Wird eine MES-Software im Werk richtig integriert, erhalten Produzenten ein wirkungsvolles Werkzeug zur Optimierung ihrer Arbeitsabläufe. Erprobte Strukturen und konsequente Zusammenarbeit helfen bei der Systemeinführung, die Projektrisiken im Griff zu halten.
Beim Überschreiten der Ist- gegenüber der Soll-Maschinenzeit in einem Vorgang meldet der Werker den Abweichungsgrund, etwa über eine Auswahlbox. (Bild: Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH)
Transparenz in der Produktion erlaubt in der Regel Folgemaßnahmen durchzuführen, die für höhere Effizienz sorgen. Manufacturing Execution Systeme treten an, für diesen Durchblick zu sorgen, auch wenn deren Einführung einige Fallstricke birgt. Der Funktionsumfang eines MES hat sich in den letzten Jahren gewandelt: Der Weg ging von oft geschlossenen Insellösungen als Werkzeug für die Produktion hin zu einem vernetzten System als Informations-Drehscheibe, in der die führenden Programme wie das ERP-System nahtlos eingebunden sind. Den größten Benefit zieht sicherlich der Produktionsbereich aus den Daten beziehungsweise den Kennzahlen. Aber auch das Effizienzsteigerungs-Potential in der Logistik und Instandhaltung ist erheblich.
Sauberer Einstieg essenziell
Am Anfang einer MES-Integration steht meist die Überlegung, welche Prozesse im Fertigungsablauf das größte Einsparpotential enthalten. So kann eine intransparente Fertigung ein höheres Einsparpotential bieten als ein Montageprozess oder der interne Materialtransport. Im nächsten Schritt legt das Team die wesentlichen Kennzahlen für den individuellen Produktionsablauf fest. So kann beispielsweise die Ist-Ausbringung im Verhältnis zur Soll-Ausbringung für einen Serienfertiger interessant sein, während der Hersteller von Einzelteilen eher auf die Maschinenlaufzeit eines Werkstücks achtet. Im Montageprozess wiederum stehen die Personalzeiten in den Verrichtungen im Vordergrund.
Controlling verankern, Streit vermeiden
Zu diesem Zeitpunkt sollten Firmen auch die Aufgaben der Controlling-Abteilung berücksichtigen. Immer wieder kommt es vor, dass der Produktionsbereich die Auftragskosten im MES anders berechnet als das Controlling auf ERP-Ebene – und damit ist der kontraproduktive Wer-hat-Recht-Streit vorprogrammiert. Bewährt hat sich zudem ein betriebsinternes Kennzahlenhandbuch. Darin wird definiert, wie sich die Kennzahlen zusammensetzen und welche Ergebnisse sich daraus ergeben sollten. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit enorm, dass abteilungsübergreifend auf der gleichen Datengrundlage argumentiert wird – ein wertvoller Faktor für den späteren Erfolg.
Mitarbeiter offen einbinden
Der Betriebsrat sollte von Beginn an über die Aktivitäten informiert sein, damit dieser das Projekt nicht bremst. Zu Recht, denn vor allem wenn es um Personalzeitdatenerfassung und -auswertungen geht, ist eine faire Betriebsvereinbarung essenziell. Es muss den Beteiligten klar sein, dass es nur um die Verbesserung der Produktivität und letztlich die damit verbundene Standortsicherung geht, und nicht um das Gängeln von Mitarbeitern.
Anhand der Kennzahlen werden Datenpunkte bestimmt: Diese referenzieren auf die Personal-, Maschinen-, Material- und Logistikdaten. So ist z.B. bei einer Darstellung der durchschnittlichen Liegezeit einer Materialmenge die Zeitscheibe zwischen zwei Bearbeitungsgängen im WIP-Prozess (Work in Process) zu erfassen. Die mit der MES-Einführung zu erwartende Transparenz hängt von den beobachteten Vorgängen ab (Monitoring). Hier ist der Grad der Aufteilung entscheidend. Ist eine Montagetätigkeit nur sehr grob gegliedert, nach dem Motto ‘Start Zusammenbau Maschine’ und ‘Ende Zusammenbau Maschine‘, kann das MES auch keine detaillierteren Informationen zu den einzelnen Vorgängen ausgeben. Nur mit einer durchdacht gewählten Vorgangsreihenfolge kann der Ablauf sinnvoll erfasst, bewertet und somit auch in Form von Kennwerten dargestellt werden. Somit gehört das Prüfen und Anpassen der Arbeitspläne zu den entscheidenden Faktoren für eine erfolgreiche MES-Einführung und -Nutzung. Die Hauptindikatoren beim Betrachten eines Vorgangs sind die Ist-Werte. Diese sind Rüstzeit, Werkerzeit, Maschinen(lauf)zeit, Stillstandzeiten sowie auf das Material bezogen Ist-Stück, Ausschuss und Nacharbeit. Laufen die Indikatoren gegenüber den Vorgaben aus dem Ruder, sollte eine Begründung dokumentiert werden. So ist beim Überschreiten der Ist- gegenüber der Soll-Maschinenzeit in einem Vorgang der Werker verpflichtet, den Abweichungsgrund zu melden, etwa über eine Auswahlbox oder Schaltfläche. So lässt sich das Problem im Shopfloor-Meeting ansprechen und wenn nötig weitererfolgen.
Strukturiert vorgehen
Die Systemeinführung oder die Ablösung eines MES geschieht in der Regel graduell. In einem ersten Schritt wird ein Prototypen-Bereich mit einer Anzahl exemplarischer Arbeitsplätze ausgewählt. Hier erfolgt eine Präeinführung der MES-Funktionen. Bei der Entscheidung, welcher Bereich für die Einführung der ersten MES-Funktionen infrage kommt, sollten die Mitarbeiterqualifikation bedacht werden, die Komplexität der Abläufe, natürlich das Verbesserungspotential und auch der Veränderungswille bei den Bereichsleitungen. Das gilt auch für die Migration eines Legacy-MES. In der Praxis bewährt hat sich die Wahl eines anspruchsvollen Produktionsablaufs: Oft ist gerade in solch einem Umfeld bei den Mitarbeitern die Bereitschaft recht groß, etwas zu verändern. Mit einer erfolgreichen Systemeinführung wird zudem ein ernstzunehmender Benchmark für die weiteren Bereiche gesetzt. Die Interaktion mit den Mitarbeitern geschieht über einfache Dialoge, die auf den Tätigkeitsumfang abgestimmt sind und auch entsprechende Informationen wie Zeichnungen für die Tätigkeit zur Verfügung stellen. Je nach Aufgabe sind die Dialoge auf fix installierten Terminals abrufbar oder der Mitarbeiter führt ein mobiles Device mit sich. Je nach Systemauslegung kann der Werker auch weitere Funktionen anwählen – wie Materialbuchungen (Anforderungen, KanBan, Serialnummernerfassung etc.) – bis hin zur Erfassung von Qualitätsdaten. Ein weiterer Punkt umfasst die Anbindung des technischen Equipments wie Maschine oder Messgeräte. Dies ist zwar keine komplexe Raketentechnik, erfordert jedoch auch ein strukturiertes Vorgehen. Ein ausgezeichnetes Vorgangsmodell ist, die Geräte in Blackfield (keine Steuerung vorhanden), Brownfield (alte Steuerung vorhanden) und Greenfield (Steuerung mit Schnittstelle) zu klassifizieren. So kann je Klasse ein Szenario zur Anbindung gewählt werden. Des Weiteren ist in Abhängigkeit von den definierten Kennzahlen eine einheitliche Datenstruktur zu definieren. Das Motto ‘gib mir alle Daten und wir schauen dann mal’ hat sich nicht bewährt. Sobald sich der Pilot-Bereich erfolgversprechend etabliert hat, empfiehlt sich mit dem Ausrollen auf die weiteren Produktionsbereiche zu starten. Somit ist nach einer überschaubaren Zeit die gesamte Produktion kennzahlentransparent!
Täglich am Ball bleiben
Die Einführung eines Manufacturing Execution System ist mit dem Go-live nicht abgeschlossen. Eine Optimierung der Prozesse geschieht nicht allein aufgrund der Datenerfassung. Vielmehr gilt es, mit den Daten aktiv zu arbeiten. Nichtproduktive Zeiten lassen sich nur verkürzen, wenn das Team die Ursachen aktiv angeht. Aktiv heißt in diesem Zusammenhang, dass sich eine Person um den Vorgang kümmern muss. Hier haben sich täglich stattfindende Shopfloor-Meetings bewährt, in denen die aktuellen Abweichungen besprochen und adressiert werden. Auch das Thema Stammdatenpflege von Soll-Zeiten wird durch die Kennzahlen aus dem MES automatisiert. Daraus folgt, dass ein MES eben nicht mal eben eingeführt ist. Werden allerdings ein paar Regeln beachtet, ist die Einführung durchaus zügig möglich. Als entscheidender Benefit des MES ist nicht die Einführung und das Erfassen der Produktionsdaten zu sehen. Vielmehr steht dann ein Werkzeug zur Verfügung, um Verbesserungsprozesse zu ermöglichen. Und wie mit jedem Werkzeug im professionellen Umfeld gehört es entsprechend professionell angewendet. Erst dann entfaltet ein MES seinen vollen Nutzen.
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