Viele befürchten, dass die IT-Riesen und Start-ups aus dem Silicon Valley die deutschen Autobauer in Sachen Digitalisierung abhängen könnten. In Wirklichkeit haben sie längst aufgeholt und arbeiten in ihren Laboren mit den Digitalisierungs-Gurus aus dem Silicon Valley zusammen an der Zukunft der Mobilität. Doch was können die Zulieferer IT-seitig tun, um auch künftig ein Geschäftspartner auf Augenhöhe zu bleiben?
Sandro Lindner (links) und Achim Terlinden (rechts) aus der Unisys Deutschland GmbH Bilder: Unisys Information Services GmbH
Wenn es um Elektromobilität, autonomes Fahren und Absatzzahlen geht, wollen alle Automobilhersteller ganz vorne mit dabei sein. Geschäftsprozesse sollen effizienter, Margen höher und Kosten reduziert werden. Außerdem gilt es, schnell und wettbewerbsfähig neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen sowie die besten Talente als neue Mitarbeiter zu gewinnen. Um das zu schaffen, müssen sich nicht nur die Autobauer digital wandeln, sondern auch die Zulieferer. Gibt der Hersteller beispielsweise vor, dass die Produktion und die Logistik auch beim Zulieferer den aktuellsten Industrie-4.0-Standards entsprechen, hat der Zulieferer in der Regel keine andere Wahl, als sich anzupassen. Das gleiche gilt, wenn der Hersteller eine redundante IT-Infrastruktur für mehr Ausfallsicherheit, IoT-Unterstützung oder Video Conferencing sowie etwa ein Extranet beim Zulieferer erwartet.
Skalierung der IT
Doch viele Herausforderungen sind noch viel grundsätzlicher: Beispielsweise verfügen längst nicht alle Mitarbeiter bei Zulieferern über einen IT-Arbeitsplatz. Viele Prozesse erfolgen immer noch per Papier, Informationen gibt es am schwarzen Brett. In der Produktion oder in der Logistik erfolgen viele Prozesse manuell. Das ist oft ineffizient und verhindert Echtzeiteinblicke. Deswegen bekommen nun auch Mitarbeiter ohne IT-Ausstattung eigene Endgeräte zur Verfügung gestellt und benötigen damit Schulungen sowie IT-Support- und Services. Diese Skalierung beim Service-Desk und WorkplaceManagement ist für die IT-Teams eine große Herausforderung – vor allem, wenn die betroffenen Mitarbeiter weltweit in unterschiedlichen Standorten arbeiten.
Eine weitere Herausforderung sind die veränderten Ansprüche der Fachabteilungen. Hat früher die IT-Abteilung vorgegeben, welche Software, Hardware und so weiter zur Verfügung gestellt wird, ist es mit Cloud-Computing und as-a-Service-Modellen für die Fachabteilungen leicht geworden, an der IT-Abteilung vorbei Software und Applikationen anzuschaffen. Trotzdem will die IT den Ball in der Hand halten. So verändern sich IT-Teams immer mehr hin zu Brokern und die Fachabteilungen werden zu internen Kunden. Während die IT-ler strategischer Dreh- und Angelpunkt bleiben, holen sie sich für die Umsetzung Hilfe von außen. Doch Cloud-Computing beeinflusst noch mehr: Lief die Vernetzung von Industrieanlagen bisher über individuell angemietete Netze, sind jetzt Parallel-Infrastrukturen entstanden, die den bisherigen in puncto Preis, Speichervolumen, Bandbreite, Skalierbarkeit und Verfügbarkeit oft überlegen sind. Denn die Datenmengen, die im Zeitalter von IoT und Big Data Analytics anfallen, sind riesig. Ausschließlich in eigenen Rechenzentren und über eigene Infrastrukturen können viele Zulieferer diese gar nicht verwalten. Auch das ist der Grund, warum sich hybride Cloudmodelle immer häufiger etablieren. Darüber hinaus erlauben Cloud-Computing und das IoT neue Industrieanwendungen und Geschäftsmodelle. Doch viele vorher autarke sind weder aktuell noch kompatibel genug, um sich einfach ans Internet anschließen zu lassen. Insbesondere die erhöhten Sicherheitsanforderungen vernetzter Produktionsanlagen stellen eine Herausforderung dar. Fachkräfte in diesem Bereich sind Mangelware. Das zwingt Zulieferer, vermehrt IT-Lösungen und -Unterstützung zuzukaufen. Betrug das Verhältnis von Make zu Buy in der Vergangenheit meist 80 zu 20 Prozent, zeichnet sich hier ein Wandel ab, der sich auch in einer langfristigen Veränderung der Unternehmenskultur widerspiegelt. Der Buy-Faktor gewinnt an Bedeutung und unterstützt eine weitere Entwicklung: Die Globalisierung der Branche.
Sichere IT weltweit
Deutsche Automobilhersteller haben Werke in China, Mexiko, den USA und die Globalisierung macht auch vor den Zulieferern nicht Halt. Weltweite Standorte erfordern deren Vernetzung sowie die Vernetzung mit den Herstellern. Hinzu kommt der Kostendruck im global umkämpften Zuliefermarkt. Neue Standorte und Mitarbeiter kommen hinzu, für die IT in enormer Geschwindigkeit bereitgestellt und in hoher Qualität verwaltet werden muss. Zudem ist Industrie 4.0 ohne Internet und IoT global nicht möglich. Damit steigen die Anforderungen an die Sicherheit: Geistiges Eigentum soll schließlich bei Wissensvorsprüngen gerade geschützt werden. Virenscanner, Firewall, Intrusion Detection und klassisches Identity Management reichen für digitale Infrastrukturen bei weitem nicht mehr aus. Mikrosegmentierung per Software ist beispielsweise ein Mittel der Wahl, um Unternehmensnetze und hybride Cloud-Infrastrukturen vor Angriffen zu schützen. Sie unterteilt die Infrastruktur in Mikrosegmente, auf die nur die User einer festgelegten ‘Community of Interest‘ Zugriff haben. Der Netzwerkverkehr zwischen diesen Nutzern sowie die Clients und Endpunkte sind für Außenstehende nicht sichtbar. Und was Hacker nicht sehen, können sie kaum anvisieren.
Kulturwandel, effiziente Produktions- und Logistikprozesse, IT-Sicherheit, Globalisierung, Wettbewerbsdruck – die Herausforderungen der Autobauer sind auch die Herausforderungen der Automobilzulieferer. Alle Unternehmen der Wertschöpfungskette sind gefragt, die Digitalisierung als Chance zu begreifen. Der Druck der weltweit führenden Marken bringt Geschwindigkeit in die Branche und treibt den digitalen Wandel auch bei den Zulieferern voran. Auch wenn einige Firmen die Veränderungen und Investitionskosten noch scheuen mögen – zum Nulltarif gibt es die Digitalisierung nicht. Um mit Maß an die Sache heranzugehen, können Unternehmen mit Fast Track-Ansätzen in kleinen, aber schnellen und aufeinander aufbauenden Schritten vorgehen – ohne das große Ganze aus den Augen zu verlieren.
Autoren:Sandro Lindner ist Geschäftsführer der Unisys Deutschland GmbH und Achim Terlinden ist für den Bereich Industry SME Digital Transformation Automotive & Manufacturing bei Unisys zuständig.
Autoren: Sandro Lindner ist Geschäftsführer der Unisys Deutschland GmbH und Achim Terlinden ist für den Bereich Industry SME Digital Transformation Automotive & Manufacturing bei Unisys zuständig.
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