ZVEI-Jahreskongress 2016: „Die Schlacht läuft“h1>

Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie hatte zum Jahreskongress gerufen und die Prominenz aus Politik und Wirtschaft gab sich in Berlin die Klinke in die Hand. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, wie sie die Rolle der Regierung in der Transformation zur Industrie 4.0 sieht. ZVEI-Präsident Micheal Ziesemer versprühte Optimismus.

Beim ZVEI-Jahreskongress ließen die Redner keinen Zweifel daran, was die Stunde für die deutsche Elektroindustrie geschlagen hat. „Wir stehen an der Schwelle zu einer neuen Zeit“, verkündete Moderator Ranga Yogeshwar zur Einführung. Die hochkarätig besetzte Riege der Redner knüpfte genau dort an und beschwor sämtliche gesellschaftlichen Kräfte zur Zusammenarbeit.

Der ZVEI hatte am 8. und 9. Juni zum Jahreskongress in das Berliner Maritim Proarte Hotel geladen und prominente Redner für das Programm gewinnen können. Ein zentrales Thema der Veranstaltung war die Digitalisierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte den über 600 Gästen auf, welche Rolle die Politik bei der Realisierung einer Industrie 4.0 spielen kann.

Merkel erklärt politische Ansätze

So müsse die öffentliche Hand noch stärker in Forschung und Bildung investieren, die Infrastruktur ausgebaut und passende rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Auch die Organisation der Arbeit müsse diskutiert werden, etwa beim Thema Arbeitszeit. Der deutschen Elektroindustrie sprach die Kanzlerin eine tragende Rolle im Prozess der Digitalisierung zu. Merkel zeigte sich überzeugt, dass der laufende Transformationsprozess sehr wichtig für die Zukunft des Standortes Deutschland ist. „Die Schlacht läuft“, sagte sie.

Joe Kaeser schlug in seiner Keynote in die gleiche Kerbe. Der Siemens-Chef spürte der Frage nach, welche neuen Geschäftsmodelle das wirtschaftliche Überleben deutscher Industrieunternehmen sichern könnten. Kaeser machte deutlich, dass den Unternehmen vor dem Hintergrund steigenden Innovationsdrucks gar nichts anderes übrig bleibt, als den Weg der digitalen Transformation mitzugehen und sich auf das Neue einzulassen. „Die Bequemen überleben nicht“, sagte er. Für die Zukunft werde es nach Kaesers Ansicht eine Verschiebung hin zu leistungsorientierten Geschäftsmodellen geben.

Sind die Deutschen zu risikoscheu?

In einer Podiumsdiskussion wurde auch der Vergleich zu den USA gezogen: Deutsche Industrieunternehmen sind oft seit Jahrzehnten etabliert und sehen sich plötzlich in Konkurrenz zu Startups, die ihr Geschäft originär im Bereich der Datenverabeitung machen, aber nun diversifizieren und die Traditionsunternehmen unter Druck setzen. Die Diskutanten warfen hier auch die Frage nach der Risikobereitschaft der Deutschen auf und konstatierten, dass hierzulande das Vertrauen in neue, digitale Ideen nicht so stark ausgeprägt wie in Übersee sei. Vielleicht liege es aber auch daran, dass so mancher hierzulande digitale Geschäftsmodelle noch nicht so recht verstanden hat, wurde gemutmaßt. Um das zu verdeutlichen, erzählte Ranga Yogeshwar von einem Berliner Taxi, das er gesehen hatte. Dieses Taxi fuhr eine Werbung für ‚Uber‘ durch die Straßen der Hauptstadt, ein Unternehmen, das sich anschickt, die Taxibranche auszutrocknen.

ZVEI-Präsident Michael Ziesemer gab sich aber zuversichtlich. Unternehmen und Politk in Deutschland hätten die Notwendigkeit der Digitalisierung erkannt und arbeiteten an der digitalen Zukunft. Ziesemer sagte, dass bei aller Euphorie die Technik nicht zum Selbstzweck geschaffen werden dürfe, sondern stets Nutzen stiften müsse. Für die Industrie bedeute dass konkret: „Industrie 4.0 muss sich rechnen mit Umsatz und Gewinn.“

„Nicht weniger, sondern mehr Mensch“

Auch die Rolle des Menschen in einer Industrie 4.0 skizzierte Ziesemer. „Eine menschenleere Fabrik wird es nicht geben“, sagte der ZVEI-Präsident. Vielmehr könnten Mitarbeiter in der Produktion durch fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung von eher eintönigen Arbeiten befreit werden, sodass sie mehr Raum für Kreativität zur Verfügung hätten, zum Beispiel für die Verbesserung von Prozessen. Kreativität und soziale Kompetenz sei nicht digitalisierbar, sagte Ziesemer. Deshalb gelte für die digitale Fabrik: „Nicht weniger, sondern mehr Mensch.“ (dom)

(Quelle:Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V./Bild:ZVEI)