Visible Light Communication in der Intralogistik

FTS kooperieren auf Sicht

Da in WiFi-Kanälen gelegentlich mit hohen Latenzzeiten und Paketverlusten zu rechnen ist, lassen sich kooperative FTS kaum allein über diesen Funkstandard betreiben. Als Ergänzung bietet sich Visible Light Communication an, bei der zusätzlich sichtbares Licht genutzt wird. Zumal die Technik als sehr zuverlässig gilt.

Mobile Systeme von SEW-Eurodrive, Nachfolger des klassischen FTS, ermöglichen innovative Lösungen in Produktion und Logistik für alle Branchen. (Bild: SEW-EURODRIVE GmbH & Co KG)
Mobile Systeme von SEW-Eurodrive, Nachfolger des klassischen FTS, ermöglichen innovative Lösungen in Produktion und Logistik für alle Branchen. (Bild: SEW-EURODRIVE GmbH & Co KG)

Fahrerlose Transportsysteme (FTS) und andere Mobilsysteme werden immer öfter in den Fabriken eingesetzt. Kommunikation und Kooperation spielen dabei ein wichtige Rolle. Befördern beispielsweise zwei oder mehr FTS gemeinsam eine Last, müssen sie Steuerungsinformationen zur Formationssteuerung austauschen. Bei diesem Austausch könnte eine hohe Latenz eine unerwünschte Relativbewegung in der Formation verursachen. Daher erfordern kooperierende FTS eine besonders zuverlässige Kommunikation mit geringer Latenz – oft bezeichnet als ultra Reliable Low Latency Communication (uRLLC). Interferenzreiche Bereiche des Spektrums müssen umgangen werden, um uRLLC zu ermöglichen. Sichtbares Licht ist ein solches interferenzarmes Spektrum.

Zuverlässig und schnell

Als Kommunikationstechnologie hierfür wählte SEW-Eurodrive Visible Light Communication. VLC ist ein drahtloses Peer-to-Peer-Kommunikationssystem für kurze Reichweiten im Frequenzbereich 400 – 800THz (750 – 375nm). Es bietet die erforderliche niedrige Latenz und hohe Zuverlässigkeit. VLC kann die Kommunikation zwischen kooperierenden, benachbarten FTS mit niedriger Latenz unterstützen. Um neben der lokalen Kommunikation auch die globale Kommunikation mit hohem Durchsatz zu erlauben, rüstete der Automatisierer die FTS mit zwei Kommunikationsschnittstellen aus. Eine weitere WiFi-Schnittstelle ist für die Kommunikation mit der Infrastruktur und für andere Zwecke verbaut. Demnach muss entschieden werden, welche Pakete an welche Schnittstelle gesendet werden sollen. Einen Wechsel der Schnittstelle gilt es möglichst zu vermeiden, da es so zu Latenzspitzen kommen könnte.

Kumulative Verteilungsfunktion (CDF) der Kommunikationslatenz von industriellem WiFi und VLC. (Bild: SEW-EURODRIVE GmbH & Co KG)
Kumulative Verteilungsfunktion (CDF) der Kommunikationslatenz von industriellem WiFi und VLC. (Bild: SEW-EURODRIVE GmbH & Co KG)

Lokale Cluster

Aus kooperierenden FTS wurden lokale Cluster erstellt, die intern über VLC und extern über WiFi kommunizieren. Die Entscheidung, welche Pakete über welche Verbindung gesendet werden, trifft ein SDN-Switch. Diese Netzwerksteuerung ermöglicht das Routing auf Grundlage von globalen Systeminformationen wie kooperativen Aufgaben, deren Dauer und Teilnehmern. Die Steuerung des Netzwerks mittels SDN hat den Vorteil, dass diese globalen Kenntnisse über die FTS-Flottensteuerung genutzt werden können, um das Routing zu planen. Interferenzen zählen zu den größten Herausforderungen für die Kommunikation innerhalb dichter Netzwerkcluster. Da Lichtsignale jedoch durch die Netzwerkteilnehmer selbst vollständig blockiert werden, verringert das die effektive topologische Dichte im System.

Übertragung nur auf Sicht

Die ausgewählte VLC-Schnittstelle, eine proprietäre Implementierung durch SEW-Eurodrive, verwendet ein Array aus weißen LEDs zur Übermittlung des Signals und vier unabhängige Empfänger für dessen Empfang. Jedes FTS ist mit vier VLC-Modulen mit einem Öffnungswinkel von 120° ausgestattet. Dadurch können Fahrzeuge im Bereich von 5m VLC-Signale in alle Richtungen senden und empfangen. Für die Signalübertragung ist eine direkte Sichtverbindung erforderlich. Die Latenz einer Verbindung zwischen FTS wurde gemessen, wobei mehrere Verbindungen in räumlicher Nähe aktiv waren, um einem realen Anwendungsfall näher zu kommen. Eine gegenseitige Beeinflussung wurde nicht beobachtet und die Umlaufzeiten waren in weit mehr als 99 Prozent der Fälle kürzer als 40 ms.

Routen kooperativ ermittelt

Weil mehrere Kommunikationstechnologien auf dem FTS vorhanden sind, müssen die Regeln für die Schnittstellenauswahl und die Verteilung dieser Regeln auf die Netzwerkknoten (FTS) festgelegt werden. Wenige Wechsel der Kommunikationstechnologien sind dabei die Zielgröße. Auch sollte VLC grundsätzlich bevorzugt werden, um WLAN-Ressourcen zu schonen. In Tests erhöhte sich die Latenz bei erzwungenen, nicht geplanten Wechseln der Kommunikationstechnologie teils um das Zehnfache. Daher sollten möglichst Routen mit einer langen Lebensdauer ausgewählt werden. Die Strategie besteht darin, die VLC-Routen auf Grundlage von aktiven kooperativen Aufgaben auszuwählen, um die kooperierenden FTS zu gruppieren. Dadurch entstehen VLC-Cluster.