Funkgestützte Sensornetzwerke

Bluetooth Mesh in der Fabrik

In ihren Optimierungsprojekten integrieren immer mehr Fertiger funkbasierte Sensornetzwerke in die Fabriken. Diese drahtlosen IIoT-Verbünde sollen Stillstandzeiten von Maschinen reduzieren und die Produktionslinien flexibilisieren helfen. Mit der Mesh-Vernetzung über Bluetooth steht dafür eine vergleichweise neue Funktechnologie zur Verfügung, die skalierbar, zuverlässig und sicher genug ist, um sich im Industrieumfeld zu bewähren.

 (Bild: Bluetooth SIG, Inc. Headquarters)
(Bild: Bluetooth SIG, Inc. Headquarters)

Unterschiedliche Technologietrends beflügeln derzeit die Entwicklung der produzierenden Industrie: die zunehmende Bedeutung mobiler Geräte in der Produktion, die steigende Transparenz der Fertigungsprozesse durch die Implementierung von Asset-Management-Lösungen und der deutliche Anstieg industrieller drahtloser Sensornetzwerke (WSN). In diesen Bereichen soll auch Bluetooth künftig eine wichtige Rolle spielen. Smartphones und Tablets könnten dann beispielsweise zu zentralen Steuergeräten in Fabriken und Industrieanlagen werden und etwa Bedienoberflächen von Maschinen ersetzen. Bluetooth-basierte mobile Geräte bieten dabei die Schnittstelle für die Überwachung und Steuerung von Industriemaschinen. Im Jahr 2017 hat beispielsweise ABB ein Bluetooth-fähiges Bedienfeld vorgestellt, das eine drahtlose Verbindung zwischen einem Antrieb und dem mobilen Gerät aufbaut. Das Control Panel erlaubt es dem Nutzer, einen Antrieb aus der Ferne in Betrieb zu nehmen, was Gefahren beispielsweise durch einen Lichtbogen ausschließt. Bluetooth-fähiges automatisiertes Asset-Tracking und -Monitoring ermöglicht es Fertigern, Standort, Verfügbarkeit und Zustand von Geräten zu bestimmen und die Produktion über die gesamte Lieferkette hinweg zu verfolgen. Seit Anfang 2018 befindet sich beispielsweise das Bluehound Asset-Tracking-Tool von Bosch in einer Open-Pilot-Phase. Es handelt sich um eine cloudbasierte Asset-Management- und Tracking-Lösung mit Bluetooth-Technologie.

Mesh-Vernetzung

Im Sommer 2017 hat die Bluetooth Special Interest Group (SIG) die Spezifikation für die Mesh-Vernetzung auf Basis von Bluetooth veröffentlicht. Diese Option für vermaschte Netze wurde u.a. für die intelligente Gebäudeautomation und den Aufbau drahtloser Sensornetzwerke konzipiert. Mesh-Netzwerke ermöglichen es, zahlreiche Geräte, untereinander zu verbinden und zuverlässig und sicher miteinander kommunizieren zu lassen.

Drahtlose Netzwerktechnologie

Bluetooth Mesh Networking ist kein Funkstandard, sondern eine drahtlose Netzwerktechnologie, über die sich Many-to-Many-Netzwerke mit einer großen Anzahl von Bluetooth-Geräten – sogenannten Knoten – aufbauen lassen. Die von Geräten oder Sensoren ausgehenden Nachrichten springen dabei von Knoten zu Knoten, bis sie ihr Ziel erreichen. Dadurch können Nachrichten auch über die Funkreichweite eines einzelnen Geräts hinaus weitergegeben werden. Die Übertragung von Kopien von Nachrichten erfolgt über mehrere Wege durch das Netzwerk, was hohe Zuverlässigkeit bietet, ohne dass spezielle Regeln oder Routen konfiguriert werden müssen. Diese Multi-Hop und Multi-Path Delivery genannten Merkmale sind zentrale Architekturbestandteile der Mesh-Vernetzung.

Auf mehreren Ebenen abgesichert

Sicherheit ist eine zentrale Anforderung bei neuen – und bestehenden – Technologien, gerade mit Blick auf das industrielle IoT. Eigenschaften wie Flexibilität, Energieeffizienz oder Interoperabilität werden unwichtig, wenn Benutzer- und Anbieterdaten gefährdet sind. Sicherheit spielt daher in der Mesh-Vernetzung über Bluetooth eine essenzielle Rolle. So zeichnet diese Netzwerktopologie aus, dass sie auf obligatorischen Sicherheitsschlüsseln basiert und das Netzwerk auf mehreren Ebenen des Stacks absichert:

  • • Der Geräteschlüssel (Devkey) berechtigt zur Einrichtung und Konfiguration eines Knotens, damit neue Geräte zum Netzwerk hinzugefügt werden können.
  • • Anwendungsschlüssel (Appkeys) ermöglichen es, Nachrichten zu bestimmten Anwendungen wie Beleuchtung, physische Sicherheit, Heizung usw. zu schützen.
  • •  Netzwerkschlüssel (Netkeys) wiederum gelten für alle Nachrichten im Netzwerk, so dass Knoten sicher miteinander kommunizieren.

Die Sicherheitsarchitektur schützt das Netzwerk vor unterschiedlichen Bedrohungsszenarien. Dazu gehören u.a. Replay-Angriffe, die durch eine kluge Verwendung von Sequenznummern verhindert werden. Man-in-the-Middle-Angriffe lassen sich durch Methoden der asymmetrischen Kryptographie abblocken, beispielsweise das Elliptic Curve Diffie-Hellman (ECDH) Key Agreement Protocol. Vor Trash-Can-Angriffen mittels ausgemusterter Geräte schützt eine Aktualisierung der Sicherheitsschlüssel.

Nachrichtenorientierte Kommunikation

In einem Mesh-Netzwerk läuft die gesamte Kommunikation nachrichtenorientiert ab. Dabei sind die einzelnen Nachrichtentypen durch einen eigenen Befehlscode definiert. Geräte können Nachrichten an andere Knoten versenden oder empfangen. Einige Knoten des Netzwerkes können so konfiguriert werden, dass sie Nachrichten erneut senden, was ein Multi-Hop-Verhalten erzeugt. Diese Geräte werden als Relay-Knoten bezeichnet, wobei es sich beispielsweise um Leuchten oder Schalter handeln kann. Normalerweise sind nicht mehr als fünf Prozent aller Knoten in einem Mesh-Netzwerk als Relay konfiguriert. Eine wichtige Konsequenz des Relay-Ansatzes ist, dass Nachrichten im Netzwerk ihre Ziele über mehrere Pfade erreichen. Dies steigert die Zuverlässigkeit deutlich.

Netzwerk über die Beleuchtung

Die Mesh-Vernetzung automatisiert künftig Prozesse in der Steuerung gewerblicher Gebäude, in der Fertigung von Produkten oder in Sensornetzwerken. In Kombination mit Beacons und Sensoren können die Netzwerke Heizungen regeln, Maschinenzustände abfragen und standortbezogene Dienste wie Asset-Tracking-Lösungen unterstützen. Für viele industrielle Einsatzszenarien kommt der Raumbeleuchtung dabei eine entscheidende Funktion zu, denn Lampen bieten eine optimale Möglichkeit zum Aufbau eines flexiblen Mesh-Netzes: Sie sind in jedem Gebäude vorhanden, nicht weit voneinander entfernt und ein hervorragender Träger kabelloser Netzwerkfunktionen. Bis 2022, so eine Marktanalyse von ABI Research, soll sich daher das Volumen der jährlich ausgelieferten Beleuchtungstechnik für intelligente Gebäude verfünffachen.





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