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Systemintegration im Brownfield

Heterogene Logistiksysteme steuern

Eine End-to-End-Prozessgestaltung schließt auch die Intralogistik ein. Doch geschieht das in den meisten Fällen nicht über Nacht, sondern über eine schrittweise Integration verschiedener Systeme und dazu passender Abläufe. Zentrale Steuerungswerkzeuge helfen, die wachsende Gerätelandschaft zu orchestrieren.

Bild: ©WavebreakmediaMicro/stock.adobe.com

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Um dem Effizienz- und Kostendruck zu begegnen, arbeiten Unternehmen laufend an ihren Material- und Warenflüssen. Diese sollen für optimal genutzte Lagerflächen sorgen, für transparente Bestände sowie für höheres Tempo und stabile Verfügbarkeit. Ab einem gewissen Niveau geht das kaum ohne Automatisierung. Doch diese Systeme sind kostspielig, das interne Wissen lässt sich nur langsam aufbauen und die Einführung darf das laufende Geschäft nicht stören. Insbesondere für mittelständischen Unternehmen sind das hohe Hürden, zumal die technischen Systeme schnell weiterentwickelt werden: So galten flurgebundene und fahrerlose Transportfahrzeuge (AGV, engl. Automated Guided Vehicle) noch vor Kurzem als Speerspitze der Automatisierung. AGV orientieren sich über im Einsatzbereich aufgestellte Transponder, um innerhalb der Zonen den schnellsten Weg von einem Punkt im Lager zum nächsten zu finden. Inzwischen ist noch weiter entwickelte Logistik-Hardware erhältlich: Autonome Mobile Roboter (AMR) lassen sich deutlich flexibler einsetzen als AGV. Sie benötigen keine Transponder, sondern navigieren über eine integrierte, aktualisierbare Karten-Software. In Verbindung mit ihren zahlreichen Sensoren sind sie in der Lage, sich frei in Lagerhallen zu bewegen, unerwartete Hindernisse zu umfahren oder sich sogar auf unbekanntem Terrain zu bewegen.

Keine Allrounder in Sicht

Der rasche Fortschritt führt zu einem sehr kleinteiligen Markt für Automatisierungs- und Robotiksysteme. Allein im Segment professioneller Service-Robotik ringen rund 300 Anbieter mit teils ungewöhnliche Einsatzszenarien um Kunden, wie den Informationen der International Federation of Robotics zu entnehmen ist. Hinzu kommen Hersteller von digitalgestützten und vernetzten Staplern und Hersteller von AGV- und AMR-Systeme für das automatisierte Warenlager. Echte Allrounder oder flexibel einsetzbare Maschinen sind eher selten. Spezialisten prägen den Markt: Hebe- und Transporteinheiten oder Cobots und anderes Gerät, das einige eng umrissene Tätigkeiten erledigen kann. So gibt es autonome Roboter, die hervorragend Gitterboxen transportieren können – aber an jeder Europalette scheitern.

Unerreichte Effizienz

Aktuell erreicht kaum ein autonomes Fahrzeug oder Roboter die Effizienz, Vielseitigkeit und situative Kreativität von menschengeführten Flurförderfahrzeugen und geschulten Staplerfahrern. Zumal häufig buchstäblich noch das Spielfeld bereitet werden muss: Wer AMR im eigenen Lager testet, merkt schnell, wie manche Versorgungsbereiche schlecht befahrbar sind, und dass viele der mobilen Roboter einen planeren Untergrund benötigen, bessere Lichtverhältnisse oder weniger Luftfeuchtigkeit.

Ein komplexer Geräte-Mix

Entsprechend schaut die Hardware-Landschaft aus: Die Unternehmen verlassen sich auf einen heterogenen Mix aus Fachkräften, mechanisiertem Gerät, automatisierten Maschinen und (teil-)autonomer Technik. Diese Mischung optimal einzusetzen, ist die große Herausforderung. Es geht darum, ein System aus spezialisierten Einzelkomponenten zu schaffen.

Zentrales Steuerungssystem

Damit Transport- und Heberoboter, Aufzüge, Stapler und Drucker reibungslos zusammenarbeiten, sind Vernetzungs- und Steuerungstechnologien erforderlich. Im Normalfall verfügt modernes Gerät dafür zumindest über proprietäre Möglichkeiten. Aber im Lager der Zukunft müssen Komponenten verschiedener Hersteller miteinander harmonieren und abgestimmt steuerbar sein. Es braucht also eine übergeordnete Kommunikationsinfrastruktur, die auf weit verbreiteten Standards aufbaut – und robuste Funknetze. Im Zentrum könnte dann ein integriertes Leitsystem stehen, das unterschiedliche Geräte verwalten, lokalisieren und steuern kann. Darin lassen sich auch Prozessschritte digital beschreiben, ebenso wie die Güter, die gelagert und bewegt werden. In der SAP-Software für solche Aufgaben ist das beispielsweise so gelöst, dass die digital abgebildeten Logistikprozesse mit ihren wirtschaftlichen Auswirkungen verknüpft und auswertbar sind. Dieses Konzept umschließt theoretisch sämtliche Logistikbereiche und kann auch neue Facetten des Geschäfts miteinbeziehen. Wird künftig ein AMR bei der Müllentsorgung aktiv, lassen sich anfallende Müllarten systemseitig definieren. Das System behandelt Reststoffe als Wertstoffe und kann ihre Trennung, ihr Volumen und ihr Gewicht revisionssicher dokumentieren und bewerten.

Regeln schaffen Sicherheit

Für die Effizienz einer heterogen gewachsenen Gerätelandschaft in der Intralogistik ist es entscheidend, die Abläufe, übergeordneten Logistikprozesse und Güter detailliert zu definieren – inklusive der relevanten Stammdaten im System. Daraus ergeben sich für das Unternehmen zahlreiche Steuerungsmöglichkeiten der beteiligten Komponenten. So könnte ein AMR seine Routen grundsätzlich allein festlegen. Welche Aufgaben er wann und wo erledigt und wie er mit anderen Geräten kooperiert, lässt sich strategisch definieren und koordinieren. Das digitale Gesamtsystem liefert alle notwendigen Vorgaben, um neue autonome Komponenten einzubinden. Wobei in der SAP-Software stets die Zuständigkeiten definiert werden. Eine Frage dabei könnte sein, ob ein AMR eher ein Fahrzeug ist, das vom Fuhrparkmanagement betreut wird oder ob es als Teil der IT verstanden wird. Wer darf Transportaufträge vergeben, wer ist für die Wartung oder Problemlösung zuständig? Systemseitige Zuordnungen schaffen Klarheit im operativen Geschäft. Um ein solches System inklusive Roboteranbindung zu integrieren, sind nach einigen Anpassungen selbst viele ältere SAP-Systeme in der Lage. Oft ist also kein großes IT-Update notwendig, um Roboter als neue Kollegen zu begrüßen.


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