Kettenmontage bei Kässbohrer

Ab auf die Piste

Mächtige Ketten verleihen dem Pisten Bully sicheren Halt selbst auf schwarzen Abfahrten. Die Kettenelemente dafür werden seit neuestem auf einer Anlage von HandlingTech mit zwei Kuka-Robotern montiert. Ziel bei der Automatisierung war vor allem, steigende Absatzzahlen bewältigen zu können und Mitarbeiter körperlich zu entlasten.

 (Bild: HandlingTech Automations-Systeme GmbH)
(Bild: HandlingTech Automations-Systeme GmbH)

Der Pisten Bully der Kässbohrer Geländefahrzeug AG gehört auf Skipisten und Loipen weltweit zum gewohnten Bild. Mehr als 22.000 Fahrzeuge wurden bis heute ausgeliefert. Neben dem Pisten Bully produziert Kässbohrer Geländefahrzeuge, aber auch Geräte zur Strandreinigung sowie Sonderfahrzeuge für Arbeits- und Transporteinsätze. Seit 2014 gehört der Power Bully zum Unternehmensportfolio, der für hohe Nutzlasten in unwegsamem Gelände ausgelegt ist. Bei sämtlichen Fahrzeugen handelt es sich um Kettenfahrzeuge von denen zwischen 600 und 700 pro Jahr hergestellt werden. „Die Kette ist ein ganz zentrales Element unserer Fahrzeuge, das Schuhwerk sozusagen“, sagt Uwe Thierer, Prokurist bei Kässbohrer Geländefahrzeuge. Bei der Entwicklung der neuen Fahrzeuggeneration wurde daher gleichzeitig ein neues Kettenkonzept entwickelt. Dabei stand auch die Automationsfähigkeit der Fertigung des Produktes im Fokus. So wurde zur bestehenden Anlage für die Kettenendmontage auch für die Vormontage der einzelnen Kettenglieder eine Roboteranlage realisiert. Die Varianz der einzelnen Kettenmodule wurde dabei gering gehalten. „Das haben wir schon in der Entwicklung so konzipiert“, sagt Thierer. Allerdings habe die Anlage die erforderliche Flexibilität, in Zukunft auch weitere Kettentypen automatisiert zu montieren. Auf der derzeit betriebenen Anlage werden in einem ersten Schritt Kettenstege so weit montiert, dass sie auf einer zweiten, bereits vorhandenen Anlage bis zur fertigen Kette montiert werden können. Hinsichtlich der Auswahl des Anlagenbauers zeigte sich Kässbohrer offen: „Wir haben einen zuverlässigen Systempartner gesucht, der das Projekt vom weißen Blatt Papier bis zur Realisierung der Anlage betreuen kann. Und HandlingTech hat auf uns bei der Auswahl der Partner den besten Eindruck gemacht“, erinnert sich Uwe Thierer.

68 Kettenstege

Die Kette eines Pisten Bullys besteht aus 68 Kettenstegen. Diese werden versetzt nach einem bestimmten Muster auf den Kettenbändern montiert. Dieses Muster gehörte früher zum Domänenwissen der Mitarbeiter und wird heute von den Robotern realisiert. Um die Anlage von Anfang an optimal nutzen zu können, wurden die Mitarbeiter parallel zum Aufbau von HandlingTech geschult.

Zwei Roboter im Einsatz

In der Montage teilen sich zwei Kuka-Roboter die Arbeit: Der große KR 60 mit einer Reichweite von 2.200mm und einer maximalen Traglast von 45kg übernimmt die Handlingaufgaben. Außerdem sitzt der Roboter auf einer sieben Meter langen Verfahrachse. Der kleine KR 10 übernimmt Handreichungen an den jeweiligen Prozessstationen. Seine maximale Traglast von zehn Kilogramm und die Reichweite von 1.420mm reichen dafür aus. Zunächst holt der KR60 das erste Bauteil aus dem Warenträger. Fährt er diesen zum ersten mal an, orientiert er sich an drei Punkten des Kunststoffträgers. So erkennt der Roboter die Lage aller Teile auf dem entsprechenden Träger. Dann fährt er zur ersten Montagestation und legt das Teil – den Kettensteg – dort ab. Diese sind aus Aluminium und unterschiedlich lang, wobei der Roboter ‚weiß‘, welche Kettenstege sich auf welcher Palette befinden.

Wenig Platz

Der Kettensteg wird dann in die erste Montagestation gelegt. Anschließend legt der kleine Roboter eine Zwischenlage aus Kunststoff auf, die verhindern soll, dass zwischen Aluminiumprofil und Stahlbügel Kontaktkorrosion auftritt. Danach wird ein sogenannter Stahlgussbügel aufgeschraubt, wobei die Verschraubung kontrolliert und dokumentiert wird. In weiteren Prozessschritten wird der Kettensteg mit Eisgreifern vervollständigt. Eine zusätzliche Herausforderung bestand darin, dass der neuen Anlage eine vorhandene Anlage nachgelagert ist. Deshalb musste sie in das vorhandene Layout der Produktionshalle eingepasst werden. Da auch die Materialversorgung berücksichtigt werden musste, war der Platz knapp bemessen. Die kombinierte Anlage arbeitet mit einer mittleren Taktzeit von 90 Sekunden, je nach Anzahl der zu montierenden Eisgreifer. Zwischen der neuen und alten bzw. bestehenden Anlage fördert ein Transportband die vormontierten Einheiten. Außerdem dient das Band als Puffer und kann Taktzeitschwankungen kompensieren. Solche Schwankungen resultieren beispielsweise durch die Varianten der Kettenstege, aber auch durch Palettenwechsel. Bislang wurden die Kettenstege in Handarbeit montiert: Die Werker mussten jedes Element auflegen und bei entsprechenden Toleranzen aus der Vorfertigung fügen. Dann wurden die Einzelteile miteinander verschraubt, der Eisgreifer montiert und ebenfalls verschraubt. Bernd Riegler hat ausgerechnet, dass so in einer Schicht rund eine Tonne Material zu handhaben war. Die Mitarbeiter werden nun von körperlich anstrengenden Arbeiten entlastet und können sich auf andere Aufgaben konzentrieren – sie bedienen und überwachen die Anlage und sorgen für den Teilenachschub. Um unnötige Wege um die Anlage zu vermeiden, steht den Werkern beidseitig der Anlage je ein HaTPad zur Verfügung, mit denen sich die Anlage überwachen und sich mögliche Störungsursachen sofort lokalisieren lassen.

Auswirkungen auf Lieferanten

Bei der Automation geht es auch um gleichbleibende Qualität. Dafür müssen jedoch auch die Einzelteile automatisierungsfähig sein – ein Lerneffekt, der sich auch bei Kässbohrer einstellte. Denn Teile wie Stahlgussbügel und Eisgreifer werden außer Haus gefertigt. Bernd Riegler: „Zusammen mit unseren Lieferanten und auch im eigenen Fertigungsprozess mussten wir einige kleine Veränderungen vornehmen. Da war uns HandlingTech eine große Hilfe.“







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