Prozessindustrie

Industrie 4.0-Testanlage von Bilfinger

Im Auftrag der Interessengemeinschaft Regelwerke Technik hat Bilfinger eine prozesstechnische Testanlage errichtet. An dem Industrie 4.0-Demonstrator sollen die Mitglieder der Gemeinschaft auf der Basis von Prozessdaten innovative Abläufe erproben können.

Die Testanlage am Standort Frankfurt-Höchst der Bilfinger Maintenance
Bild: Bilfinger SE

Realistische Testbedingungen sind eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Entwicklung von Industrie 4.0-Anwendungen in der Prozessindustrie – doch oft stehen den Entwicklern gerade diese wichtigen Prozessdaten nicht zur Verfügung. Hier setzt die neue Testanlage in Frankfurt am Main an, die Bilfinger im Auftrag der Interessengemeinschaft Regelwerke Technik (IGR) e.V. errichtet und anschließend betreiben wird. Bilfinger Maintenance, die deutsche Landesgesellschaft für industrielle Instandhaltung, greift dabei auf ihre rund 20-jährige Erfahrung mit Testaufbauten von Feldbussystemen zurück. Ziel des Projekts ist es, die Digitalisierung in der Prozessindustrie voranzutreiben. Die IGR als Zusammenschluss von rund 30 Gesellschaften der chemischen und pharmazeutischen Industrie und ihrer Dienstleiter hat sich zur Aufgabe gemacht, die technische Kompetenz bei der Planung, Genehmigung, Errichtung, dem Betrieb, der Instandhaltung bis zur Entsorgung verfahrens- und energietechnischer Anlagen voranzubringen. Bei die Entwicklung innovativer Abläufe hilft die Verfügbarkeit der Prozess- und Diagnosedaten aller Betriebs- und Fehlzustände. Bisherige Entwicklungskonzepte scheiterten indes oftmals daran, dass Anlagenbetreiber ihre Daten nur ungern bereitstellen. In der Testanlage werden Industrie 4.0-Anwendungen deshalb unter realen Bedingungen getestet und Prozess- und Diagnosedaten für Cloud-Anwendungen generiert.

Realistische Testbedingungen für komplexe Prozesse

Zu den wichtigsten Anwendungen zählen die Prüfung von Hardware- und Software-Konzepten zur Messwerterfassung im Prozess, die Eignungsprüfung von Internet Security-Konzepten zur Datenübertragung in die Cloud sowie die Entwicklung von Programmen in der Cloud unter realistischen Voraussetzungen. Bilfinger versichert, dass die beteiligten Unternehmen die Anlage unkompliziert und ohne aufwendiges Zustimmungs-Procedere nutzen können. Die Anlage ist darauf ausgelegt, Testaufbauten und -abläufe zu ermöglichen, die flexibel an unterschiedliche Anforderungen angepasst sind. Dabei greift Bilfinger auf seine Erfahrungen als Instandhalter von Feldgeräten zurück, um das Prüf- und Simulations-Equipment so zu integrieren, dass sich realistische Fehlzustände möglichst gezielt und reproduzierbar einstellen lassen. Das gilt sowohl für unerwünschte Betriebszustände im Prozess als auch für Störungen der Gerätetechnik, wie sie etwa bei Alterungseffekten auftreten.

Die Demonstrations- und Test-Anlage setzt sich im Wesentlichen zusammen aus:

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  • dem verfahrenstechnischen Teil, bestehend aus zwei Behältern und deren Automatisierung,
  • Messgeräten, die entsprechend des Namur Open Architecture-Models (NOA) Daten parallel zum Automatisierungssystem übertragen (Maschinendiagnose),
  • Internetanbindung als Standleitung sowie diversen Firewalls und weiteren Schutzvorkehrungen zur Internet-Security,
  • einer oder bei Bedarf mehreren Clouds.

Erwartet werden konkrete Ergebnisse zur Erfassung und Speicherung von Messwerten in der Cloud, etwa zur Maschinen-Diagnose, sowie standardisierte Konzepte zur Durchgängigkeit und IT-Security. Als erstes Ziel wurde die Anbindung von Messgeräten über Wirelesshart und andere Verbindungen via Internet-Standleitung in eine Cloud von den Bilfinger-Mitarbeitern des Prüflabors der MSR- und Analysentechnik in Frankfurt am Main umgesetzt. Im Sommer dieses Jahres erfolgte die Inbetriebnahme der verfahrenstechnischen Testanlage. Damit steht den Beteiligten eine Testanlage für Komponenten zur Digitalisierung und Entwicklung von Softwaretools und zugleich eine Demonstrations- und Schulungsanlage zur Verfügung.

Einblick in das Prüflabor für Testanlage(n) der Bilfinger Maintenance
Bild: Bilfinger SE

Der nächste Schritt der digitalen Zukunftstrategie

„Die Digitalisierung ist für die Prozessindustrie und ihre Dienstleistungspartner eine große Herausforderung und Chance“, sagt Gerald Pilotto, Executive President Bilfinger Maintenance, Modifications & Operations (MMO) Continental Europe. „Eine praxisorientierte Zusammenarbeit mit unseren Kunden liefert die optimale Grundlage, unser Knowhow auf hohem Niveau weiterzuentwickeln und dadurch die starke Position der europäischen Prozessindustrie im internationalen Wettbewerb zu sichern und auszubauen.“ Bilfinger misst der Digitalisierung strategische Bedeutung bei und hat im März 2017 mit Franz Xaver Braun einen Chief Digital Officer ernannt. Im Mai startete in Zusammenarbeit mit der Münzing Chemie ein Pilotprojekt, für das Bilfinger eine neue MMO-Plattform entwickelt hat. Über diese Plattform werden Daten aus dem Engineering, der Leittechnik und der Sensorik mit Informationen zur Instandhaltung kombiniert und über Cloud-Services ausgewertet.