Roboterprogrammier-Lösung von Wandelbots
(Fast) jeder kann Teaching
Roboter gehören zum Rückgrat der smarten Fabrik. Doch die Automaten könnten außerhalb der Fabriken viel leisten. Das Dresdner Unternehmen Wandelbots hat jetzt eine Lösung entwickelt, die den Robotereinsatz auch für kleine und mittlere Unternehmen vieler Branchen interessant machen soll. Ein Industrie-PC von Kontron übernimmt in diesem System eine zentrale Aufgabe.
Wer sich Roboter einmal ohne Schutzzäune und Lichtschranken vorstellt, wird viele Anwendungsbereiche entdecken. Zum Beispiel in den Laboren, die in Zeiten von Corona an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Auch dort sind qualifizierte Mitarbeiter rar. Spezielle Roboterlösungen könnten Routinejobs wie das Pipettieren problemlos erledigen. Die wissenschaftlichen Fachkräfte hätten so mehr Zeit für anspruchsvolle Prozesse wie die Auswertung von Testreihen. Im industriellen Umfeld können Arbeiten an schwer zugänglichen Stellen und das Abfahren komplizierter und wiederkehrender Bewegungsbahnen mit Robotern vereinfacht werden. Beispielhafte Aufgaben sind neben der optischen Inspektion auch Schweißvorgänge oder das Auftragen von Klebebahnen.
Komplexität erschwert Einsatz
Doch die Roboter zu programmieren ist komplex, teuer und zeitaufwendig. Zudem mangelt es an Fachkräften. Hier setzt die Dresdner Firma Wandelbots an: Mit ihrem Roboter-Programmiersystem will sie selbst vielen Programmier-Laien das Anlernen von Robotern ermöglichen.
Für die industrielle Praxis
Gegründet wurde Wandelbots im Dezember 2017 von sieben wissenschaftlichen Mitarbeitern der Fakultät für Informatik der TU Dresden. Ziel war es, die Robotik so spielend leicht und praxistauglich zu gestalten, dass jedem, unabhängig von Robotik-Vorkenntnissen, ein Zugang zu Robotern ermöglicht wird. Dazu entwickelte das Team, anfangs noch an der TU Dresden, zunächst den Prototypen einer smarten Jacke. Bis zur Marktreife gelangte schließlich der für unterschiedliche Anwendungen nutzbare ‚TracePen‘, ein handgeführter, intelligenter Stift für das Robotik Teaching, der im Juni 2019 auf der Messe GIFA in Düsseldorf vorgestellt wurde. Vom Hauptsitz in Dresden bedient das Wandelbots-Team inzwischen Kunden in ganz Europa und arbeitet gerade daran, auch Interessenten in Asien und Amerika Zugang zur Technologie zu ermöglichen. Rund 110 Mitarbeiter aus 14 Nationen arbeiten an verschiedenen Lösungen rund um die Robotik.
Roboter für Jedermann
Eine der neusten Entwicklungen ist ein Roboter-Programmiersystem, das mit Hilfe einer App und des TracePen Roboterprozesse umsetzen und verändern hilft. Die Plattform der Firma ist dabei kein geschlossenes System, sondern unterstützt zahlreiche Roboter und deren Programmiersprachen. Dazu sagt Dr. Patrick Grosa, Head of Business Acceleration bei Wandelbots: „Bisher waren Roboter mehr oder minder geschlossene Systeme mit einer eigenen Programmierung für bestimmte Aufgaben. Die Umprogrammierung auf neue Prozesse war kostspielig, aufwändig und meist nur von Spezialisten durchzuführen.“ Mit der Wandelbots-Lösung hingegen sollen selbst Laien Roboter unabhängig von ihrer Programmiersprache auf eine neue Aufgabe einstellen, sie umprogrammieren und ihre Daten auslesen können.
Roboterprogrammier-Lösung von Wandelbots
(Fast) jeder kann Teaching

Die Lösung wurde speziell für die Anforderungen von kleineren und mittleren Unternehmen entwickelt. (Bild: Wandelbots)
Roboter müssen lernen
Mit dem TracePen wird der Roboter in sein Aufgabengebiet eingeführt. Die Bewegung des TracePen zeigt dem Roboter den zu erlernenden Pfad auf. Die Software in der App stellt diese Bewegung detailgetreu dar. Durch die Definition einzelner Punkte (Keyframes) kann das Ergebnis nachjustiert werden. Auf diese Weise sind Anpassungen im Präzisionsbereich der Wiederholgenauigkeit möglich. Der Bewegungspfad des Roboters zwischen den festgelegten Punkten lässt sich auf die Anforderungen der Applikation anpassen. Anwender können die Robotergelenke direkt steuern, da eine Gelenksteuerung integriert ist. Darüber hinaus lässt sich ein beliebiger Bereich definieren, in dem der Roboter sich bewegen darf.
Prozessverständnis wichtiger
Bei der Inbetriebnahme der Lösung steht die Installation der Hardware an erster Stelle. Das sind Tracking-Stationen, TracePen, Tablet sowie der Industriecomputer. Dann erfolgt die Anbindung der Wandelbots-Plattform an den Industrie-PC, der als Schaltzentrale für den TracePen an den Controller des Roboters angeschlossen wird. Mit Unterstützung der Tracking-Stationen erfolgt dann im zweiten Schritt die Kalibrierung des TracePen. Dabei wird der Stift an der dafür vorgesehenen Halterung des jeweiligen Roboters fixiert. Je nach Roboter stehen dafür unterschiedliche Adapterhalterungen zur Verfügung. Die Kalibrierung über Infrarot-Lichtmuster läuft automatisch und dauert weniger als 30 Sekunden. Sind diese grundlegenden Installationsarbeiten erfolgt, kann die Programmierung beginnen. „Dafür ist das Prozessverständnis der Aufgabe entscheidend, nicht die Programmierkenntnisse des Anwenders“, sagt Patrick Grosa. Um diesen Prozess anzustoßen, wählt der Bediener den passenden Aufsatz für den TracePen und startet die App. Mit dem TracePen führt er dann die jeweilige Tätigkeit aus. Die Daten werden dabei durch die Software zeitgleich aufgezeichnet und das bis auf den Zehntelmillimeter genau. In der App kann die genaue Abfolge dieses Teaching-Prozesses nachverfolgt werden.
Skills variabel nutzen
Die Skills, die einem Roboter für einen bestimmten Aufgabenbereich beigebracht werden, lassen sich im nächsten Schritt weiterbearbeiten und verfeinern. Häufig verwendete Skills können mit Hilfe des Keyframe-Selektors wiederverwendet, abgeändert und in neue Skills implementiert werden. Abschließend wird der Code für den Roboter in der jeweils genutzten Programmiersprache generiert und der Roboter ist einsatzbereit. Der generierte Code kann nachträglich noch bearbeitet werden. Dieser Prozess ist mit herkömmlichen Zertifizierungs- und Simulationsprozessen kompatibel. Der Code lässt sich anschließend auch auf andere Roboter übertragen. n Manager Box PCs bei Kontron.