Betriebsdaten digital erfassen

Keine Geduld mit dem geduldigen Papier

Eine digitale Betriebsdatenerfassung spart den Mitarbeitern im Werk viel Zeit bei Routineaufgaben. Auch Fehler durch manuelle Dateneingaben lassen sich mit entsprechenden Lösungen recht leicht vermeiden. Bei Fichter Feinwerktechnik ist im Zusammenspiel mit IT-Dienstleister und Hardwareausrüster genau so ein System entstanden – in kurzer Zeit und mit günstigen und leistungsfähigen Komponenten.

Assemblierung bei ICO (Bild: ICO Innovative Computer GmbH)
(Bild: ICO Innovative Computer GmbH)

Die Firmen Fichter Feinwerktechnik und Lauble & Fichter CNC Bearbeitung, Laserbeschriftung sind seit über 40 Jahren als Zulieferer der Uhren- und feinmechanischen Industrie sowie als Lohnfertiger für Maschinenbau, Automations- und Haustechnik etabliert. Sie fertigen Drehteile, Frästeile, mechanische und elektrotechnische Baugruppen und bieten Dienstleistungen wie Laserbeschriften, Widerstandsschweißen, Lötarbeiten auf Lötrobotern und sonstige mechanische Bearbeitungen an. An flexiblen Arbeitsplätzen und auf einem modernen Maschinenpark entstehen Prototypen, Einzelteile oder Serien, die hohe Qualität zu guten Preisen bieten sollen.

Ansicht Gebäude Fa. Fichter (Bild: Fichter Feinwerktechnik GmbH)
Ansicht Gebäude Fa. Fichter (Bild: Fichter Feinwerktechnik GmbH)

Grundlage für die Preisfindung

Zur Vor- und Nachkalkulation und somit als Grundlage einer adäquaten Preisfindung ist es für solche Betriebe äußerst wichtig, Tätigkeiten, Einsatzzeiten, Materialien und Abläufe zu erfassen und zentral auszuwerten, eine klassische Aufgabe der Betriebsdatenerfassung (BDE). Darüber hinaus wird bei Fichter aus den Daten ein Prämienlohn für die Mitarbeiter errechnet. Bis etwa 2015 wurden die relevanten Informationen auf Papier am jeweiligen Arbeitsplatz vom Mitarbeiter händisch erfasst. Den Vorteilen von Papier, dass es stromlos funktioniert, überall verfügbar ist und einen geringen Footprint im Sinn des Platzverbrauches am Arbeitsplatz aufweist, stehen jedoch mehrere Nachteile gegenüber. Denn es wird Arbeitszeit zum Notieren und späterem elektronischen Erfassen der Informationen verbraucht, die statistischen Daten stehen erst mit Verzögerung zur Verfügung und gelegentliche Fehler beim Notieren, beim Handschrift-Erkennen und Übertragen der Informationen sind unausweichlich. Wie zu erfahren war, ist auch die Berechnung des Prämienlohns auf dieser Grundlage sehr arbeitsintensiv und fehleranfällig gewesen. Im Rahmen der generellen Diskussion um Industrie 4.0 und der Digitalisierung von Prozessen ist Herr Fichter während einer Messe an die Firma Softwork herangetreten, um ihre Anforderungen in Hinblick auf Kalkulation, Zeiterfassung, BDE und Berechnung des Prämienlohns mit der Firma zu diskutieren. Der Wunsch und damit Vorgabe: Aufbereitung und Auswertung der Daten solle durch moderne Technologie einfacher, sicherer und transparenter werden. Prinzipiell verbarg sich dahinter das An- und Abstempeln eines Fertigungsauftrags und die Zeitmessung. Wird gleichzeitig noch die erforderliche Menge bzw. Stückzahl erfasst, erhält man eine präzise Aussage über den Zeitaufwand zur Erstellung eines Produktes. Um die Aufgabe in der Software abbilden zu können, hat sich Ottmar Schreck, CEO von Softwork, als Projektbetreuer intensiv mit den Fragestellungen seitens Herr Fichter und den Vorgehensweisen im Unternehmen beschäftigt.

Der Weg zur Lösung

Der Software-Dienstleister hat sich jedoch nicht nur mit dieser Aufgabe befasst, sondern will insgesamt adäquate Lösungen aus Software und Hardware für mittelständische Produktionsbetriebe etablieren. Das Fertigungsunternehmen Fichter gilt dabei als exemplarisch. Die Einflussfaktoren sind einfache Erlern- und Bedienbarkeit für Mitarbeiter, die nicht IT-erfahren sind, sowie eine gute Schutzklasse für die Hardware, ohne gleich Reinraumbedingungen erfüllt zu müssen. Es soll die Möglichkeit der Erweiterung über Barcode-Handscanner und RFID gegeben sein und eine Leistungsklasse, die auch für zukünftige Aufgaben gerüstet ist.

Die Betriebsdatenerfassung Visiotime mit Touchbedienung und Kacheloptik (Bild: Softwork GmbH und Co. KG)
Die Betriebsdatenerfassung Visiotime mit Touchbedienung und Kacheloptik (Bild: Softwork GmbH und Co. KG)

Einfach und preisbewusst

Das Credo des IT-Dienstleisters ist, dass Soft- und Hardware im Produktionsumfeld einfach und sicher laufen muss. Darüber hinaus sollte das Ganze zu einem Preis entstehen, der es ermöglicht, die Investition schnell zu amortisieren. Mit dem eigenen Visiotime-Modul stand Softwork bereits die geeignete Basissoftware zur Verfügung. Darin lassen sich Oberflächen per Touch in Metro-Style- oder in Kacheloptik bedienen. Die Software erlaubt es, die Prozessschritte mit Materialbuchung per Barcode-Scanner, Beginn- und Ende-Zeiten, Auftrag, Einzel- und Gesamtstückzahlen, Teilmengen-Meldung und auch eventuell Rüstzeiten zu erfassen. Bei Fichter wurden zusätzlich Besonderheiten wie Schichtbetrieb, Gruppenüberwachung eines Mitarbeiters von mehreren Maschinen und der Anschluss einer Maschinendatenerfassung (MDE) von Werma in die Software integriert. Ein Problem ergab sich allerdings daraus, dass die ursprünglich von Softwork ins Auge gefassten Bedienterminals zwar sogar für Reinräume geeignet waren, aber zwischen der Berührung des Touchpanels und der erkennbaren Dateneingabe zeitverzögert reagierten. Das verunsicherte die Mitarbeiter in der Produktion, die den Button dann häufig erneut betätigten. Das führte systemlogisch zu Fehlern. Hinzu kam, dass die Panels aufgrund der Reinraum-Auslegung quasi überdimensioniert und folglich hochpreisig waren. Zuverlässige und schnelle Funktion sowie Reaktion auf Eingaben und Bedienbarkeit mit Handschuhen – auch bei etwas verschmutzter Umgebung – musste im Projekt daher als weiteres Kriterium definiert werden. Da bereits ein Kontakt zum Hardware-Ausrüster ICO bestand, wurden die Wünsche für diese Lösung dorthin kommuniziert. Dessen Spezialisten schlugen vor, Touch-Systeme der Senor-Produktlinie einzusetzen, deren resistive Touchdisplays auch mit Arbeitshandschuhen oder schmutzigen Händen zu bedienen und die mit Schutzklasse IP54 passend für Produktionsumgebungen gerüstet sind. Als kompaktes, lüfterloses System mit 15-Zoll-Display benötigt es wenig Platz und ist mit einem staubdichten Gehäuse ausgestattet. Es basiert auf einem Intel-Celeron-Dual-Core-Prozessor, stellt bis 8GB Arbeitsspeicher und 64GB SSD-Speicher unter Windows 7 oder WIndows 10 bereit. Die Anbindung an den Server erfolgt per Gigabit-Lan. Peripherie-Anbindung z.B. für Handscanner erfolgt über vier USB2.0-Schnittstellen. Zusätzlich stehen zwei RS232-Ports zur Verfügung. Durch eine Teststellung der Systeme bei Softwork konnte die Funktionsfähigkeit, die Haptik und die Nutzbarkeit der Geräte den Anforderungen entsprechend geprüft und bewertet werden. Insbesondere die Zuverlässigkeit, die Erweiterungsmöglichkeiten, das Preis-Leistungsverhältnis und die schnelle Lieferfähigkeit für Geräte und Module sprachen für die Lösung, so dass nach dem Probebetrieb die Entscheidung fiel, bei zukünftigen Projekten weiterhin Technik von ICO zu beziehen. Ein weiteres Argument für diese Entscheidung waren auch die lange Verfügbarkeit der verwendeten Bauteile, um einen baugleichen Nachkauf oder Zugriff auf Ersatzteile zu ermöglichen. Da diese Systeme in der Regel gelagert werden, sind sie bei Bedarf sofort auslieferbar. Hinzu kommt, dass beim Einsatz von RFID-Chips und -Lesern deren Abstimmung wichtig ist, da nicht alle wirklich miteinander kompatibel sind. ICO testet diese Bausteine im eigenen Labor, um dem Verwender harmonierende Komponenten zu liefern. In der hauseigenen Fertigung wird nach dem bewährten DIN EN ISO9001:2015 Qualitätsmanagement-System assembliert.

Senor-System auf Standfuß mit Handscanner und Visiotime (Bild: Softwork GmbH und Co. KG)
Senor-System auf Standfuß mit Handscanner und Visiotime (Bild: Softwork GmbH und Co. KG)

Bewährung im Einsatz

Die betroffenen Arbeitsplätze bei Fichter wurden mit den Senor-Touchsystemen auf Wandhalterung oder einem Standfuß ausgerüstet, so liegt der Platzbedarf am Arbeitsplatz nur wenig höher als beim Papierformular. Nach Einführung und nun mehr als zwei Jahren Nutzung ist die Bilanz des Systems sehr überzeugend. Die Basisdaten für die Nachkalkulation der Stück- und Zeitaufwendungen (Stückkosten/Stücklohn) sind auf einfache Art und Weise vorhanden und können per Knopfdruck ausgewertet werden. Ebenfalls wird per Knopfdruck am Ende des Monats die jeweilige Prämienlohn-Abrechnung erstellt, was zuvor richtig hohen Zeitaufwand verlangte. Eine weitere nützliche Auswertung aus den erfassten Daten ist der sogenannte Leistungsgrad als Prozent-Faktor. Diese Differenz aus Soll- und Ist-Vorgaben wird dann für zukünftige Kalkulationen und auch zur Terminplanung herangezogen. Die Mitarbeiter schätzen den Umgang mit den Systemen, weil die Lernzeit, oder besser das Umdenken von Papier zu IT in der Einführungsphase sehr kurz und einfach war und sie bei ihrer täglichen Arbeit deutlich entlastet werden. Der Unternehmenslenker Fichter ist von der Lösung ebenfalls überzeugt und so wird aktuell geplant, die Plantafel zu erweitern und eine 100-prozentige Nachkalkulation umzusetzen.