Im Industrial Internet of Things vernetzte Maschinen liefern Daten, die sich sehr gut für KI-basierte Analysen nutzen lassen. Der Firma Vallourec gelingt es zusammen mit den KI- und IIoT-Spezialisten der com2m beispielsweise, anhand erfasster Daten die Qualität produzierter Stahlrohre vorherzusagen.
Das IIoT entsteht durch das Zusammenspiel verschiedener Technologien. Neben Steuerungen und Sensoren können auch Daten aus dem ERP-System oder MES erforderlich sein, um bestimmte Analyseaufgaben zu erledigen. Die Daten werden kabelgebunden oder kabellos mit Protokollen wie MQTT übertragen. Manchmal ist es nötig, die Daten in einem Gateway oder Edge Device vorzuverarbeiten, bevor sie in einer Datenbank gespeichert werden. Mit Frameworks wie Apache Spark werden Datenströme orchestriert. Die Daten können dargestellt, ausgewertet oder zur Steuerung von Prozessen oder Maschinen genutzt werden. In der Realität sind die Schichten meist nicht trennscharf, weil Plattformen wie Azure bereits entsprechende Services und Datenbanken zur Verfügung stellen.
Muster in den Daten
In KI-Projekten werden meistens unterschiedliche Technologien eingesetzt. Es gibt verschiedene KI-Klassifikationen, wobei die einzelnen Technologien nicht immer eindeutig zu unterscheiden sind und es gewisse Überschneidungen gibt. In der BMWi-Studie (heute BMWK) Paice werden KI-Technologien in verhaltensorientiert und rational inspiriert unterteilt. Verhaltensorientierte Ansätze ahmen das menschliche Denken und Handeln nach, um mit unterschiedlichen Situationen umgehen zu können. Ein Beispiel ist das Natural Language Processing, bei der natürlichen Sprache verarbeitet wird. Informationen können so strukturiert aus unstrukturierten Fließtexten erkannt werden. Rational inspirierte Ansätze setzen auf klar definierte Kriterien und Daten, um mit analytischen Ansätzen Lösungen zu finden. Machine Learning (ML)-Verfahren erlernen selbstständig Muster aus Daten. Die Grundlage bilden Modelle wie Entscheidungsbäume oder neuronale Netze, die flexibel genug sind, um Zusammenhänge in den Daten abbilden zu können. Mit Computer Vision können Objekte und Situationen in Bilddaten erkannt werden. Moderne Deep-Learning-Ansätze lernen komplexe Muster selbstständig anhand von Beispielbildern. Wesentlich für den Erfolg von KI-Projekten sind neben der Technologie die Spezialisten für die analysierten Fertigungsprozesse und die Maschinen. Mathematik ohne diesen Bezug führt meist nicht zum Ziel.
Bei der Produktionsplanung und -steuerung wird KI beispielsweise genutzt, um die Auftragsreihenfolge zu verbessern. Ein komplexes Einsatzfeld ist die Optimierung von Fertigungsprozessen. Bei Assistenzsystemen wird KI häufig genutzt, um Objekte zu erkennen und Informationen im Montage- oder Kommissionierprozess darzustellen. Auch in der Qualitätssicherung ist es wichtig, Objekte automatisiert zu erkennen. Eines der bekanntesten Einsatzfelder von KI ist die prädiktive Wartung. Außerdem wird KI genutzt, um Intralogistikprozesse zu automatisieren, etwa bei der Steuerung von Fahrerlose Transportsysteme.
Spezifische Produktion
Bei IIoT- und KI-Projekten in der Produktion ist das Erfassen von Daten oft aufwändiger, als ohnehin vernetzbare Produkte an das IoT anzubinden. Ein Hersteller kennt die Elektrik und Softwarearchitektur seiner Produkte. In der Fertigung sind dagegen verschiedene Verfahren und Maschinentypen mit unterschiedlichen SPS-Herstellern und -generationen im Einsatz. Die Maschinenprogramme wurden häufig von Personen entwickelt, die keinen Softwareentwicklungshintergrund haben und die Softwarearchitektur und -dokumentation entspricht oft keinen modernen Standards. All das ist zwar lösbar, kostet aber Zeit. Der Aufwand verschiebt sich von der Modellentwicklung hin zur Datenbeschaffung und -aufbereitung.
Qualität von Stahlrohren
Am Standort Mühlheim a.d. Ruhr fertigt Vallourec in einem Hochleistungswalzwerk nahtlose Stahlrohre. Die Rohre werden in Branchen wie der Kraftwerkstechnik und der Ölindustrie eingesetzt. Die Anlagentechnik wird laufend weiterentwickelt. In diesem Zusammenhang wurde ein KI-Modell erstellt, in das Daten aus mehreren Prozessschritten einfließt, um Maschinenparameter identifizieren zu können, die einen Einfluss auf den Rohrdurchmesser haben. Langfristig soll das Modell dazu genutzt werden, die Maschinenparameter möglichst optimal einzustellen, um Ausschuss zu reduzieren und die Produktivität zu erhöhen. Bei der Entwicklung des Modells bot der Cross Industry Standard Process for Data Mining einen Rahmen. Bei dem Projekt haben die Data Scientists eng mit Fachleuten zusammengearbeitet, die sich u.a. mit dem Fertigungsprozess, den Maschinen und der IT-Landschaft auskennen. Ein weiterer wichtiger Faktor waren messbare Projektziele, um die Modellqualität zu bewerten. Die Schritte Datenverständnis und -aufbereitung machten den Hauptteil des Aufwands aus. Auftrags-, Produktions- und Messdaten wurden aus verschiedenen Systemen erfasst, vereinheitlicht, zusammengeführt und aufbereitet. Dieser ETL-Prozess, benannt nach den drei Verarbeitungsphasen Extraktion, Transformation und Laden, ist typischerweise einer der ersten Schritte. Hier wurde eine Dateninventur durchgeführt und die Datenqualität bewertet. Bei der Inventur der Daten, wurde die Bedeutung der wichtigsten Datenmerkmale mit den Spezialisten besprochen und dokumentiert. Um die Datenqualität zu begutachten, wurden interaktive Reports erstellt, die einen Austausch vereinfachten. Die Reports gaben Auskunft darüber, welche Daten fehlen und wie die Daten verteilt und korreliert sind. Datenpunkte sind kritisch zu hinterfragen, weil sie oft inkonsistent (bspw. mehrdeutige IDs oder unterschiedliche Maßeinheiten) sind. Bei der Modellbildung und Beurteilung wurden die erfolgversprechenden Modelle identifiziert, implementiert und auf Basis von vorher ungesehenen Daten evaluiert. Mit den Domänenexperten wurde die Modellqualität basierend auf den vorhergesagten und tatsächlichen Rohraußendurchmessern besprochen. Es wurde analysiert, welche Datenmerkmale den größten Einfluss auf den Rohrdurchmesser haben und ob das mit ihren Praxiserfahrungen übereinstimmt. Das Modell liefert vielversprechende Ergebnisse und wird derzeit für das Deployment auf der IIoT-Plattform von Vallourec aufbereitet.
Der Einsatz von IIoT und KI ist gerade bei komplexen, verketteten Fertigungsprozessen wie der Stahlrohrproduktion vielversprechend. Denn KI-Modelle ermöglichen es, komplexe Muster zu erkennen und so Fertigungsprozesse zu optimieren. Vor Projektbeginn ist es wichtig, eine Anwendungsfallanalyse samt Kosten-Nutzen-Bestimmung durchzuführen und dabei messbare Projektziele zu definieren. Für die Umsetzung ist die Datenqualität und das Datenmanagement erfolgsentscheidend. Gegebenenfalls muss die Datenbasis erweitert werden, um die Projekterwartungen erfüllen zu können. Es gilt, die richtigen Daten aufzuzeichnen. Im Gegensatz zur klassischen Software-Entwicklung ist bei KI-Projekten oft mehr zeitliche und thematische Flexibilität gefragt, um unvorhersehbare Hindernisse in der Projektphase bewältigen zu können. Es sollte genügend Zeit vorgesehen werden, um Daten aufzubereiten. Zeit kann gespart werden, wenn wichtige Datenmerkmale vorselektiert und unwichtige ausgeschlossen werden. Data Scientists und Fachleute sollten früh und langfristig zusammenarbeiten. Dafür ist ein gemeinsames Problemverständnis und ausreichend Zeit der Domänenspezialisten unerlässlich.
Autoren:Dr. Patrick Kübler ist Teamleiter Manufacturing IoT, Dr. Benjamin Bolte ist Data Science Consultant IoT und Dr. Olaf Neugebauer ist Head of Development bei der com2m GmbH (Teil der adesso-Gruppe).
Autoren: Dr. Patrick Kübler ist Teamleiter Manufacturing IoT, Dr. Benjamin Bolte ist Data Science Consultant IoT und Dr. Olaf Neugebauer ist Head of Development bei der com2m GmbH (Teil der adesso-Gruppe).
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