Mit Machine Vision Prozesse optimieren

Augen auf die Bildverarbeitung

Der prüfende Blick auf fertige Bauteile ist zwar ein wichtiger Produktionsschritt, lässt sich durch industrielle Bildverarbeitung jedoch oft automatisieren. Unterschiedliche Branchen setzen bereits seit einiger Zeit auf diese Technologie. Wobei sich das mögliche Spektrum an Applikationen zurzeit durch künstliche Intelligenz rasant auffächert.

Machine Vision unterstützt die zunehmende Automatisierung in der Automobilindustrie. (Bild: ©phonlamaiphoto/stock.adobe.com)
Machine Vision unterstützt die zunehmende Automatisierung in der Automobilindustrie. (Bild: ©phonlamaiphoto/stock.adobe.com)

Die industrielle Bildverarbeitung (Machine Vision) trägt dazu bei, die Prozessketten in Produktionsunternehmen zu vernetzen, zu automatisieren und zu digitalisieren. Über Bildeinzugsgeräte wie Kameras und Sensoren überwacht die Technologie die Fertigungsprozesse und verarbeitet Bilddaten mithilfe einer integrierten Machine-Vision-Software. Dabei lässt sich industrielle Bildverarbeitung für verschiedene Szenarien und Anwendungsfelder einsetzen. Dazu zählen beispielsweise die Identifizierung von Produkten und Werkstücken während des gesamten Prozesszyklus. Dies kann sowohl durch rein äußere, optisch wahrnehmbare Merkmale und Eigenschaften, als auch durch aufgedruckte Zahlen- und Buchstabenkombinationen erfolgen. Bei Letzterem unterstützen Verfahren der optischen Zeichenerkennung (Optical Character Recognition, OCR).

Lagebestimmung

Darüber hinaus wird Machine Vision für die Lagebestimmung von Bauteilen und Werkstücken eingesetzt, was den gesamten Bearbeitungsvorgang optimieren hilft. Auch lassen sich dadurch die Handling-Prozesse automatisieren und sicherer gestalten. So weiß beispielsweise ein Roboter exakt, wo sich bestimmte Objekte befinden. Die Bewegungen des Roboterarms werden dementsprechend ausgeführt. Zum Einsatz kommt dieses Verfahren etwa beim sogenannten Bin Picking (Griff in die Kiste). Zudem kann die Bildverarbeitung die Zusammenarbeit und Interaktion zwischen kollaborativen Robotern (Cobots) und Menschen effizienter und sicherer machen. Und nicht zuletzt kommt Machine Vision auch in der Qualitätssicherung zum Einsatz, um beispielsweise Fehler an Produkten zu finden.

Hohe Erkennungsraten bei hohen Geschwindigkeiten

Verglichen mit anderen Identifikationsverfahren punktet Machine Vision mit einigen Vorteilen. Beispielsweise lassen sich gleichbleibend robuste Erkennungsraten bei sehr hohen Geschwindigkeiten und einer konstanten Prozessstabilität erreichen. Darüber hinaus überzeugt die Bildverarbeitung Entscheider oft mit ihrer Kostenbetrachtung. So werden Maschinen mit integrierten Bildverarbeitungsfunktionen für Automatisierungsprozesse und zur Qualitätskontrolle in Produktionsstraßen weltweit eingesetzt. Diese reichen von Maschinen zur grundlegenden Anwesenheitserkennung über die Inspektion und Vermessung von Teilen bis hin zu Anlagen, die Teile im dreidimensionalen Raum präzise ausrichten. Da Machine-Vision-Applikationen in Montagelinien relativ einfach und flexibel angepasst werden können, lassen sich verschiedene Produktlinien und auch kleine Losgrößen wirtschaftlich realisieren. Machine-Vision-Softwarebibliotheken eröffnen die dafür notwendige Funktionsvielfalt.

Einsatz im Automobilbau

Ein weiteres Einsatzgebiet industrieller Bildverarbeitung ist der Automobilbau. Hersteller können etwa mittels präziser Kalibrierung zwischen Roboter und Kamera, 2D-und 3D-Objekterkennung und Lagebestimmung im 3D-Raum, Inspektion sowie Rückverfolgungs-Funktionen ihre Produktionsprozesse weiter automatisieren. Und auch die Halbleiter-Industrie setzt häufig auf die Technologie. Deren komplexe Produktion setzt sich aus mehr als 1.000 verschiedenen Prozessschritten zusammen. Industrielle Bildverarbeitung kann beispielsweise bei der Qualitätskontrolle unterstützen. Bei der Waferbearbeitung sind Geschwindigkeit und Präzision im Mikrometer-Bereich gefragt. Machine-Vision kommt dabei insbesondere zur Objekterkennung (Matching) zum Einsatz.

Die Fertigung von Halbleitern stellt höchste Anforderungen an die Genauigkeit. In diesem Beispiel: Qualitätsinspektion des Kontakts zwischen einem elektronischen Bauteil und dem Chip. (Bild: MVTec Software GmbH)
Die Fertigung von Halbleitern stellt höchste Anforderungen an die Genauigkeit. In diesem Beispiel: Qualitätsinspektion des Kontakts zwischen einem elektronischen Bauteil und dem Chip. (Bild: MVTec Software GmbH)

Neue Möglichkeiten durch Deep Learning

Die Herausforderungen im Rahmen vernetzter Prozessketten sind ein Treiber für die konsequente Weiterentwicklung von Machine-Vision-Systemen. Dazu zählt auch die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) und im Speziellen um Deep Learning, das auf neuronalen Netzen (Convolutional Neural Networks, CNNs) basiert. Mit Deep Learning können nicht nur klassische, regelbasierte Methoden der industriellen Bildverarbeitung auf eine neue Stufe gehoben werden. Die Technologien ermöglichen sogar gänzlich neue Machine-Vision-Applikationen. In der Landwirtschaft ermöglicht Deep-Learning beispielsweise die Qualitätsprüfung der Feldfrüchte. Durch Objekterkennung werden auch die komplexen und vielfältigen Erscheinungsformen der Feldfrüchte zuverlässig erkannt. Darauf aufbauend können neue Bewirtschaftungsmaßnahmen abgeleitet werden.

Produktivität steigern

In verschiedenen Anwendungsszenarien und Branchen trägt Machine Vision dazu bei, die Wertschöpfungsketten zu automatisieren und damit die Produktivität zu erhöhen. Insbesondere die Qualitätssicherung kann von der Technologie profitieren, da sie eine gleichbleibend hohe Produktqualität ermöglicht.





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