Der Stahlbauer Tillmann Profil GmbH muss immer höheren Erwartungen an Lieferzeit und Termintreue erfüllen. Mit einer digitalen Maschinen- und Betriebsdatenerfassung sorgt das Unternehmen für schlanke, sichere und transparente Abläufe im Werk. Diese Fertigung ohne Zettelwirtschaft ist eine gute Grundlage, auch in Zeiten der ‚Amazonifikation‘ Kunden langfristig an sich zu binden.
Bild: Proxia Software AG
Die Tillmann Profil GmbH aus Sundern im Hochsauerland beschäftigt rund 200 Mitarbeiter und stellt Profile aus Stahl her, und zwar in Materialstärken von 0,3 bis sieben Millimetern. Das Unternehmen produziert unter anderem Schienen, auf denen die Sitze in Nutzfahrzeugen montiert werden, oder Verkleidungen für die Stromschienen von U-Bahngleisen. Obwohl der Automotive-Sektor mit rund 15 Prozent zu den wichtigeren Kundensegmenten gehört, sind andere Branchen ebenso bedeutend: Darunter finden sich unter anderem die Solarindustrie, der Regal- und Anlagenbau, die Befestigungstechnik, die Bauindustrie und das Transportwesen.
Liefertermine sind kritisch
Bei der Vielzahl von Kunden und ihren ganz unterschiedlichen Anforderungen ist es kein Wunder, dass der Betrieb eine breite Palette von Materialien verarbeitet. Zwölf Profilieranlagen, mit denen das Vormaterial zu Profilen umgeformt wird, stehen in den Hallen des Metallverarbeiters. Dazu kommen Fräs- und Drehmaschinen, Pressen sowie Anlagen für das Laserschweißen für die Vor- und Nachbearbeitung. Der hohe Fertigungsbreite und -tiefe der Firma ist den unterschiedlichen Anforderungen ihres heterogenen Kundenkreises geschuldet. Zu diesen Anforderungen gehört besonders die Liefertermintreue, wie Fertigungsplaner Denis Magné betont: „Früher konnten Kunden mit einem Liefertermin in acht Wochen leben. Im privaten Umfeld werden Kunden jedoch von Amazon und Co. mit Overnight-Lieferterminen konditioniert. Diese ‚Heute bestellt – Morgen geliefert‘-Philosophie schlägt sich heute bis in unsere Branche durch. Durch diese ‚Amazonifikation‘ sind wir permanent unter Druck, besonders was die Liefertermine betrifft.“ Der erste Versuch, einen besseren Einblick in die Fertigungsrealität zu erhalten, mutet archaisch an, wurde und wird jedoch noch in vielen Betrieben so praktiziert: Mitarbeiter hielten den aktuellen Stand der Maschinen auf vorgedruckten Papierformularen fest. „Außerdem“, berichtet Denis Magné, „sind stets Mitarbeiter der Arbeitsvorbereitung durch die Hallen gelaufen und haben geschaut, welchen Status die Maschinen haben.“ Darüber hinaus mussten die Meldungen vom Papier in ein EDV-System übernommen werden, um im gesamten Unternehmen verfügbar zu sein – eine personalbindende Tätigkeit, ein immenser Aufwand mit großem Zeitverzug, von Echtzeit-Daten ganz zu schweigen.
Bereits um die Jahrtausendwende startete die Tillmann Profil GmbH den Versuch, die Transparenz in der Produktion zu erhöhen, Störungen schneller aufzuspüren und zu beheben und damit die Produktivität voranzubringen. Sie führte eine Software zur Erfassung von Maschinenzuständen und Betriebsdaten ein. Das war zwar ein großer Schritt in Richtung Produktionsautomatisierung, doch das Personal war mit dem System schlichtweg überfordert. Die Eingabeoberfläche war zu komplex, so gab es zum Beispiel über 300 verschiedene Statusmeldungen. Das System war zu statisch, zu unflexibel in seiner Konfiguration der Oberflächen. Fehleingaben und daraus resultierende verfälschte Daten und Kennzahlen waren die Folge. Das System wurde nicht angenommen, man kehrte wieder zur alten Formularmethode zurück. Der zweite Anlauf, ein MES einzuführen, kam im Jahr 2010. Die Projektleitung stand nun unter besonderem Druck, eine tragfähige Lösung zu implementieren, die Mitarbeiterakzeptanz war dabei das entscheidende Kriterium für den Projekterfolg. Neben der Maschinendatenerfassung (MDE), die Informationen von den Maschinen automatisch abgreift und verarbeitet, ging es vor allem um die Erfassung von Betriebsdaten und Personalzeiten. Hier ist eine aktive Dateneingabe durch die Mitarbeiter gefragt, die Softwarebedienoberfläche muss so anwenderfreundlich wie möglich gestaltet sein. Bei der erneuten Ausschreibung erhielt die Proxia Software AG den Zuschlag, vor allem weil die Oberfläche ihrer MDE- und BDE-Module einfach gestaltet waren. Die Konfigurationsmöglichkeiten sowie der erweiterbare Aufbau der Softwaremodule waren weitere Faktoren für den Zuschlag. Das Einführungskonzept hatte Erfolg: Nach einer kurzen Test- und Optimierungsphase mit den Key-Usern bei Tillmann wurde das Proxia MDE/BDE-System in einem Einführungsworkshop der Belegschaft präsentiert und anschließend reibungslos in der kompletten Fertigung implementiert.
Bild: Proxia Software AG
Kennzahlen auf Knopfdruck
Die Datenkommunikation der MES-Anwendung erfolgt bidirektional mit dem ERP-System, die der Softwarehersteller im Rahmen des Projektes eingerichtet hat. Über das ERP-System wird derzeit auch die Personalzeiterfassung abgebildet. Mittelfristig wird aber angestrebt, diese ebenfalls durch eine Lösung des MES-Anbieters zu ersetzen. Insgesamt sind 13 Maschinen und Anlagen mittels MDE an das MES angebunden. Dies geschieht nicht über ein zusätzliches Hardwaremodul, sondern läuft softwareseitig direkt und nativ. Mit den Maschinen wird über eine Datenbankschnittstelle kommuniziert. Aktuell plant Tillmann, mit neuen Maschinenanbindungen Schritt für Schritt auf den Industriestandard OPC UA umzusteigen. Ergänzt werden die 13 Maschinen mit MDE-Anbindung um rund 40 BDE-Arbeitsplätze. Während das alte System mit rund 300 verschiedenen Statusmeldungen die Mitarbeiter überfordert hatte, zeigt die neue Betriebsdatenerfassung ausschließlich die relevanten Status als Rückmeldung an. Die Schichtleitung bei Tillmann ist mit Tablet-PCs ausgestattet, auf denen das Monitoring-Tool Proxia-Manager installiert ist. Diese Applikationsplattform bietet Informationen wie ein Online-Monitoring, einen Zeitstrahl oder den Maschinenstatus aus der MES-Modulen. Damit behalten die Anwender Übersicht über den Status in der Fertigung und können bei ihren Rundgängen durch die Hallen schnell reagieren, zum Beispiel Personal von einer Maschine abziehen zu einer anderen zuweisen. Besonders das mobile Monitoring hilft dem Unternehmen, unproduktive Zeiten zu vermeiden, wie Denis Magné berichtet: „Wenn die Schichtleitung mit seinem Tablet durch die Fertigung geht, sieht er sofort die Schwachstellen oder Engpässe und kann auf der Stelle entsprechenden Maßnahmen einleiten.“ Im System ist zu sehen, wenn eine Maschine steht und woran es liegt. Auch die Werker sind in die Digitalisierung der Produktion eingebunden, denn in den Fertigungshallen stellen große TV-Monitore Produktionsdaten dar.
Denis Magné fasst den Nutzen der neuen Lösung zusammen: „Proxia liefert nicht nur „nackte“ Daten aus der Produktion, es wandelt diese Daten in verwertbare Informationen sowie Kennzahlen um und visualisiert diese in entsprechenden Reports, die wiederum als Grundlage für betriebswirtschaftliche Entscheidungen dienen. Wir bauen uns mit all diesen Daten auch eine Art IT-Produktionsgedächtnis auf, mit dem wir Daten erfassen, speichern, visualisieren und auswerten. So lernen wir aus unseren Erfahrungen.“ Seit 2010 ist die Proxia-Lösung im Einsatz. Mit ihrer Hilfe lassen sich die Parameter der Maschinen bestmöglich anpassen. Darüber hinaus machen die Informationen der Proxia MDE/BDE eine genaue Nachkalkulation erst möglich. Das heißt das Unternehmen kalkuliert nun aufgrund gesicherter Daten Material, Mitarbeiter und Maschineneinsatz exakt. Auch dies hat einen erheblichen Produktivitätsschub bewirkt. Aufgrund der mit dem System erzielten Erfolge plant das Fertigungsunternehmen, das MES um eine Personalzeiterfassung zu erweitern. Als weiteres strategisches Ziel ist ein Ausrollen des MES in der gesamten Tillmann-Gruppe anvisiert.
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