Bild: ©fotohansel/stock.adobe.com
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Strategischer Wissensaufbau

Aus Sicht eines Anwenderunternehmens ist die Entscheidung für die richtige Plattform davon abhängig, wie viel Integrations-Knowhow im eigenen Unternehmen verankert werden kann und soll. Die domänenspezifischen Plattformen werden von Anbietern der klassischen Lösungen am Markt platziert. Der Einsatz erzeugt eine starke Bindung an einen Lieferanten. Offene Plattformen bieten für den Anwender dagegen die Chance, Komponenten in Zukunft einfacher mit auf die Plattform zu nehmen oder ganz auszutauschen, und damit eine größere Unabhängigkeit von Lieferanten. Dafür muss im eigenen Unternehmen die Umsetzungs- und Betriebskompetenz vorhanden sein oder aufgebaut werden. Unter dem Strich ergibt sich auf Layer 3 der Automatisierungspyramide durch moderne Software-Architekturen die Chance, das Unternehmen schrittweise technologisch zu standardisieren und zu öffnen. Im Einzelnen hängt der richtige Weg dabei von der Unternehmensstrategie ab. Die Unternehmensberater der Unity AG beobachten aber zunehmend den Wunsch von Fertigungsunternehmen nach mehr eigener Kompetenz und Unabhängigkeit im Betrieb dieser Komponenten.

Standards der ERP-Welt nutzen

Schnittstellen klassischer MES-Komponenten zu ERP-Systemen sind typischerweise produktgebunden, als Beispiel seien SAP-zertifizierte Schnittstellen angeführt. Von diesen ist ein Trend hin zu einer Mischung aus verschiedenen Integrationsansätzen zu bemerken. Die Auswahl wird durch den jeweiligen Anwendungskontext bestimmt. Von REST-Services für eine agilere Integration über Integration-Bus-Ansätze mit verbundenen Enterprise Webservices sind hier der Technologie keine Grenzen gesetzt. Generell werden bei der Kommunikation vom MES- zum ERP-Layer nur verdichtete Daten weitergegeben. Massendaten und Rohdaten aus dem Industrial IoT-Kontext werden durch MES-Komponenten verarbeitet.

Der Systems-of-Systems-Ansatz

Auch immer mehr Maschinenhersteller bieten Lösungen zur vertikalen Integration bis zum MES-Layer an. Maschinen werden inklusive verbundener IIoT-Services, etwa in Form eines digitalen Zwillings, über den die Maschinen verwaltet werden können, angeboten und verkauft. Die Wahl einer Plattform zur Abbildung des digitalen Zwillings eines Produkts mag aus Sicht des Herstellers noch verhältnismäßig einfach sein. Die Maschinenbetreiber, die dieses Produkt innerhalb ihrer Produktionen einsetzen und als Teil ihrer Smart Factory-Lösung nutzen möchten, hätten die Wahl vielleicht anders getroffen. Solange sich die Hersteller-IIoT-Plattform an den Architekturprinzipien einer wie oben beschriebenen Software-Architektur orientiert, kann die IIoT-Lösung einfach als Subsystem der Integrationsplattform auf dem MES-Layer integriert werden (vgl. Bild auf Seite 1). Mit ihrer Integration entsteht ein System-of-Systems-Ansatz. Damit integriert man system- oder domänenspezifisches Wissen in eine Gesamtlösung, ohne sich in der Tiefe mit Logik und Daten beschäftigen zu müssen. Dies gelingt, solange die IIoT-Plattform eine offene dokumentierte Schnittstelle zu den Funktionen und Daten des integrierten Produkts bereitstellt. Eine Lösung, die offene Integrationsmöglichkeiten nicht bietet, ist damit eher mit einem klassischen geschlossenen System vergleichbar und sollte vor einer Auswahl sehr genau auf eine Eignung für den Einsatz geprüft werden. Eine passende IIoT-Lösung lässt sich jedoch transparent und serviceorientiert in die eigene OT-Architektur integrieren und verhält sich ab der Integrationsschnittstelle wie alle anderen Komponenten der Plattform. Für den Anwender lässt sich damit die Detailkomplexität in der Umsetzung der Gesamtlösung verringern.

Auswahlfaktor Interoperabilität

Wer eine intelligente, vernetzte Fabrik aufbauen möchte, muss die Integration ganz unterschiedlicher Lösungskomponenten im jeweiligen Anwendungskontext berücksichtigen. Die Interoperabilität der Lösungen wird somit zum zentralen Auswahlfaktor. Daher sind Lösungskomponenten mit standardisierten Schnittstellen, offenen Datenmodellen und APIs meist geeigneter als geschlossene Komponenten, die sich nur schwer integrieren lassen. Viele produzierende Unternehmen müssen dieses Knowhow gerade schrittweise aufbauen. Zur Einführung kann das notwendige Wissen auch extern beschafft werden. Da mit der Einführung von Integrationsplattformen aber auch ein langfristiger Betrieb verbunden ist, haben die Berater der Unity AG die die besten Erfahrungen damit gemacht, entsprechendes Wissen über ein Coaching Schritt für Schritt beim Anwenderunternehmen zu verankern.


Dr. Markus Luckey ist Senior Manager bei Unity AG.

Andreas Linneweber ist Senior Manager bei Unity AG.






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