Systemauswahl

Welches MES passt zum Werk?

Mit einem Manufacturing Execution System lassen sich zahlreiche Prozesse auf Produktionsebene digitalisieren. Doch bevor es an die Implementierung geht, muss eine Lösung gefunden werden, die genau zur eigenen Fertigung passt.

MES
Bild: IT-Motive AG

Vor der Auswahl einer produktionsnahen Software sollte der Digitalisierungsgrad im Unternehmen bestimmt werden und die Systemlandschaft, in die das MES eingebunden werden soll. Daneben gilt es zu verstehen, dass ein MES stets im Kontext mit zwei weiteren strategischen IT-Lösungen beziehungsweise Prozesslösungen zu sehen ist, nämlich dem ERP-System und dem Product-Lifecycle-Management-System (PLM). Während die Ressourcenplanung häufig in einer monolithischen Systemlösung wie SAP ERP erfolgt, kann man beim Product-Lifecycle-Management davon ausgehen, dass die Abläufe häufig über mehrere Systeme hinweg abgebildet werden, daher ist dies auch als Prozesslösung zu verstehen. In dieses Gefüge sollte das MES der Wahl flexibel einzubetten sein. Je nach Systemarchitektur und Prozessen können die Grenzen zwischen diesen drei System unterschiedlich sein.

Grenzen individuell setzen

Ist der Digitalisierungsgrad bestimmt und die Systemwelt konzipiert, gilt es die zu digitalisierenden Prozesse etwa in Produktion und Qualitätsssicherung genau zu erfassen und zu beschreiben. Hier spielt die Ausprägung der eigenen Produktionsprozesse eine bedeutende Rolle. Daneben sind die Schnittstellen der anzubindenden Maschinen, Messmittel und Systeme zu analysieren und zu definieren. Diese Fragestellungen sind sehr umfassend, und gehen über das Tätigkeitsfeld einer klassischen Unternehmens-IT weit hinaus. Daher kann die IT zwar als Mentor zur Seite stehen, sollte das Projekt aber nicht leiten. Das sollte bereits bei der Auswahl der Lösung die Unternehmens- oder Werksleitung direkt oder eine entsprechende Vertretung übernehmen.

Checklisten aus dem Netz

Nach diesen Vorbereitungen kann die Auswahl der MES beginnen. Ein Hilfsmittel hierfür können die auf der Webseite des MES DACH Verbandes e.V. angebotenen Checklisten sein. Diese erlauben eine erste Eingrenzung der Anbieter. Auf dieser Basis können einige MES-Anbietern kontaktiert werden. Aus dieser ersten Kurzanfrage sollte hervorgehen, ob die Lösung des Anbieters für die abzudeckenden Prozesse geeignet ist. Mit den übrig gebliebenen Anbietern kann man in den Ausschreibungsprozess gehen. Die Ausschreibungsunterlagen sollten eine genaue Spezifikation der Anforderungen enthalten, die im ersten Projektschritt entwickelt wurden. Daneben empfiehlt es sich, folgende Fragestellungen zu adressieren:

  • Anbieterinformationen wie Umsatz, Unternehmensgröße, Standorte, Mittelstandsorientierung oder Internationalität
  • Branchenerfahrung, Referenzen, Kundenstruktur und so weiter
  • Lizenzpolitik und Lizensierungssystematik, auch über den angefragten Umfang hinaus
  • Implementierungsvorgehen
  • Qualitätssicherung beim MES-Anbieter

Aus systemtechnischer Sicht gibt es weiteres zu klären:

  • Architektur der Lösung: zentral oder dezentral (wichtig bei mehreren Werken)
  • Server- und Datenbankplattform
  • Schnittstellen etwa zu ERP- und PLM-Systemen, zu Maschinen und Messmitteln
  • Unterstützte Endgeräte wie PC, Tablet, Smartphone und Scanner
  • Massendatenverarbeitung für Analytics- und Big Data-Aufgaben

Da die Entscheidung für eine komplexe Softwarelösung wie ein MES häufig eine Entscheidung ohne Umkehr ist, sollte man überlegen, ob ein kleiner Prototyp mit dem Partner der Wahl implementiert wird. Über die Aufteilung der Kosten können sich Kunde und Anbieter sicher leicht einigen. Sollte man aber feststellen, dass die präferierte Lösung doch nicht passt, hält sich der Schaden deutlich in Grenzen. Ist die finale Entscheidung zu Gunsten eines Anbieters getroffen worden, so beginnt das eigentliche MES-Implementierungsprojekt. Dies kann je nach Unternehmensgröße mehrere Monate bis zu mehreren Jahren dauern.