Raspberry Pi 4 in der Fabrik

Ex-Bastelrechner im Industrieeinsatz

Tablet-PCs ersetzen als Human Machine Interfaces heute oft klassische Industrie-PC-Systeme. Jetzt kommen preisgünstige Einplantinen-Computer wie der Raspberry Pi als mögliche Hardwarelösung hinzu. Die Systemkonzepte ergänzen sich hervorragend.

Die Einplantinenrechner lassen sich auch zu Clustern vernetzen. (Bild: ©Guillaume/stock.adobe.com)
Die Einplantinenrechner lassen sich auch zu Clustern vernetzen. (Bild: ©Guillaume/stock.adobe.com)

Der Raspberry Pi wurde ursprünglich als ‚Bastel-PC‘ entwickelt, um Schüler und Studenten für die Informatik zu begeistern. Inzwischen hat sich der Kleinrechner zu einem vielseitigen Computer mit einem riesigen Angebot an Zubehörteilen und Apps gemausert, der auch in professionellen Umgebungen zu finden ist. Das aktuelle Modell dieser Reihe, der Raspberry Pi 4, kommt aufgrund seiner Leistungsfähigkeit auch für Anwendungen im Bereich Industrie 4.0 infrage. Mit einem Preis um die 150 Euro kostet er in etwa ein Viertel vieler klassischer Industrie-PCs.

Die inneren Werte

Sein Komponenten-Design erschließt dem liebevoll Raspi genannten Rechner vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Der Preis resultiert unter anderem aus den inzwischen hohen Stückzahlen und der verwendetenRISC-Technologie. So verwendet der Raspberry Pi keinen x86-Prozessor, wie sie in klassischen Industrie-PCs verbaut sind, sondern setzt auf die ARM-Architektur (Advanced RISC Machine) sowie ein System-on-a-Chip (SoC) von Broadcom. Das macht diese Architektur preiswert und sorgt zudem für eine deutlich geringere Wärmeentwicklung und eine höhere Energieeffizienz im Vergleich zu wohl den meisten x86-Chips. Das ist vor allem für industrielle Anwendungen von Bedeutung, wo eine aktive Kühlung mit Lüftungsauslässen oft nicht praktikabel ist. Der Raspberry Pi 4 beherrscht funkbasierte Datenübertragung über Bluetooth nach dem Standard 5.0, der den Mini-PC für die drahtlose Übertragung von Sensordaten interessant macht. In Edge-to-Cloud-Anwendungen wertet der Kleincomputer beispielsweise die von IoT-Sensoren per Funk übertragenen Messwerte aus, zeigt sie an und überträgt sie über Netzwerke oder die Cloud in Backend-Systeme. Neben dem Einsatz als Digital-Signage-PC in Verbindung mit einem oder zwei hochauflösenden Bildschirmen wird der Raspberry Pi 4 auch häufig in der Fertigung und am HMI eingesetzt, wo er beispielsweise Informationen über die Füllstände einer Maschine, den Arbeitsfortschritt einer Produktionsstraße, Arbeitsanweisungen oder sonstige betriebsrelevante Daten auf Bildschirmen ausgibt. Hierfür greift der PC auf Grafikfähigkeiten zurück, die aktuelle Kompressionsalgorithmen wie H.264 und H.265 onboard bewältigen. Außerdem tauschen spezialisierte Anbieter die im Raspberry Pi 4 standardmäßig verbaute Micro-HDMI-Schnittstelle gegen eine oder zwei normale und damit weniger wackelige HDMI-Steckverbindungen mit Zugentlastung aus. Für bestimmte Anwendungsfälle ist auch die Einrichtung von Power-over-Ethernet möglich, sodass der PC keine eigene Stromversorgung benötigt. So kann er als lüfterloser Steuerungs-PC platziert und per LAN-Kabel angeschlossen werden.

Für industrielle Anwendungen wird der Raspberry Pi in ein Metallgehäuse verpackt. (Bild: Concept International GmbH)
Für industrielle Anwendungen wird der Raspberry Pi in ein Metallgehäuse verpackt. (Bild: Concept International GmbH)

Angepasstes Äußeres

Für industrielle Anwendungen stecken spezialisierte Anbieter den nicht einmal handtellergroßen Rechner in rugged-taugliche Gehäuse. In der Regel sind diese Chassis aus Aluminium, lüfterlos und unempfindlich gegenüber Staub. Kühlung für höhere Umgebungstemperaturen ist auch kein Problem, da die Abwärme über Thermopads an die speziell designte Gehäuseoberfläche nach außen geleitet wird. Die Befestigung erfolgt an der Wand oder auf einer DIN-Schiene. Auch eine Montage nach VESA-75- oder 100-Standard an Halterungen, Maschinen und Bildschirmen ist mithilfe entsprechend designter Gehäuse möglich.

Intuitive GUIs

Der Raspberry Pi läuft im Standard unter Linux, welches bereits optimiert unter der gängigen Bezeichnung Raspbian (genauer Raspberry Pi OS) zu finden ist. Er lässt sich aber auch unter Android betreiben. Es fallen dafür keine Lizenzkosten an. Sowohl Linux als auch Android kommen mit wesentlich weniger Wartungszyklen als andere gängige Systeme aus. Nutzer können auf ein GUI zugreifen, wie es viele von privaten Smartphones und Tablets kennen dürften. Am HMI lassen sich Bedienoberflächen als dedizierte Linux- oder Android-verträgliche Software-Lösung oder als HTML5-basierte Oberfläche in einem Standard-Webbrowser realisieren. Die Oberflächen lassen sich responsiv, sprich skalierbar gestalten, um sich dem jeweils genutzte Gerät anzupassen.

Zugentlastungen schützen vor abgeknickten oder ­abgerissenen Kabeln. (Bild: Concept International GmbH)
Zugentlastungen schützen vor abgeknickten oder ­abgerissenen Kabeln. (Bild: Concept International GmbH)

Koexistenz sinnvoll

Preisgünstige Standard-Mini-PCs bergen für Industrie-Unternehmen oft messbare Spareffekte. Wenn es auf eine hohe Performance ankommt, aber keine Spezial-Schnittstellen benötigt werden – etwa bei Industrial-Digital-Signage-Anwendungen – kann der Raspberry Pi4 heute das Gleiche leisten wie ein dedizierter Industrie-PC. In diesem Moment schlagen die Effekte wie geringer Stromverbrauch und weniger Wärmentwicklung voll durch. Nichtsdestotrotz: Dedizierte IPCs werden weiter in breiten Einsatzbereichen glänzen, etwa in Maschinensystemen und dort, wo dutzende spezieller Schnittstellen oder Legacy-Windows-Systeme gebraucht werden.







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