Für ein besseres Produkt

Welchen Nutzen haben digitale Plattformen?

Der Plattformbegriff ist stark durch unsere Alltagswahrnehmung geprägt, in der Ebay, Uber oder Amazon selbstverständlich genutzt werden. Der Industrie geht es bei solchen Infrastrukturen nicht nur um den Erwerb oder den Absatz von Produkten und Dienstleistungen. Plattformen helfen immer öfter dabei, die eigenen Erzeugnisse zu verbessern.

 (Bild: ©Ekkasit919/iStockphoto.com)
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Die gängigste Definition von digitalen Plattformen bezieht sich vor allem auf die Verknüpfung von unterschiedlichen Akteuren und auf die daraus entstehenden Vorteile gegenüber anderen Interaktionsformen. Dieses Verständnis ist stark durch das Bild der Plattformökonomie geprägt. Zu deren prominentesten Beispielen gehören u.a. Airbnb oder Uber. Diese unterscheiden sich jedoch in einem wesentlichen Aspekt von den Herausforderungen, denen sich produzierende Unternehmen in Deutschland gegenübersehen. Während sie gewachsen sind, ohne jegliche physische Assets zu besitzen, stellen produzierende Unternehmen immer noch physische Produkte her. Wenn Unternehmen also dazu geraten wird, an der Plattformökonomie teilzuhaben und digitale Plattformen zu nutzen, greift der beschriebene Vernetzungsansatz verschiedener Akteursgruppen zu kurz. Vielmehr müssen Unternehmen solche Aspekte der Plattformökonomie adaptieren, die für das Unternehmen einen tatsächlichen Mehrwert bieten.

Grundlegendes Verständnis entwickeln

Produzierende Unternehmen sollten daher zunächst ein grundlegendes Verständnis dafür entwickeln, wie sie einen Nutzen aus digitalen Plattformen ziehen können. Dabei sind IoT-Plattformen, über die Maschinen und Produkte mit dem Internet verküpft werden, eine der interessantesten Plattformausprägungen. Das Internet of Things verspricht eine horizontale Vernetzung von digitalisierten Produkten und Personen, die über eine Infrastruktur (Plattform) zum Datenaustausch und zur Datenanalyse realisiert wird. Unternehmen haben so die Möglichkeit, Benutzer- und Produktnutzungsinformationen zu generieren, physische Produkte auf Basis von Nutzungsanalysen zu verbessern und den Nutzern weitere Dienstleistungen anzubieten.

Software vs. Plattform

Viele Unternehmen preisen ihre Software als Plattformlösung an. Dabei handelt es sich jedoch weniger um Plattformen im Sinne der Plattformökonomie, sondern um Tools, die die kollaborative Zusammenarbeit der Mitarbeiter, auch über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg, unterstützen. Die Bezeichnung Plattform ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht ganz von der Hand zu weisen.

Verschiedene Lösungen integrieren

Um den Trend vom dokumentenbasierten Arbeiten hin zum modelbasierten Arbeiten auch software- und workflowseitig zu fördern, bedarf es im Unternehmen genau definierter Ablageorte für Daten und Informationen, die gemeinschaftlich genutzt werden. Dabei liegt die Herausforderung darin, die verschiedenen Plattformlösungen miteinander zu integrieren und das Unternehmen zu einer lernenden Organisation zu befähigen. Dies bedeutet, dass das Unternehmen durch den Einsatz von geeigneten Technologien und organisationalem Lernen in die Lage versetzt wird, sich den verändernden Rahmenbedingungen in Bezug auf die Organisation, Produktion, Infrastruktur und Produkte ständig anzupassen.

Unterschiedliche Herausforderungen

Bestehende Plattformen bieten bisher meist Lösungen zu einzelnen Herausforderungen – in Unternehmen müssen jedoch abteilungs- und produktlebenszyklusphasenübergreifend verschiedene Herausforderungen bewältigt werden. Dazu gehören etwa ein verbessertes Wissensmanagement und die Wiederverwendung von CAD-Bauteilen, um kürzere Entwicklungszeiten zu ermöglichen. Im Produktionsprozess sollten per Predictive Analytics die Gesamtverfügbarkeit der Produktion erhöht und durch systemgestützte Change Management-Prozesse kurzfristige Produktänderungen umgesetzt werden können. Und im Aftersales sollten durch datenbasierte Services ein Mehrwert für den Kunden entstehen. Gleichzeitig dienen diese Daten wiederum der Verbesserung der Produkte. Um den Plattformtrend nicht zu verschlafen, sollten sich Unternehmen mit den unterschiedlichen Technologien am Markt befassen und dann entscheiden, welche Plattformen sich für den Einsatz im eigenen Unternehmen am besten eignen.


Martin Bremer ist Projektmanager bei FIR e.V. an der RWTH Aachen.





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