Hybrid Cloud Manufacturing

Legacy-Software skalierbar, sicher und zukunftsfähig

Software hilft Produzenten schon länger, ihre Produkte in stetig kürzeren Innovationszyklen günstiger und hochwertiger zu fertigen. Wenn historisch gewachsene Systeme, etwa in der Produktionssteuerung, jedoch an Grenzen stoßen, lassen sie sich meist nicht so einfach auswechseln. Hybrid Cloud Manufacturing ermöglicht es, kritische Bestandssysteme schrittweise in die Cloud zu verlagern, ohne die laufende Produktion zu beeinflussen.

Bild: ©Ivan Traimak/stock.adobe.com
Bild: ©Ivan Traimak/stock.adobe.com

Viele Softwareanwendungen in Unternehmen sind über Jahrzehnte gewachsen. Angepasst an Geschäftsbedürfnisse, wurden diese meist monolithischen Anwendungen mithilfe von mittlerweile überholten Technologien entwickelt. Deshalb wirken sie fast immer wie eine Bremse, wenn es um zukunftsfähige Weiterentwicklungen geht. Zudem werden die Anwendungen häufig in komplex aufgebauten Systemlandschaften betrieben, die an teure physikalische Hardware gebunden sind. Somit wirft eine Erweiterung oder Ablösung von Legacy-Systemen viele Fragen auf, beispielsweise: Wie können wir unsere Softwareprozesse zukunftsfähig gestalten? Können wir es uns leisten, auf die Vorteile von Cloudlösungen zu verzichten? Oder: Welcher ist der richtige Weg, um die Anforderungen des Betriebs mit Cloud-Technologien in Einklang zu bringen? Die Antwort hierauf ist oftmals ein hybrider On-Premise/Cloudansatz, der das Beste aus beiden Welten nutzt. Große Fertigungsunternehmen haben bereits viele Vorteile durch den Wechsel zu hybriden On-Premise-/Cloudlösungen für sich entdeckt. Diese reichen von der Senkung der Betriebskosten über eine schnellere und effizientere Produktion bis hin zu besserer Observability und einfachem Monitoring für den Ist-Zustand sowie Predictive Maintenance für Prognosen zu zukünftigen Wartungen – all das hilft, die betriebliche Effizienz und Agilität auf die nächste Stufe zu heben.

Wartung und Pflege kosten Zeit und Geld

Die Komplexität von Legacy-Systemlandschaften lässt Wartungsarbeiten oft zu langwierigen Angelegenheiten werden, die spezifisches Knowhow einzelner Wissensträger im Unternehmen erfordern. Sollten diese Wissensträger das Unternehmen jedoch verlassen, kann die Software im schlimmsten Fall gar nicht mehr gewartet werden. Auch die Ergänzung der bestehenden Software- und Systemarchitektur um neue Funktionalitäten gestaltet sich als schwer bis gar nicht durchführbar. Die verwendeten Architekturansätze erweisen sich meistens als nicht einfach erweiterbar, sodass sie den anspruchsvollen und sich ständig ändernden Marktbedürfnissen immer weniger gerecht werden können. Neuentwicklungen sind dadurch in vielen Fällen mit hohen Aufwänden verbunden, die in kostspieligen Projekten die Ressourcen des Unternehmens über mehrere Jahre hinweg binden. Last but not least kosten Wartung sowie Weiterentwicklung dieser nicht mehr zeitgemäßen, aber unverzichtbaren funktionalen IT-Strukturen einen Großteil des begrenzt verfügbaren IT-Budgets.


Tobias Kiefer: „An keine bestimmte Branche gebunden”

Bild: Tobias Kiefer / Abat+ GmbH
Bild: Tobias Kiefer / Abat+ GmbH

Welche Anwendungsfälle konnten im Konzept des Hybrid Cloud Manufacturing bereits umgesetzt werden?
Tobias Kiefer: Ein Anwendungsfall, der die Vorteile des Hybrid Cloud Manufacturing sehr gut illustriert, wurde bei der Optimierung eines Produktionsprozesses in der Automobilbranche umgesetzt: Ein überaus wichtiger Faktor zur effizienten Produktion in der Automobilindustrie ist, die bestmögliche Reihenfolge von Modellen in der Montagelinie zu bilden, damit Werker zu jedem Zeitpunkt die vorgegebene Taktfrequenz einhalten können. Ein neuartiger Ansatz, der dieses Optimierungsproblem löst, benötigt allerdings enorme Rechenleistung. Bisher setzte unser Kunde im Bereich der Montage vor allem auf eine hochverfügbare Softwarelösung, die jedoch in Bezug auf Rechenleistung an die physikalische Hardware der On-Premise-Lösung gebunden ist. Damit das bewährte Bestandssystem dennoch den vielversprechenden Ansatz zur Optimierung der sogenannten Perlenkette unterstützen konnte, kam das Konzept des Hybrid Cloud Manufacturing zum Tragen. Mit unserer langjährigen Expertise, einerseits bei Wartung bzw. Erweiterung von Bestandssoftware im produzierenden Gewerbe und zum anderen in der Entwicklung von ausfallsicheren Cloudlösungen, haben wir das vorhandene IT-System um die neuen Funktionalitäten, auf Basis von Cloud-Computing erweitert. Hierzu war es nötig, das System so aufzubohren, dass ein optimales Zusammenspiel zwischen On-Premise- und Cloudlösung durch eine ausfallsichere Kommunikation umgesetzt werden konnte. Seitens der Cloud konnte mithilfe von modernen Container-Technologien der innovative Ansatz zur Berechnung einer idealen Montagereihenfolge performant umgesetzt werden. Durch den gewählten Ansatz des Hybrid Cloud Manufacturing wurde zudem die Inbetriebnahme des neuen Systems innerhalb weniger Stunden an einem Wochenende vorgenommen, sodass die Produktion nicht betroffen war und es zu keinen Ausfällen kam.

Gibt es besondere Hürden bei der Inbetriebnahme in einem Produktivsystem?
Kiefer: Durch unsere langjährigen Tätigkeiten im Bereich der Entwicklung und des Supports von hochverfügbaren Produktionssystemen wissen wir, worauf es bei der Umsetzung und Inbetriebnahme ankommt. Eine erfolgreiche und reibungslose Inbetriebnahme von Cloudkomponenten in eine bestehende Bestandssoftware ist vor allem von den geleisteten Vorarbeiten abhängig. Hier spielt sowohl die Konzeption der Zusammenarbeit beider Systeme als auch das Entwicklungsvorgehen eine entscheidende Rolle. Durch die enge Einbeziehung des Kunden in allen Phasen der Entwicklung – von der Erstellung der Konzepte bis hin zu den abschließenden Tests – ist es uns möglich, bereits vor der Inbetriebnahme Hürden effektiv aus dem Weg zu räumen und Lösungen zu entwickeln, die beim Endanwender die erforderliche Akzeptanz finden. Das ist nicht nur für einen reibungslosen Go-Live der neuen Funktionen von Vorteil, sondern auch für die Vermeidung von aufwendigen Nachbesserungen am System.

Ist das Konzept des Hybrid Cloud Manufacturing auch außerhalb der Automobilindustrie einsetzbar?
Kiefer: Das Konzept des Hybrid Cloud Manufacturing ist nicht an eine bestimmte Branche gebunden. Es ist für alle Unternehmen interessant, die von hochverfügbarer Bestandssoftware abhängig sind, kaum Ausfallzeiten erlauben oder deren Altsysteme nur schwer durch neue Funktionen zu erweitern sind. Hierzu zählt nicht nur die Automobilindustrie, sondern das gesamte produzierende Gewerbe oder auch der Bankensektor. Hybrid Cloud Manufacturing bietet sich für alle Unternehmen als wirtschaftliche Lösung an, für die eine Ablösung ihrer Bestandssoftware durch komplett neu entwickelte Software keine zufriedenstellende Lösungsalternative darstellt, die aber ihre Geschäftsprozesse dennoch auf Basis aktueller Innovationen optimieren möchten.







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