Prozessvisualisierung in der Lebensmittelindustrie

Hygiene ist oberstes Gebot

Hardware für die Lebensmittelproduktion muss hohen Ansprüchen an die Hygiene Rechnung tragen. Neben Schmutz und Lebensmittelrückständen wirken beim Reinigen Wasser und oft aggressive Chemikalien auf die Geräte ein. Mit einem darauf abgestimmten Design entlang der gängigen Standards können Hardware-Hersteller dennoch langlebige und komfortable Lösungen anbieten.

(Bild: Kontron S&T AG)
(Bild: Kontron S&T AG)

Der Umgang mit Lebensmitteln erfordert besondere Sorgfalt und auch ein hohes Maß an Verantwortung seitens Verarbeitern und Herstellern von Lebensmitteln und pharmazeutischen Produkten. Es geht um die Gesundheit der Konsumenten, daher sind etwa Gefährdungen durch eine Kontamination des Produkts, etwa mit Fremdteilen wie Plastik- oder Metallteilchen, sowie Staub, Schmieröl und Keimen unbedingt auszuschließen. Maschinen, Anlagen und Komponenten entlang der Herstellungskette müssen deshalb entsprechend konstruiert und gefertigt werden.

Reinigen und desinfizieren

In zahlreichen Verordnungen und Bestimmungen zur Lebensmittelhygiene spielt vor allem die Reinigbarkeit und Desinfizierbarkeit aller Oberflächen und Materialien eine große Rolle. Die sich ergebenden Anforderungen sind in einer Reihe von Rechtsvorschriften, Empfehlungen und Normen festgelegt. Insbesondere auf nachstehende Dokumente ist in diesem Zusammenhang zu verweisen:

  • • Nach der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene (Anhang II, Kapitel V) müssen Gegenstände, Armaturen und Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, so gebaut, beschaffen und instand gehalten sein, dass das Risiko einer (mikrobiellen) Kontamination so gering wie möglich ist. Sie müssen darüber hinaus gut zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren und so installiert sein, dass die Ausrüstungen und das unmittelbare Umfeld angemessen gereinigt werden können.
  • • Die Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 fordert, dass mit Lebensmitteln in Kontakt stehende Materialien und Gegenstände hinreichend inert sein müssen und keine Stoffe an die Lebensmittel abgeben, die die Sicherheit oder Qualität beeinträchtigen könnten.
  • • Die DIN 10 528 ‚Lebensmittelhygiene – Anleitung für die Auswahl von Werkstoffen für den Kontakt mit Lebensmitteln – Allgemeine Grundsätze‘ liefert praktische Anleitungen.
  • • Weitere Normen für Nahrungsmittelmaschinen sind die DIN EN1672-2 ‚Nahrungsmittelmaschinen – Allgemeine Gestaltungsleitsätze – Teil 2: Hygieneanforderungen‘ und die DIN EN ISO14159 ‚Sicherheit von Maschinen – Hygieneanforderungen an die Gestaltung von Maschinen‘.
  • • Gestaltungskriterien für hygienegerechte Maschinen, Apparate und Komponenten finden sich in den EHEDG-Richtlinien, in denen nicht nur die Konstruktionswerkstoffe, sondern auch die funktionellen Anforderungen sowie die Konstruktionsmerkmale zum Hygienic Design eingehend dargestellt werden.

All diese Richtlinien und Verordnungen stellen für die Hersteller von Maschinen und Geräten eine erhebliche Herausforderung dar. Natürlich müssen auch die eingesetzten Visualisierungs-, Steuerungs- und Bedienelemente geeignet sein und etwa auch der starken mechanischen Beanspruchung durch Wasserdruck, etwa bei Washdown-Anwendungen, sowie auch störenden Einflüssen durch Wasser oder Staub standhalten.

Direkt an der Maschine

Gerade für Anzeige- und Bedieneinheiten, die direkt an einer Maschine in der Steuerung, Prozessvisualisierung und der Qualitätskontrolle zum Einsatz kommen, ist deshalb eine komplette Staub- und Feuchtigkeitskapselung von besonderer Bedeutung. Nur ein geschlossenes und gedichtetes Gehäuse mit glatten und möglichst fugenfreien Oberflächen verhindert ein Festsetzen von Schmutz- und Nahrungsmittelrückständen und vereinfacht so die Reinigung. Häufig kommen hier Geräte mit der Schutzklasse IP69 beziehungsweise IP69K zum Einsatz. Mit der Schutzklasse wird die Eignung von elektrischen Betriebsmitteln für verschiedene Umgebungsbedingungen definiert. Der Schutzgrad beschreibt, inwiefern das Gehäuse gegen feste Objekte und Flüssigkeiten geschützt ist, um die Einhaltung der Betriebsfähigkeit im Inneren der Elektronik sicherzustellen. Der IP69-Standard wird durch die IEC60529 definiert, wohingegen der IP69K-Standard in der ISO20653 definiert wird. Die einzelnen Buchstaben und Ziffern haben dabei folgende Bedeutung:

6 = staubdicht,

9 = Schutz gegen das Eindringen von Wasser bei der Hochdruck- und Dampfstrahlreinigung,

K = Schutz vor hohen Temperaturen (Heißwasser, nur in ISO20653 vorgesehen)

Beide Normen sehen ein intensives Prüfverfahren vor, das sich in wenigen Punkten bei der Staub- und Dichtigkeitsprüfung unterscheidet. So wird beispielsweise bei der Staubprüfung nach IEC60529 der Prüfling mit einem Unterdruck beaufschlagt und die Dichtigkeitsprüfung mit unterschiedlichen Düsenanordnungen durchgeführt. In der Praxis sind beide Verfahren als gleichwertig anzusehen, denn die Prüfung im individuellen Anwendungsfall lässt sich durch die standardisierten Verfahren ohnehin nicht gänzlich ersetzen.

Langlebige Materialien

Auch die verwendeten Materialien sollten auf den Einsatz in der Lebensmittel-, Kosmetik- oder Pharmaindustrie abgestimmt sein: Die eingesetzten Werkstoffe müssen kompatibel (vereinbar) zu dem Produkt, den Umgebungsbedingungen und den Reinigungsmitteln beziehungsweise Desinfektionsmitteln sein. So gilt rostfreier Stahl der Klasse 1.4301 als bewährt und erfüllt die genannten Bedingungen. Es ist ein austenitischer, säurebeständiger 18/10 Cr-Ni-Stahl, der gegen Wasser, Wasserdampf, Luftfeuchtigkeit, Speisesäuren sowie schwache organische und anorganische Säuren beständig ist. Dank seiner Polierfähigkeit lassen sich sehr glatte und damit gut reinigbare Oberflächen erzeugen. Der Stahl hat auch eine besonders gute Verformbarkeit. Dies ermöglicht es, Gehäuse im Tiefziehverfahren ohne anfällige Verschweißungen herzustellen.

Dicht by Design

Wie dicht ein Systems letztlich ist, hängt auch mit dem Design zusammen. Um die Möglichkeit von Schwachstellen zu reduzieren, hat der Hardwarehersteller Kontron etwa die Gehäuse des FlatClient HYG ohne Fugen konstruiert. Im Panel PC mit der Schutzklasse IP69K gibt nur eine Dichtungsstelle zwischen Frontglas und Gehäuse. Die Rückhaube ist ohne Verbindungsstellen tiefgezogen und somit leicht zu reinigen. Zusammen mit dem langlebigen Material sind das gute Voraussetzungen für den Panel PC, zuverlässig und hygienisch im industriellen Umfeld seinen Dienst zu verrichten.