Servicequalität trotzt Fachkräftemangel

Assistent für Außendienstler

Der Fachkräftemangel hemmt die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Unternehmen. Um dennoch Außendienst auf hohem Niveau anzubieten, könnten künftig häufiger Assistenzsysteme dabei helfen, Expertenwissen möglichst effizient einzusetzen – nämlich ohne Zeitverlust durch lange Reisen.

 (Bild: August-Wilhelm Scheer Institut)
(Bild: August-Wilhelm Scheer Institut)

Digitale Lösungen unterstützen Unternehmen schon lange dabei, personelle Ressourcen bestmöglich einzusetzen. Zur Fernwartung und -steuerung existieren viele verschiedene Kommunikations-Assistenzsysteme, durch die auch weniger erfahrene Mitarbeitende in die Lage versetzt werden, komplexe Tätigkeiten korrekt auszuführen.

Umkämpfte Situation am Arbeitsmarkt

Vielen Betrieben fehlt es an ambitionierten Auszubildenden und Spezialisten. Gerade kleine und mittlere Unternehmen, die oft in Konkurrenz zu Konzernen auf dem Arbeitsmarkt agieren, haben einen schweren Stand, Fachkräfte zu rekrutieren und langfristig zu halten. Dieser Druck wirkt bis zu den kundennahen Prozessen, in denen Lieferanten, Kunden und andere Beteiligte – vor allem im Außendienst – mit den qualifizierten Fachleuten des Unternehmens interagieren. Diese Herausforderung lässt sich mit einer Kombination von Kommunikationsplattformen und visuellen Assistenzsystemen adressieren.

Konzeptentwicklung im Rahmen des BMBF-geförderten Vorhabens ‘Visaar’ (Bild: August-Wilhelm Scheer Institut)
Konzeptentwicklung im Rahmen des BMBF-geförderten Vorhabens ‘Visaar’ (Bild: August-Wilhelm Scheer Institut)

Beispiel Elektro-Branche

Gerade das Elektrohandwerk ist betroffen mit seinen Installationen, Montagen, Inbetriebnahmen, Wartungen und Reparaturen. Kommunikations-Assistenzsysteme können diese Betriebe in die Lage versetzen, ihre personellen Ressourcen effizient einzusetzen und die Experten gleichzeitig zu entlasten, da diese ihre Reisetätigkeit reduzieren können. Mit Smart Devices wie Datenbrillen und Tablets können auch weniger erfahrene Mitarbeiter einen Schaltschrank bedienen – wenn sie von Fachkräften aus der Ferne angeleitet werden. Diese sehen das Umfeld des Werkers durch die Kamera, die in den tragbaren Geräten eingebaut ist. Die Werker können per Sprachkommunikation angeleitet werden. Sollte der Experte den Schaltschrank näher inspizieren wollen, kann bspw. per Sprachsteuerung von beiden Parteien die Zoomfunktion aktiviert werden. Außerdem stehen ihnen auch andere Funktionen wie das Fokussieren auf gewisse Bereiche per Laserpointer und das Einblenden von Bildern bzw. das Abspielen von Erklärvideos zur Verfügung, was die Zusammenarbeit auf Entfernung ebenfalls unterstützt. Des Weiteren können vorab definierte Arbeitsschritte eingeblendet werden, welche den Mitarbeitenden durch die auszuführenden Tätigkeiten leiten. Solche Systeme können in allen Sektoren mit eigenem Außendienst eingesetzt werden. Durch neue technologische Möglichkeiten könnten solche Assistenzsysteme künftig sogar intelligent werden.

Potenzial bereits erkannt

Heutige Systeme ermöglichen Live-Kommunikation und das Erstellen von Arbeitsabläufen, um die Arbeit im Außendienst zu vereinfachen. Künftig sind weitere Entwicklungsmöglichkeiten und Funktionen denkbar. Mit Smart Glasses oder sonstigen Kameras, die dem Werker je nach vorhandenem Gerät zur Verfügung stehen, besteht durch deren Befestigung am Körper oder Helm die Möglichkeit, dessen Tätigkeiten per bildbasiertem Verfahren zur Full-Body-Pose- und 3D-Hand-Pose-Estimation zu erfassen (Tätigkeitserfassung). Durch diese kann sichergestellt werden, dass der Mitarbeitende die zu erledigenden Tätigkeiten und Handgriffe auch korrekt ausgeführt hat. Da der Werker vor Ort außerdem mit Werkzeugen und Objekten hantiert, ist eine zuverlässige und effiziente Objekterkennung ebenfalls vorstellbar (Objekterkennung). So lässt sich feststellen, ob auch die tatsächlich benötigten Bau- oder Ersatzteile auch verwendet wurden.

Künstliche Intelligenz überwacht Prozesse

Durch den kombinierten Einsatz von Tätigkeitserfassung und Objekterkennung kann zusätzlich eine KI trainiert werden, die dem Werker – ähnlich wie der remote zugeschaltete Experte – Feedback in Echtzeit gibt, ob er die anfallenden Tätigkeiten korrekt und in der richtigen Reihenfolge ausgeführt hat (KI-Supervisor). Auf diesem Weg kann trotz Abwesenheit einer Fachkraft die Fehlerquote im Außendienst reduziert werden. Sobald der KI-Supervisor auf Basis der Tätigkeitserfassung und Objekterkennung die ausgeführten Tätigkeiten als korrekt erkennt, können diese automatisch dokumentiert werden. Dadurch können Reportings für das Qualitätsmanagement erstellt und Zertifizierungsvorgänge vereinfacht werden. Das Zusammenspiel solcher Funktionen in einer Kommunikations-Assistenzplattform lässt dementsprechend noch viele Entwicklungsmöglichkeiten zu, um den Qualitätsstandard für Arbeiten im Außendienst trotz Personalmangel und Effizienzdruck hochzuhalten.