Beim traditionellen Qualitätsmanagement werden gefertigte Bauteile analysiert, um die Qualität der nächsten zu verbessern. Beim Predictive Quality-Ansatz wollen Hersteller analysegestützt eine höhere Qualität erzielen, ohne in die Vergangenheit schauen zu müssen. Bereits verfügbare Lösungen für den Ansatz integrieren die erforderlichen Daten auf einer MES-Plattform.
Der Blick in den Rückspiegel beim herkömmlichen Qualitätsmanagement ist aufwendig und verursacht hohe Kosten. Jedes Ausschussteil verringert die Produktivität und auch die KVP-Initiativen zur Qualitätssteigerung von Produkten und Fertigungsprozessen erfordert laufend Zeit- und Personaleinsatz. Wüssten jedoch Fertigungsplaner, Schichtleiter oder Werker schon im laufenden Fertigungsprozess, wie die Produktqualität ausfallen wird, könnten sie rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, um sich anbahnende Abweichungen zu korrigieren, bevor es zu Ausschussteilen kommt. Hier setzt Predictive Quality an.
Das digitale Abbild
Angenommen ein Unternehmen aus der Kunststoffindustrie produziert täglich eine hohe Zahl Kleinteile, die ausgeliefert und weiter verbaut werden. Die Produktqualität wird anhand einer Quality Rate (PPM) ermittelt. Dies zu kontrollieren, ist aufwendig und für höhere Transparenz müsste die Frequenz der Qualitätskontrollen erhöht werden, wodurch der Aufwand weiter steigt. Die Qualitätskontrolle wird durch den Kosten-Nutzen-Faktor limitiert. Predictive Quality soll dieses Spannungsfeld zwischen qualitativen Anforderungen und Kosten aufbrechen, indem zur Qualitätsanalyse historische Produkt- und Prozessdaten in Echtzeit herangezogen und extrapoliert werden. So kann anhand produkt- und prozessspezifischer Daten ein digitales Abbild entstehen, das permanent überwacht wird, um Abweichungen zu erkennen. Die datengetriebene Qualitätsprognose dient als Grundlage für die Entscheidungen von Fertigungsplanern und Schichtleitern. Maschinenbediener können in den laufenden Fertigungsprozess eingreifen, statt die Qualität eines Teils am Prozessende nachzuprüfen.
Muster erkennen
Mit künstlicher Intelligenz lassen sich aus historischen Daten Vorhersagen über die zukünftige Produkt- und Prozessqualität ableiten. So kann aus einer beschreibenden eine vorhersagende Analyse werden. Dafür rechnen Computer die Daten von digitalen Abbilder statistisch hoch, um Muster zu erkennen, die auf künftige Qualitätsabweichungen hinweisen. An diesen Hochrechnungen wurde im Projekt Quality Data based Risk Assessment for Industry 4.0 (Quadrika) geforscht, an dem auch der MES-Hersteller GBO Datacomp beteiligt war. Im Rahmen dieses vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekts wurde ein Quality-Data-Modul (QDM) entwickelt, das als Addon eines MES Prozesse online überwacht, um Prozess- und Produktrisiken zu vermeiden, bevor sie auftreten. Dadurch sollen Prozess- und Produktqualität verbessert und Ausschüsse reduziert oder wenigstens früh ausgeschleust werden.
Ohne einen Onlineaustausch von Daten ist Predictive Quality aktuell unmöglich. Je mehr, desto besser: Mit einem steigenden Grad an Realismus des digitalen Abbilds steigt die Wahrscheinlichkeit für zutreffende Qualitätsprognosen. Dafür müssen nicht nur das zu fertigende Produkt anhand zahlreicher Daten digital abgebildet werden, sondern auch die einzelnen Fertigungsprozesse. Dazu braucht es Daten wie über die Verfügbarkeiten von Maschinen, Werkzeugen, Rüstzeiten, Temperaturen, Geschwindigkeiten, Drücken und so weiter. Viele produzierende Unternehmen speichern solche Daten bereits, oft aber in einzelnen Anwendungen. So liegt die Herausforderung weniger in der Größe der Datenmenge, als in ihrer Auswahl, der Aufbereitung und der Datenintegration.
Fertigungstechnik mitdenken
Die Prozessqualität ist eine wichtige, aber nicht die einzige Voraussetzung für eine hohe Produktqualität. Die angewendete Fertigungstechnologie kann ebenfalls auf die Produktqualität einwirken, auch wenn alle Prozesswerte bestmöglich eingestellt sind. Und natürlich existieren weitere externe Faktoren, die die Prozess- und Produktqualität beeinflussen. Mit Predictive Quality können diese Einflüsse ebenfalls berücksichtigt werden. Das Zielbild Industrie 4.0 fußt auf der horizontalen und vertikalen Datenintegration, auch unter dem Begriff Internet of Production (IoP) bekannt. Im Idealfall ist jeder Unternehmensbereich mit allen anderen Bereichen vernetzt, bis hin zu Kunden und Lieferanten. Angesichts dieser Vorstellung rückt die Rolle der Datenintegration weiter Richtung Zentrum. Aber nicht nur aus dieser gesamtheitlichen Betrachtung ist eine hochwertige Datenintegration ein wichtiger Punkt, bevor Predictive Quality angewendet werden kann. Wie bei allen Prognosen nimmt auch hier die Güte der Vorhersage für die Prozess- und Produktqualität ab, je weiter die Prognosen in die Zukunft reichen. Um es bildhaft auszudrücken: Es ist einfacher, den Sieger eines Pferderennens zehn Meter vor dem Ziel vorherzusagen, als am Start. Aber je länger der Prognosehorizont ist, desto einfacher ist es, auf Qualitätsabweichungen zu reagieren (oder: Zehn Meter vor dem Ziel können keine Pferdewetten mehr abgeschlossen werden). Unternehmen müssen das Spannungsfeld zwischen Prognosehorizont und -güte austarieren, um Spielraum für Reaktionen zu erhalten.
Erfahrung mit Datenintegration
Ein passend integriertes MES ist eine gute Grundlage für die Nutzung von Predictive Quality. Je mehr Daten im System vorhanden sind, desto präziser ist das digitale Abbild und damit auch die Qualitätsvorhersage. Aber auch hier ist die Menge an Daten nicht der einzige Faktor. Die unterschiedlichen Daten aus zahlreichen Quellen müssen vereinheitlich und miteinander verknüpft werden. Die GBO Datacomp kann in solchen Projekten einerseits auf die Erfahrungen aus dem Forschungsprojekt Quadrika und andererseits auf das Knowhow aus zahlreichen MES-Implementierungen zurückgreifen. Mit der Anwendung bisoft MES verfügt der Anbieter über eine Datenplattform, die unabhängig von vorhandenen QM-Lösungen Daten sammelt, verdichtet und visualisiert, um daraus anhand präskriptiver Analysen Qualitätsprognosen in Echtzeit zu entwickeln, die im laufenden Fertigungsprozess zur Verfügung gestellt werden.
Horizontale und vertikale Datenintegration ist nicht von heute auf morgen erreicht. Daher ist das MES des Systemanbieters modular aufgebaut, um als Integrationsplattform anhand jeweiliger Anforderungen zu skalieren. Auf diese Weise können etwa nach einer Test-Fertigungslinie weitere Linien sukzessive in die Plattform integriert werden. Ebenso lassen sich Schritt für Schritt immer mehr Daten, auch aus Unternehmensbereichen abseits der Produktion, integrieren, um die Genauigkeit des digitalen Abbilds und damit der Vorhersagen zu erhöhen. Letztendlich können die Vorteile der Predictive Quality nicht nur in der Fertigung zum Tragen kommen, sondern überall dort im Unternehmen, wo die Prozessqualität gesteigert werden soll.
Mittelständische Unternehmen investieren selbst in schwierigen Zeiten in Microsoft-Technologien, weil sie überzeugt sind, dass ihre Mitarbeiterproduktivität steigt und sich ihre Kostenstruktur bessert. Microsoft hat mit dem Microsoft-Partner-Network ein Netzwerk aufgebaut, das ein Forum für den Aufbau von Partnerschaften, Zugang zu Ressourcen und einen Rahmen für Dialoge und Kooperationen bietet. Für unsere Leser gibt die Microsoft-Partnerübersicht in Ausgabe Juli/August der IT&Production Tipps für die Suche nach einer geeigneten Branchen- oder Speziallösung im Bereich des produzierenden Gewerbes.
Auf der Suche nach Innovation, nach neuen Lösungen und der Abgrenzung zum Mitbewerb vernetzen sich zunehmend mehr Unternehmen mit externen Experten und Partnern. SAP hat mit dem SAP-Ecosystem ein Netzwerk aufgebaut, das ein Forum für den Aufbau von Partnerschaften, Zugang zu Ressourcen und einen Rahmen für Dialoge und Kooperationen bietet. In der Maiausgabe der Fachzeitschrift IT&Production erhalten unsere Leser einen aktuellen Überblick zum SAP-Ecosystem im Bereich des produzierenden Gewerbes.
Um alle Potenziale eines MES umfassend ausnutzen zu können, beleuchten unsere Autoren in der Serie von MES Wissen Kompakt die erfolgskritischen Faktoren, um Fertigungsunternehmen präventiv zu steuern. Darüber hinaus präsentiert MES Wissen Kompakt ein breites Spektrum an Firmenportraits, Produkt- neuheiten und Dienst- leistungen im MES-Umfeld.
Ein Unternehmen, das sich mit der Auswahl eines ERP- Systems befasst, muss sich gleichsam mit einem viel- schichtigen Software-Markt und unklaren Interessen- lagen an interne Abwick- lungsprozesse auseinander- setzen. Guter Rat bei der Investitionsentscheidung ist teuer. ERP/CRM Wissen Kompakt unterstützt Sie bei der gezielten Investition in die IT-Infrastruktur.
Immer mehr Anbieter von Maschinen, Automatisierungstechnik und Industriesoftware integrieren künstliche Intelligenz in ihre Produkte. Das ganze Potenzial spielen selbstlernende Systeme aber erst aus, wenn sie passgenau auf ihren Einsatz in Fertigung und Büro zugeschnitten wurden. Über beide Möglichkeiten, als Fertiger die Vorzüge von industrieller KI zu nutzen, geht es im regelmäßig aktualisierten Themenheft Künstliche Intelligenz.
Das Internet of Things verändert Produktwelten und die Vernetzung in der Fertigung gleichermaßen. Entstehende Ökosysteme laden zur einer neuen Form der Zusammenarbeit ein. Die Spezialausgabe IoT Wissen Kompakt informiert über die Technologie, Projektierung und Anbieter für die eigene Applikation, in- und außerhalb der Fabrik.