Innovationswettbewerb Künstliche Intelligenz (3 von 3)

KI für den Krisenfall

Maschinenverschleiß, Rohstoffengpässe, Naturkatastrophen und Pandemien sind alles mögliche Ursachen für Produktionsstopps. Gerade in KMU fehlen meist technische Werkzeuge, um Aus- und Vorfälle vorherzusagen und vorsorgen zu können. In fünf Projekten des KI-Innovationswettbewerbs entstehen gerade KI-getriebene Ansätze, das zu ändern.

Bild: ©Adam/stock.adobe.com
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Zahlreiche Krisen, von der Corona-Pandemie bis hin zur Flutkatastrophe im Sommer 2021, haben in den letzten Jahren das Thema Resilienz bis in den Fokus öffentlicher Debatten gerückt. Ein resilientes System soll interne und externe Störungen auffangen und auch unter Druck nicht an Stabilität verlieren. Industrieunternehmen müssen sich bereits seit Längerem mit diesem Thema auseinandersetzen, denn durch die Globalisierung und Digitalisierung werden Wertschöpfungsketten immer komplexer. Je mehr interne und externe Faktoren auf die Produktion wirken können, desto mehr ist die Resilienz eines Unternehmens oder gar einer ganzen Wertschöpfungskette gefordert. Lieferengpässe, Maschinenausfälle, Fachkräftemangel oder größere gesellschaftliche Krisen können in einer vernetzten Welt weitreichende Störungen in Produktionsketten verursachen. Doch vielen Unternehmen fehlt es an Knowhow und technischen Mitteln, um effektiv oder gar präventiv auf Störungen zu reagieren. Klassische Technologien diagnostizieren potenzielle Problemherde oft so spät, das Firman nur noch die Schadensbegrenzung bleibt, sollte ein Vorfall eintreten – dann war die Resilienz zu gering- was die Wettbewerbsfähigkeit schwächt. Im KI-Innovationswettbewerb vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) werden fünf Forschungsprojekte gefördert, die sich die Stärkung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Resilienz in Krisenszenarien zum Ziel gesetzt haben. In allen Projekte werden unterschiedliche Datenmengen durch KI-Methoden ausgewertet, um mögliche Krisenszenarien verlässlich einzuschätzen.

Resilienz als Service

Im Projekt Spaicer streben Forschende an, KI-Technologien und Industrie 4.0-Standards so einzusetzen, dass Produktionsstopps, Lieferengpässe und weitere potenzielle Störfaktoren reduziert werden können. Um solches Resilienzmanagement zu ermöglichen, entstehen im Rahmen des Projekts branchenspezifische Smarte Resilienz-Services (SRS), die auf die Bedürfnisse eines Unternehmens angepasst werden. Der Kern steht ein offenes digitales Ökosystem, auf dem diese SRS für die produzierende Industrie vertrieben werden. Die SRS basieren auf technischen Agenten, die anhand von großen, dynamischen Datenmengen potenzielle Störungen in den Produktionsprozessen vorhersehen und Entscheidern passende Vorschläge zur Anpassung der Produktionspläne unterbreiten können. Die SRS können Produktionsdaten über die Cloud auswerten oder auf den Produktionsmaschinen. Das kommt Unternehmer entgegen, die potenziell sensible Unternehmensdaten nicht in einer Cloud-Anwendung bereit stellen wollen.

Tagesaktuelle Erkenntnisse

Im Projekt CoyPu entsteht derzeit eine KI-basierte Datenplattform, die Unternehmen, Verwaltungen sowie Politik und Forschung beim Krisenmanagement unterstützen soll. Die Plattform vernetzt gesamtwirtschaftliche, branchenspezifische und unternehmensinterne Daten, stellt diese über Cloud-Technologien bereit und macht sie über KI-Analysewerkzeuge auswertbar. Die über offene Schnittstellen integrierten Daten sind vielfältig und größtenteils unerschlossen. So können hochqualitative und tagesaktuelle Erkenntnisse gewonnen werden – etwa wirtschaftliche Fakten, Trends, Wirkungszusammenhänge und Prognosen – die beim Krisenmanagement helfen. KI-Komponenten zur Qualitätssicherung und Anonymisierung der Daten sowie zur Datenfreigabe und -vernetzung tragen zur Einhaltung der europäischen Datenschutzrichtlinien bei.

Reaktion auf Krisen einrechnen

Auch das Projekt ‚Pairs‘ will mit seiner lernenden KI-Plattform Krisenszenarien schneller identifizieren und antizipieren helfen. Das Angebot richtet sich an Unternehmen und Betreiber kritischer Infrastrukturen sowie Entscheiderinnen und Entscheider aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Das besondere an der KI-Hybrid-Technologie von Pairs ist, dass über die zur Verfügung stehende Datenfülle des Projekts nicht nur das initiale Krisenereignis prognostiziert werden kann, sondern auch die Reaktionen verschiedener Akteure auf das Ereignis in die Prognoseergebnisse einbezogen werden. So kann nicht nur die Krise selbst, sondern auch ihre potenzielle Evolution vorhergesehen werden, was ein deutlich dynamischeres Krisenmanagement inklusive KI-gestützter Handlungsempfehlungen ermöglicht.

Engpässe erkennen

Im Förderprojekt ResKriVer entsteht eine wissensbasierte Plattform für Versorgungsnetze. Mit Hilfe von KI-Technologien sollen Engpässe in den Versorgungsketten von Unternehmen und öffentlichen Bedarfsträgern in Krisensituationen schneller identifiziert und prognostiziert werden. Die KI-Lösungen sowie der spezifische Aufbau der digitalen Plattform machen die Erfassung, Dokumentation und Analyse entsprechender Güter und Dienstleistungen über die Versorgungskette hinweg möglich. Zu den KI-Verfahren der Plattform zählen etwa die Simulation von Krisenszenarien, die Erkennung statistischer Kausalketten sowie das Monitoring sozialer Netzwerke. Außerdem stellt die Plattform Werkzeuge zur Krisenkommunikation bereit, die zielgruppenbezogene Informationen übermitteln.

Leitstellen verknüpfen

Das Projekt ‚Spell‘ unterstützt Leitstellen und Lagezentren bei der Entscheidungsfindung in Krisensituationen. Dabei werden verschiedene IT-Systeme der Leitstellen datenschutzkonform und über offene Schnittstellen verknüpft. Deren Daten lassen sich so mit KI-Methoden analysieren und verwerten. Hintergrund ist, dass Leitstellen auf als wenig interoperable Technologieinseln errichtet wurden, mit vielen unterschiedlichen IT-Lösungen. Die Prävention von Gefahrensituationen und Koordination verschiedener Akteure in Krisenereignissen soll so besser funktionieren. Zudem kann die Datenbasis der Plattform als Arbeitsgrundlage für KI-Entwickler dienen. Sie können eigene KI-Dienste in die Plattform, im Sinn eines digitalen Ökosystems, integrieren und an unterschiedliche Nutzer vermarkten.

Insgesamt 24 Projekte

Das BMWi fördert im KI-Innovationswettbewerb neben den fünf Resilienzprojekten 19 weitere Technologievorhaben. Diese sollen Impulse für den Einsatz von KI in wichtigen Sektoren der deutschen Wirtschaft setzen. Adressiert werden Branchen und Themenbereiche wie Gesundheit, Smart Living, Handel, Produktion, Landwirtschaft, Mobilität, Finanzen, Bau sowie das Potenzial von Quantencomputing.