Viele Fertigungsunternehmen planen ihre Produktion mit PPS- oder APS-Software. Doch nicht jede Methode liefert gleich gute Ergebnisse. Vielversprechend ist der Ansatz, Aufträge nach Prioritäten einzuplanen. So kann im Extremfall verhindert werden, dass die Planungslösung eine minutenlange Störung zu einer wochenlangen Terminverschiebung eskaliert.
Viele Unternehmen setzen bereits auf eine Software zur Produktionsplanung. Das wesentliche Ziel ist dabei fast immer eine Verbesserung der Termintreue und damit eine valide Prognose über Liefertermine. Naturgemäß möchte man einerseits einen möglichst frühen Liefertermin nennen, um den Auftrag nicht zu gefährden – andererseits führt der Verzicht auf Puffer zu einer Gefährdung von Terminen. Neben diesem grundsätzlichen Dilemma, welches von der Unternehmensstrategie abhängt, gibt es jedoch auch in den verwendeten Algorithmen der eingesetzten Lösungen Fallstricke. Viele gängige Systeme planen analog zu dem Terminkalender in Outlook: Das System rechnet vom Wunschtermin rückwärts und sucht im Belegungsplan Lücken für die einzelnen Arbeitsgänge. Wenn eine Einplanung in der Vergangenheit erfolgen würde, wird auf eine Vorwärtsplanung umgestellt, die die frühesten verfügbaren Lücken belegt. Genau wie bei einer Terminvereinbarung bei Outlook führt dies zu folgenden Effekten:
Die Einplanung führt zu Lücken zwischen den Terminen.
Häufig reicht die Kapazität in Summe zwar aus, um einen Auftrag einzuplanen, aber die Lücken sind alle zu kurz, um die lange Bearbeitungszeit eines Auftrages einzuplanen.
Aufträge mit geringen Bearbeitungszeiten von wenigen Minuten lassen sich leicht einplanen. Je größer aber die notwendige Lücke ist, umso schwieriger wird die Angelegenheit.
Kurze Störung, lange Verschiebung
Im Fall einer Störung – wie sie unvermeidlich in der Produktion durch Krankheit oder Maschinenausfall entstehen können – wird der Algorithmus erneut angewandt. Dabei finden sich neue Termine häufig wesentlich später. So kann eine Verschiebung um wenige Minuten an der Maschine zu einer Änderung des Kundentermins von einigen Wochen führen – obwohl die Kapazitäten prinzipiell vorhanden sind. Dies geschieht immer dann, wenn die verfügbaren Lücken zwischen bereits verplanten Aufträgen zu kurz sind um eine längere Bearbeitungsdauer einzuplanen. So gibt es vielleicht am Montag eine Lücke über 40 Minuten, am Dienstag zwei über je 20 Minuten und am Mittwoch eine von 45 Minuten. Obwohl also insgesamt 125 Minuten freie Kapazität zur Verfügung steht, ist kein Zeitabschnitt lang genug für die Bearbeitungsdauer von einer Stunde. Somit wird die nächste längere Lücke erst sehr viel später gefunden, etwa am Freitag. Die Konsequenz besteht einerseits darin, dass die Systeme die Maschinen planerisch nicht voll auslasten und andererseits auf geringfügige Störungen mit großen Terminabweichungen reagieren.
Die farbigen Markierungen zeigen den Anteil der Kundenaufträge, die zwischen zwei Planungsläufen verschoben werden mussten. Rot= Verschiebung > 24 Stunden Gelb= Verschiebung < 24 Stunden Grün= Frühere Fertigstellung Grau= unverändert (Bild: SIM-ERP GmbH)
Prioritäten vergeben
Eine Alternative zum geschilderten Verfahren ist aus dem täglichen Leben bekannt: Statt Termine zu vereinbaren, werden Prioritäten vergeben. So ist Auftrag A wichtiger als B und dieser wiederum wichtiger als C. Wenn sich jetzt A um einige Minuten verzögert, wird niemand auf die Idee kommen, mit Auftrag C weiterzuarbeiten und Auftrag B neu und in ferner Zukunft einzuplanen. Stattdessen werden alle Termine von B und C um die Dauer der Störung verschoben. Auch wenn einzelne Störungen nicht vorhersehbar sind, haben die Unternehmen doch in der Regel eine sehr gute Datenbasis, was ihre Produktivität und die mittlere Anzahl an Störungen betrifft. Somit kann pauschal ein entsprechender Puffer eingeplant werden. Dazu muss die Kapazität auf die durchschnittliche Produktivität angepasst werden. Auf diese Weise kann die geringfügige Verschiebung von vielen Aufträgen effizient aufgefangen werden. Diese Planung auf Basis von Prioritätsregeln ist zwar bekannt, wurde bislang aber immer nur für einzelne Aufträge und nicht für mehrstufige Produktionsnetzwerke eingesetzt. Gerade im Maschinen- und Anlagenbau ist die Koordination verschiedener Komponenten jedoch eine wesentliche Herausforderung und eine Planung von Einzelaufträgen meist nicht zielführend. Eine Planung von einzelnen Aufträgen – wie sie in vielen Leitständen vorgenommen wird – führt dann oft dazu, dass einzelne Komponenten sehr früh fertig gestellt werden und anschließend im Lager warten, bis die anderen Teile gefertigt sind. Dies widerspricht nicht nur dem Just-in-Time-Gedanken und erhöht die Lagerbestände, sondern führt auch dazu, dass Aufträge liegen bleiben, die sich früher hätten bearbeiten lassen. Die Gesamtausbringung sinkt, während die Lieferzeiten steigen.
Dieses Dilemma kann dadurch gelöst werden, dass die Auftragsfreigabe die Komponenten systematisch zurückhält, die ansonsten zu früh geliefert würden. Gemeinsam mit dem Forschungsinstitut für Rationalisierung wurde auf der Konferenz ‚Advances in Production Management Systems‘ in Seoul eine Untersuchung zu den verschiedenen Planungsansätzen vorgestellt: Es wurden dazu die Planungsläufe eines mittelständischen Unternehmens von zwei aufeinanderfolgenden Tagen verglichen. Dabei wurden nur Kundenaufträge berücksichtigt, die bereits seit einiger Zeit im System waren und kundenseitig unverändert waren. Terminabweichungen zwischen den Planungsläufen konnten nur durch die Fertigung selber verursacht worden sein. Dann wurde einmal mit einer APS-Anwendung nach dem System Outlook und einmal mit einer Software nach dem Prioritäten-System geplant. Im Ergebnis verschob das klassische System jeden fünften Auftrag der nächsten 24 Stunden. Streng genommen hätte jedem fünften Kunden ein neuer Termin zugeteilt werden müssen – und zwar täglich. Das System, das nach Prioritäten geplant hatte, konnte diesen Effekt auf unter fünf Prozent reduzieren, also jeden 20. Auftrag. Im Fall des untersuchten Unternehmens konnte die Termintreue im Gegensatz zur alten PPS-Software um mehr als zehn Prozent verbessert werden.
Während die Anzahl an Verschiebungen natürlich von der Unternehmensstruktur und der Zahl an Störungen abhängt, gehen die verschiedenen Planungslösungen ganz unterschiedlich mit diesen Störungen um. Oft wird bei der Auswahl entsprechender Anwendungen nur geprüft, ob die Planung rechnerisch richtig ist, also ob sie Kapazitätsgrenzen beachtet, und welche logistischen Kennzahlen sie plant. Zentral ist es jedoch, dass die ingesetzte Anwendung auch im Störfall realistische Ergebnisse abliefert und langfristig zur Termintreue beiträgt. Fertigungsbetriebe sollten einmal genau hinschauen, wie sensibel die Produktionsplanung auf geringfügige Störungen bei einzelnen Aufträgen reagiert.
Ernst-August Stehr ist Geschäftsführer der SIM-ERP GmbH.
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