns unter TSN vorstellen?
Sachse: TSN steht für Time Sensitive Networking und fasst die Erweiterung des Ethernet-Standards IEEE802.1 um diverse Echtzeitfunktionen zusammen. Mit TSN können zeitkritische Daten auch in weitverzweigten Netzwerken deterministisch übertragen werden. Da die Automobilbranche auf TSN setzt, werden die nötigen Halbleiter-Baugruppen sehr schnell und vergleichsweise kostengünstig verfügbar sein.
Wie lange müssen Anwender auf die Verfügbarkeit von OPC UA TSN noch warten?
Sachse: Die OPC-UA-Spezifikation für Pub/Sub ist so gut wie abgeschlossen. Wir testen bereits seit einiger Zeit Prototypen mit Pub/Sub, zum Beispiel ein Feldgerät. Ich gehe davon aus, dass die Spezifikation in Kürze verabschiedet wird und dann zügig von vielen Herstellern in Serienprodukte implementiert wird. Bei TSN sieht es nicht viel anders aus: Diese Technologie prüfen wir gerade im TSN-Testbed des Industrial Internet Consortium (IIC) auf Herz und Nieren. Die bisherigen Ergebnisse stimmen uns sehr positiv: OPC UA TSN hat unsere Erwartungen teilweise übertroffen. Ich gehe davon aus, dass wir Ende diesen Jahres erste Anlagen sehen werden, in denen OPC UA TSN die klassischen Feldbusse auf Steuerungsebene vollständig ersetzt haben wird und die komplette Kommunikation bis hinauf in die Cloud ausschließlich über OPC UA abgewickelt wird.
„OPC UA TSN hat das Potenzial, die klassischen Feldbusse in Industrial IoT-Anwendungen zu ersetzen“
Sebastian Sachse,
Technology Manager Open Automation bei B&R
Herr Sachse, wieso setzt B&R so stark auf OPC UA?
Sebastian Sachse:OPC UA ist die Lösung für eine der größten Herausforderungen moderner Produktionskonzepte. Egal, ob wir es Industrie 4.0, Industrial IoT oder Smart Factory nennen – die Produktion der Zukunft ist nur möglich, wenn alle Komponenten einer Produktionsanlage über ein einheitliches Netz kommunizieren. Beim Publish/Subscribe-Modell sendet ein Server seine Daten in das Netzwerk (Publish) und jeder Client kann diese Daten empfangen (Subscribe).
Um alle Potenziale eines MES umfassend ausnutzen zu können, beleuchten unsere Autoren in der Serie von MES Wissen Kompakt die erfolgskritischen Faktoren, um Fertigungsunternehmen präventiv zu steuern. Darüber hinaus präsentiert MES Wissen Kompakt ein breites Spektrum an Firmenportraits, Produkt- neuheiten und Dienst- leistungen im MES-Umfeld.
Ein Unternehmen, das sich mit der Auswahl eines ERP- Systems befasst, muss sich gleichsam mit einem viel- schichtigen Software-Markt und unklaren Interessen- lagen an interne Abwick- lungsprozesse auseinander- setzen. Guter Rat bei der Investitionsentscheidung ist teuer. ERP/CRM Wissen Kompakt unterstützt Sie bei der gezielten Investition in die IT-Infrastruktur.
Immer mehr Anbieter von Maschinen, Automatisierungstechnik und Industriesoftware integrieren künstliche Intelligenz in ihre Produkte. Das ganze Potenzial spielen selbstlernende Systeme aber erst aus, wenn sie passgenau auf ihren Einsatz in Fertigung und Büro zugeschnitten wurden. Über beide Möglichkeiten, als Fertiger die Vorzüge von industrieller KI zu nutzen, geht es im regelmäßig aktualisierten Themenheft Künstliche Intelligenz.
Das Internet of Things verändert Produktwelten und die Vernetzung in der Fertigung gleichermaßen. Entstehende Ökosysteme laden zur einer neuen Form der Zusammenarbeit ein. Die Spezialausgabe IoT Wissen Kompakt informiert über die Technologie, Projektierung und Anbieter für die eigene Applikation, in- und außerhalb der Fabrik.
Mittelständische Unternehmen investieren selbst in schwierigen Zeiten in Microsoft-Technologien, weil sie überzeugt sind, dass ihre Mitarbeiterproduktivität steigt und sich ihre Kostenstruktur bessert. Microsoft hat mit dem Microsoft-Partner-Network ein Netzwerk aufgebaut, das ein Forum für den Aufbau von Partnerschaften, Zugang zu Ressourcen und einen Rahmen für Dialoge und Kooperationen bietet. Für unsere Leser gibt die Microsoft-Partnerübersicht in Ausgabe Juli/August der IT&Production Tipps für die Suche nach einer geeigneten Branchen- oder Speziallösung im Bereich des produzierenden Gewerbes.
Auf der Suche nach Innovation, nach neuen Lösungen und der Abgrenzung zum Mitbewerb vernetzen sich zunehmend mehr Unternehmen mit externen Experten und Partnern. SAP hat mit dem SAP-Ecosystem ein Netzwerk aufgebaut, das ein Forum für den Aufbau von Partnerschaften, Zugang zu Ressourcen und einen Rahmen für Dialoge und Kooperationen bietet. In der Maiausgabe der Fachzeitschrift IT&Production erhalten unsere Leser einen aktuellen Überblick zum SAP-Ecosystem im Bereich des produzierenden Gewerbes.