Handling schwerer Werkstücke bei Liebherr

V20-Dieselmotoren
hochautomatisiert gefertigt

Um mit MAN gemeinsam noch größere Dieselmotoren mit bis zu 20 Zylindern automatisiert zu fertigen, musste sich Liebherr Machines Bulle SA etwas einfallen lassen. Für Werkstücke mit diesen Abmessungen und diesem Gewicht war schlicht keine Fertigungstechnik verfügbar. Zusammen mit den Automatisierungsexperten der Liebherr-Verzahntechnik GmbH und der Burkhardt+Weber Fertigungssysteme GmbH wurde eine einzigartige Lösung entwickelt.

Das Palettenhandling bei Liebherr ist nun für Werkstücke bis 13.000 Kilogramm ausgelegt. Was ausreichend für V20-Dieselmotoren ist.
Bild: Liebherr-International Deutschland GmbH

Nachdem Liebherr Machines Bulle SA (LMB) beschlossen hatte, zusammen mit MAN noch größere Dieselaggregate als bisher zu bauen, stellte sich Klaus Bosch, Produktionsleiter für Diesel-und Gasmotoren die Frage, wie denn der Produktionsprozess für die Kurbelgehäuse gestaltet werden kann. Geplant waren zwei neue Baureihen (D96 und D98) in Versionen mit zwölf, 16 und 20 Zylindern. Die V20-Version der Motorenreihe D98 kommt auf stolze Maße: Mit einer Länge von 2720 Millimetern und einem Gewicht von 2700 Kilogramm konnten die Werkstücke dafür nicht mit dem vorhandenen Maschinenpark bearbeitet werden. „Wir brauchten eine neue Produktionslinie für diese gewaltigen Dimensionen. Die Wunschliste an den Prozess war dabei recht lang. An oberster Stelle standen Flexibilität und ein möglichst hoher Automatisierungsgrad, der auch einen zeitweise mannlosen Betrieb ermöglicht“, sagt Bosch. Nach seinen Vorstellungen sollte die komplette Vor- und Fertigbearbeitung inklusive Kurbel- und Nockenwellenbohrung, Fräsen, Bohren, Tieflochbohren und prozessintegriertem Messen mit großen Werkzeugvorräten, automatischer Prozessüberwachung, automatischem Werkzeugwechsel im oder vom Hochregalsystem und reduzierten Rüst-, Wege- und Liegezeiten in mannarmer Fertigung kombiniert werden. Zusammenfassend: Eine Komplettbearbeitung der komplexen Motoren innerhalb eines voll automatisierten Fertigungssystems war der Wunsch.

Starke Partner gefunden

„Der passende Maschinenhersteller war dann recht schnell gefunden“, schildert Klaus Bosch. In dieser Größenordnung ist die Anzahl der Anbieter überschaubar. „Burkhardt+Weber waren die einzigen, die für alle unsere Problemstellungen Lösungen anbieten konnten und – wenn auch manchmal in einem kleineren Maßstab – bereits umgesetzt hatten. Das schaffte das nötige Vertrauen für eine so aufwendige und große Investition.“ Die Bearbeitung alleine ist aber bei tonnenschweren Teilen nur ein Aspekt. Ein effizientes und benutzerfreundliches Handling mit kluger Logistik sowie ein möglichst effizienter Prozess sind die beiden anderen Faktoren, die zum Erfolg notwendig sind. Klaus Bosch regte dann konzernintern an, das Handling automatisiert über ein Palettenhandlingsystem von Liebherr laufen zu lassen. „In dieser Größenordnung hatten wir das noch nie realisiert“, berichtet Stefan Jehle, Vertriebsleiter der Automationssysteme. „Aber die Idee stieß auch in Kempten bei der Produktionsleitung der Liebherr-Verzahntechnik auf großes Interesse. So hatten wir zwei Pilotprojekte für ein Palettenhandlingsystem (PHS) in dieser Größenordnung – und wir entwickelten das PHS 10.000.“ Mit vereintem Wissen konnte so in der Schweiz die neue Produktionsanlage für Großdieselmotoren entstehen. Nach zwei Jahren der Planung und Projektierung ging die Fertigungsanlage mit Prüfstand, Logistik, Montage und Steuerung in Betrieb. Jetzt werden Aufträge vom ERP-System der Prozess-Software Soflex übergeben, die die Bearbeitungsreihenfolge koordiniert, Rohteile, Werkstücke und Werkzeuge verwaltet, die NC-Codes an die Maschinen übergibt und die Mitarbeiter an den Rüstplätzen mit den richtigen Informationen, Anleitungen und Material versorgt.

Alles in einem System integriert

Sämtliche Arbeitsplätze und Maschinen werden durch das Palettenhandlingsystem versorgt, das zusätzlich Bauteile und Rohlinge verwaltet. „Rüstzeiten entfallen und die Produktion wird hochflexibel. Am Rüstplatz erhält der Bediener Bauteil und Material vom PHS zugeteilt, die Umfeldlogistik wird dadurch erheblich erleichtert“, erläutert Stefan Jehle. Die Arbeitsplätze sind ebenerdig und durch Sensoren gesichert, um barrierefreies und gefahrloses Arbeiten zu ermöglichen. Große Bildschirme zeigen dem Bediener, was am jeweiligen Werkstück zu tun ist. Das Palettenhandlingsystem verwaltet in der aktuellen Ausbaustufe 25 Spannvorrichtungen und 56 Halbfertig-/Rohteile. Eine Operation am größten Werkstück aus der D98-Reihe benötigt sechs unterschiedliche Vorrichtungen in sieben verschiedenen Aufspannungen. Da manche Aufgaben horizontal und andere vertikal ausgeführt werden müssen, werden Lagerplätze für beide Varianten benötigt, die die bis zu 3,6 Meter langen beziehungsweisen hohen Objekte aufbewahren können.

Das Palettenhandhabungssystem PHS 10000 von Liebherr für die Fertigung von V20-Dieselmotoren
Bild: Liebherr-International Deutschland GmbH







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