Der große Vorteil eines Manufacturing-Execution-Systems ist es, aktuelle Kennzahlen zum Produktionsgeschehen IT-gestützt ermitteln zu können. Wenn in der Produktion viele Maschinen ihren Dienst verrichten, ist die sogenannte Gesamtanlageneffektivität (GAE) beziehungsweise die Overall Equipment Effectiveness (OEE) von Bedeutung. Diese Kennzahl setzt sich im Wesentlichen aus drei Komponenten zusammen: Nutzungs-, Leistungs- und Qualitätsfaktor.
Bild: Trovarit AG-
Ausgehend von einer theoretisch zur Verfügung stehenden Gesamtproduktionszeit werden mit den Nutzungs-, Leistungs- und Qualitätsfaktoren die unterschiedlichen Verluste an der theoretisch erzielbaren Gesamtproduktionsmenge pro Zeiteinheit ermittelt und dadurch die tatsächlich erreichte Effektivität des Produktionssystems beschrieben. Ein Blick auf diese Komponenten der OEE ermöglicht eine Anleitung für einige praktische Überlegungen zur Auswahl und Einführung von ME-Systemen.
Eine Frage der Basis
Die Ausgangsgröße für die Ermittlung der OEE ist die Planbelegungszeit des Produktionssystems. Meist ausgehend von einem 24-Stunden-Tag definieren Betriebskalender, Arbeitszeit- und Schichtmodelle die theoretisch zur Verfügung stehende Gesamtproduktionszeit und dadurch die theoretisch herstellbare Gesamtproduktionsmenge pro Tag. Für die Einführung und den Betrieb eines MES ist es unerlässlich, dass diese Datengrundlage in qualitativ einwandfreier Form zur Verfügung steht. Wo diese Daten nicht aus dem übergeordneten System übertragen werden können, muss das MES diese Verwaltungsaufgabe erfüllen können. Für eine wirklich detaillierte Datengrundlage kann dies sogar die Einbeziehung einer Qualifikationsmatrix für die Personaleinsatzplanung erforderlich machen. Maschinen und Arbeitsplätze stehen eben tatsächlich nur dann zur Verfügung, wenn eine ausreichende Anzahl von Mitarbeitern der entsprechenden Qualifikation planmäßig verfügbar ist. Eine Besonderheit stellen in der Praxis solche Systeme dar, in denen die Qualifikation der Mitarbeiter zwar individuell hinterlegt wird, der Planer jedoch nur eine zusammengefasste Beurteilung der Personalsituation zum gewählten Zeitpunkt sieht. Nicht jeder Planer will sich am Beginn des Arbeitstages lange damit beschäftigen, die Mitarbeiter konkret auf ihre Arbeitsplätze verplanen zu müssen.
Der Nutzungsfaktor in der OEE reduziert die Planbelegungszeit des Produktionssystems um die Zeitanteile, in denen die Maschinen geplant nicht laufen beziehungsweise nicht gelaufen sind, beispielsweise durch Rüstzeiten: Das Ergebnis ist die effektive Fertigungszeit. In diesem Punkt ist es für die Einführung eines ME-Systems wichtig, dass verlässliche Planzeiten für die Rüstvorgänge der Maschinen zur Verfügung stehen. Gegebenenfalls müssen die relevanten Daten im Vorfeld mit einem Stammdaten-Assessment auf ihre Qualität geprüft und angepasst werden, sowie entsprechende Prozesse für die Zukunft etabliert werden. Bei der Idee einer digitalen Intelligenz werden in diesem Punkt zunehmend funktionale Anforderungen an ME-Systeme gestellt. Fehlende oder unzureichende Stammdaten könnten aus den Daten der laufenden Produktion selbst heraus gewonnen und nach bestimmten Regeln dynamisch aktualisiert werden. Auf diese Weise kann das MES über eine geeignete Verarbeitung beispielsweise Rüstzeiten eigenständig ermitteln und speichern. Eine solche Technologie vereinfacht insbesondere den Aufwand für die Verwaltung von Rüstzeitmatrizen erheblich.
Der Leistungsfaktor in der OEE reduziert die effektive Fertigungszeit um die tatsächlich gefahrene Produktionsgeschwindigkeit sowie um ungeplante Stillstände. Das Ergebnis daraus ist die Ist-Ausbringung. Dafür ist es wichtig, dass das ME-System eine leistungsstarke und zugleich praxisgerechte Betriebsdatenerfassung bereitstellt. Die manuelle Erfassung erfordert einfach zu bedienende und selbsterklärende Terminals. Häufig werden dafür auch mobile Lösungen gefordert. Von Bedeutung ist dabei eine unterbrechungsfreie Verbindung zum zentralen System sowie gegebenenfalls Technologien zur offline-Erfassung. Auch die Erfassung von Daten von Maschinensignalen oder der Sensorik in der Produktion stellt eine technologische Herausforderung an aktuelle ME-Systeme. Eine Möglichkeiten ist, Maschinen über den Kommunikationsstandard OPC UA anzubinden. Allerdings verfügt nicht jede Produktion über eine entsprechende Ausstattung. Bei Anbietern von MES-Software stellt sich dabei die Frage, wie flexibel und kompetent sie in der Anbindung weiterer spezieller Maschinensignale sind. Dieses Thema steht bei der Auswahl eines ME-Systems auch aus Kostengründen nicht selten im Zentrum. Neben der softwareseitigen Herausforderung bei den Erfassungssystemen spielt auch die Fragen der Infrastruktur eine wichtige Rolle. Sollen die ermittelten Betriebs- und Maschinendaten möglichst lückenlos sein, erfordert dies bei der Auswahl eines solchen Systems auch die Überprüfung der verfügbaren Übertragungssysteme in der Produktionsumgebung des Unternehmens. Gegebenenfalls müssen die Technologien zur Datenerfassung geprüft werden, die auch bei Ausfall der Kommunikationswege betrieben werden können. Nur wenige Anbieter von ME-Systemen bieten eine lokale Sicherheitsdatenhaltung an der Maschine an. Diese Überlegung gewinnt an zusätzlicher Bedeutung, wenn die Maschine nicht nur Datenlieferant, sondern auch Datenempfänger ist.
Der Qualitätsfaktor in der OEE reduziert schließlich die Ist-Ausbringung zur Null-Fehler-Ausbringung. Bezogen auf die produzierte Menge ist dies die Differenz zwischen Gutstückzahl und Ausschuss-Stückzahl. Bezüglich der aufgewendeten Zeit spielt zudem die Nacharbeit eine Rolle. Wird der Ausschuss maschinenseitig gezählt, müssen die entsprechenden Schwellen klar definiert sein. Dies ist jedoch nicht in jedem Produktionsprozess ohne weiteres möglich. Beispielsweise lässt sich im Kunststoffspritzguss oft nicht eindeutig bestimmen, nach welcher Einfahrmenge die Zählung der Gutstückzahl beginnen soll. Eine maschinenseitige Zählung und die entsprechende Ausschussermittlung muss im ME-System sinnvollerweise vom Bearbeiter korrigiert werden können. Wie in jedem Auswahl- und Einführungsprozess spielen die beteiligten Menschen ohnehin eine wesentliche Rolle. So stellt sich bereits zu Beginn einer Systemauswahl oder -einführung die Frage, wer innerhalb des Unternehmens für das Thema Digitalisierung verantwortlich ist. Auch ein neues ME-System mit der Möglichkeit, qualitativ hochwertige OEE-Kennzahlen zu ermitteln, ersetzt nicht den Menschen, der diesen Prozess einrichtet und den Betrieb überwacht. Insbesondere aber ist der Mensch unerlässlich für die Beantwortung der Frage, welche Kennzahlen für das Unternehmen von Bedeutung sind.
Christian Müller ist Senior Consultant im Competence Center MES der Trovarit AG.
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