Zero Defect-Strategie in der Chipfertigung

Grenzwertüberwachung für sichere Produkte

Es gibt Halbleiterbausteine, von deren Funktionieren Menschenleben abhängen. Hier ist jeder Fehler ist ein Fehler zu viel. Für die Halbleiterproduktion bedeutet dies höchste Anforderungen an Fertigungskonstanz und Prozessstabilität. Der Erfolg des Chipherstellers Infineon bei der Fertigung von ‚Zero Defect‘ Automotive-Komponenten liegt nicht zuletzt am konsequenten Einsatz von Manufacturing Information-Technologie.

Bild: Infineon

Der Siegeszug der Elektronik im Automobilbau ist nicht aufzuhalten. Selbst in Sub-Compact Fahrzeugen regulieren heute Halbleiterbausteine den Bremsdruck und zünden im Notfall die Airbags. Wer zu Infineons Manufacturing IT (MIT) kommt und vergleichsweise hohe Verlässlichkeitsquoten von 99,9 Prozent für einen akzeptablen Wert hält, muss daher erst einmal umdenken: Angesichts der Millionen elektronisch kontrollierter Autos auf unseren Straßen wäre eine Versagerquote bereits im Promille-Bereich unverantwortlich.

Dass moderne Assistenzsysteme im Notfall Leben retten, statt selbst Gefahren zu verursachen, ist zwei wesentlichen Faktoren bei der Fertigung der Schaltbausteine zu verdanken: Zum einen werden schon in das Design der Chips raffinierte Schaltungen zur Selbstüberwachung eingebettet. Zum anderen unterliegt der gesamte Fertigungsablauf einem rigorosen Qualitätsmanagement. Das basiert auf einem riesigen Volumen von Fertigungsdaten. Diese zu sammeln, aufzubereiten und für automatisierte Reaktionen sowie komplexe Analysen zur Verfügung zu stellen, ist bei Infineon Aufgabe der hauseigenen Manufacturing IT.

Winzige Abweichungen so früh wie möglich erkennen



Im Front-End-Bereich werden die Wafer bearbeitet, die als Träger für die einzelnen Chip-Schaltkreise dienen. Bild: Infineon

Schon während der Bearbeitung der Wafer, die die eigentlichen Chips tragen, geht es bei der Datenerhebung darum, winzige Abweichungen im Prozessablauf so früh wie möglich zu erkennen. Daher werden eventuell von Unregelmäßigkeiten betroffene Wafer aus dem normalen Produktionsfluss ausgesteuert. Am Ende dieser Bearbeitung im so genannten Front End existieren die fertigen Schaltungen auf dem noch unzerteilten Wafer. Jetzt müssen sie durch das Prüffeld, wonach die vielen ‚Dies‘ auf einem Wafer zu fertigen Chips verarbeitet werden. Hier werden die einwandfreien Schaltungen separiert und in die gewünschten Gehäuseformen gesetzt. Anschließend erfolgt noch ein finaler Funktionstest.

Drei Säulen der Datengewinnung

Die Datengewinnung während der Chip-Fertigung stützt dabei sich auf drei Säulen: Processing Data, Metrology und Functional Tests. ‚Processing Data‘ bezeichnet die Erfassung umfangreicher Prozessdaten in den Fertigungsanlagen einer Produktionslinie. Gibt etwa das Rezept für einen Ofenprozess eine bestimmte Temperaturkurve und einen definierten Gasfluss vor, so protokollieren die MIT-Systeme in kurzen Zeitabständen Temperatur und Glasfluss. Hinzu kommen Umfelddaten wie das aktuelle Hallenklima, eine Auswertung des Anlagenlogs und die so genannte Logistik, die es erlauben, Messdaten einem bestimmten Prozessschritt zuzuordnen. In Summe kommen so schnell einige zehntausend Werte für einen einzigen Bearbeitungsvorgang zusammen.

Dabei übernehmen die MIT Systeme nicht nur die Grenzwertüberwachung, sondern aggregieren die Daten zu aussagefähigeren Kennzahlen, für die ebenfalls Grenzwerte überprüft werden. Folgt ein Prozessverlauf nicht den engen Soll-Werten, veranlasst das System sofort einen Toolstop und ein HoldLot, also die Außerbetriebsetzung der betreffenden Fertigungsanlage sowie eine Aussteuerung der gerade bearbeiteten Produktcharge. Die Applicationen für diese Aufgabe werden als ‚Advanced Process Control/Fault Detection and Classification‘ (APC/FDC) bezeichnet.





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