Investitionssichere Software-Integration

Vor dem MES-Rollout den ROI berechnen

Will ein Unternehmen in ein Manufacturing Execution System (MES) investieren, sollte es Kosten und Nutzen beziffern können. Der Ansatz einer ROI-Berechnung kann Klarheit schaffen, indem er Einsparpotenziale neben die Kosten für Anschaffung und Betrieb stellt. Folgendes Beispiel illustriert, wie so eine Rechnung aussehen kann.

Im Beispiel ist der ROI etwa acht Monate nach dem dem Go-live erreicht. (Bild: WSW Software GmbH)
Im Beispiel ist der ROI etwa acht Monate nach dem dem Go-live erreicht. (Bild: WSW Software GmbH)

Es ist nicht trivial, den Nutzen eines MES in Zahlen zu fassen. Aber es ist machbar. Prinzipiell sollte der gesamte Produktionsprozess detailliert betrachtet werden – bis zum einzelnen Handgriff des Werkers. Wo lässt sich etwas verbessern, welche manuellen Tätigkeiten lassen sich automatisieren, wo entstehen Bottlenecks und vieles mehr? Je genauer die Antworten ausfallen, desto genauere Aussagen können Unternehmen über das Einsparpotenzial treffen. Erfahrungsgemäß liegt das größte Potenzial in der Verringerung von Ausschüssen, NOK-Parts, Stillstandszeiten und manuellen Tätigkeiten.

Ausschüsse/NOK-Parts

Fehlerhafte Produkte oder Teile verursachen Kosten. Entweder, weil Zeit vergeht, bis sie aus der Produktion genommen werden, oder weil nachfolgende Arbeitsstationen stillstehen müssen. Wenn ein fehlerbehaftetes Produkt dennoch verkauft wurde, können Kosten für Gewährleistung bis hin zu Rückrufaktionen entstehen. Moderne MES übermitteln Qualitätskontrollinformationen in Echtzeit, um Ausschüsse und NOK-Parts früh aufzuspüren und auszuschleusen. Auch Abfälle, zu hohe Bestände, Nacharbeiten oder Stillstandszeiten können oft reduziert werden. Zur Berechnung des Einsparpotenzials sollten Unternehmen folgende Fragen beantworten:

  • Wie viele Produkt-Ausschüsse und NOK-Parts entstehen?
  • Wann im Produktionsprozess werden sie erkannt?
  • Wie lange standen Arbeitsstationen deswegen still?
  • Wie lange dauern die Nacharbeiten bei NOK-Parts?

BDE-/MDE-Tätigkeiten

Das Erfassen, Analysieren, Auswerten und Speichern von Betriebs- und Maschinendaten sind unabdingbare Disziplinen zur Produktionsoptimierung sowie Rückverfolgbarkeit von Produkten und Prozessen. Häufig sind zur Erfassung und Auswertung BDE-Systeme im Einsatz und lösen bereits einige manuelle Tätigkeiten ab. Aber einige BDE-Systeme erfassen nicht, mit welchen Maschinen und Werkzeugen ein Produkt hergestellt bzw. welches Material dafür verwendet wurde. Diese Informationen sind wichtig, um das Produktionsgeschehen komplett zu verstehen – was vor allem die Produktionsleitung interessiert. Oft werden daher fehlende Daten händisch ermittelt und in Tabellen verarbeitet. Das kostet Zeit und ist fehleranfällig. Neben vielen anderen Funktionen ermittelt und verarbeitet ein modernes MES Betriebs- und Maschinendaten in Echtzeit und kommuniziert direkt mit der Maschine/Anlage. Auswertungen sind per Mausklick möglich. Zur Ermittlung des Einsparpotenzials sollten sich Hersteller mit folgenden Fragen beschäftigen:

  • Welche BDE-/MDE-Daten werden manuell erfasst?
  • Wie lange dauern die handschriftlichen Erfassungen?
  • Welche Fehler resultieren daraus und wieviel kosten diese?
  • Wie viele Auswertungen und Reports müssen erstellt werden und wie viel Zeit nimmt das in Anspruch?

Kosten eines MES

Die Anschaffungskosten eines MES lassen sich grob in Software-Lizenzen, Beratung/Dienstleistung und Hardware einteilen. Die größten Kostenblöcke im jährlichen Betrieb sind der Support und die Wartung. Die Höhe der Kosten hängt stark von folgenden Faktoren ab:

  • Wie hoch ist die Anzahl der auszustattenden Arbeitsstationen und der anzubindenden Maschinen und Anlagen?
  • Bestehen entsprechende Schnittstellen oder müssen Maschinen und Anlagen aufgerüstet werden?
  • Läuft der Betrieb On-Premises, in der Cloud oder als SaaS oder in Mischformen?
  • Wie hoch fallen interne Personalkosten aus, etwa für die Systembetreuung?

Das Praxisbeispiel

Ein Hersteller von Instrumenten-Panels stellt täglich 1.500 Produkte her, die 20 Arbeitsstationen durchlaufen. Die Lohnkosten für die Werker betragen 15 Euro/Std.; die der Schichtleitung 30 Euro/Std. Die Herstellkosten belaufen sich auf 15 Euro; die Marge auf 10 Euro pro Produkt. 5 Prozent NOK-Parts und 3 Prozent Ausschuss werden pro Tag identifiziert. Für die Prüfung eines Produkts auf OK/NOK benötigen die Werker an einer Station 3 Sekunden; für die Markierung eines NOK-Parts 10 Sekunden und für Nacharbeiten bei einem NOK-Part 5 Minuten. Die Schichtleitung benötigt für die Datenbearbeitung (Rückmeldedaten der Stationen prüfen, Daten konsolidieren, Reportings, Bestandskorrekturen etc.) 90 Minuten pro Tag. Für die Durchführung der Inventur sind 2 Mitarbeitende je 180 Minuten in der Woche beschäftigt. Für die Anschaffung des MES als On-Premises-Lösung fallen folgende Kosten an: 25.000 Euro für Lizenzen, 25.000 Euro für Maschinenanbindung, 100.000 Euro für Dienstleistungen, 50.000 Euro für Hardware. Die jährlichen ­Betriebskosten für Support und Wartung betragen 18.000 Euro.

Die Annahmen

Der Hersteller steigert mit dem MES seinen Durchsatz um 5 Prozent. Die Ausschüsse und NOK-Parts können um je 40 Prozent reduziert werden. Das MES wird als On-Premises-Lösung an allen Arbeitsstationen eingeführt. Diese Annahmen basieren auf einem realen Fall und sie traten auch ein.

ROI nach acht Monaten

Mit dem MES erhöht der Hersteller seinen täglichen Durchsatz auf 1.575 Produkte und damit seine jährliche Marge um 157.000 Euro. Seine Ausschüsse werden um ca. 56.000 Euro reduziert und er spart ca. 96.000 Euro an Personalkosten. Das ergibt eine Einsparsumme von ca. 310.000 Euro. Dem Gegenüber stehen die einmaligen Anschaffungskosten in Höhe von 200.000 Euro und die jährlichen Betriebskosten in Höhe von 18.000 Euro. Der ROI wurde nach ca. 8 Monaten ab dem Go-live erreicht.

Spartipps vor dem Startschuss

Hersteller müssen sich vor der Systemauswahl die Frage stellen, was ihr MES langfristig leisten soll. Wer früh ein genaues Zielbild entwickelt, kann auf die Kosten für den MES-Betrieb einwirken. So sollte das System zur IT-Strategie passen, um nicht zuviele weitere Investitionen zu erfordern. Es muss kompatibel und in beide Richtungen der Automatisierungspyramide anbindbar sein. Das MES sollte zudem leicht erlern- und bedienbar sein. Mit einem Low-Code-Werkzeug etwa können Fachanwenderinnen und -anwender Prozess- und Produktionsparameter selbst konfigurieren. Ein erheblicher Kostenblock ist die Hardware, der beim Griff zu einer webbasierten Anwendung deutlich schmaler ausfällt. Außerdem muss nicht immer gleich der gesamte Shopfloor mit MES-Funktionalitäten ausgestattet werden. Ein sukzessiver Ausbau erlaubt genauere Kostenkontrolle, vorausgesetzt das ME-System unterstützt diese Skalierung. Last but not least lassen sich auch bei der Implementierung Zeit und Kosten sparen, wenn statt der klassischen eine agile Projektmethodik gewählt wird. Beim agilen Vorgehen fallen viele Irrtümer früher auf, was die Kosten von Fehlerkorrekturen deutlich reduzieren kann.







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