Der Einsatz von Templates im Unternehmenssystem kann auch dazu beitragen, Fertigungsprozesse über Ländergrenzen hinweg zu vereinheitlichen. Dabei ist genaues Abwägen gefragt, welche lokalen Prozesse beibehalten, und welche standardisiert werden sollen. Bild: Schiedel

Detaillierte Prozessanalyse erforderlich

Um festzustellen, welche Prozesse vereinheitlicht werden können, ist eine detaillierte Prozessanalyse erforderlich. Da die Know-how-Träger des operativen Geschäfts in der Regel in den Landesgesellschaften zu finden sind, empfiehlt es sich, die Geschäftsvorgänge möglichst vor Ort in Augenschein zu nehmen. Idealerweise sollten Unternehmen hier auf die Unterstützung eines ERP-Dienstleisters zurückgreifen, der dazu in der Lage ist, Standardprozesse und notwendige Abweichungen effizient zu identifizieren.

Ein Beispiel dafür stellen abweichende Fertigungsvarianten für ähnliche Produkte im Kontrast zu den Fertigungsverfahren dar, die im ERP-System vorzusehen sind. Anonyme Massenfertigung etwa kann auf Basis verschiedener Kriterien wie Lagerbestände oder erwarteten Absätzen geplant werden. Auch wenn der Geschäftsführer einer Landesgesellschaft darauf beharrt, dass seine Serieneinzelfertigung komplett anders funktioniert als die im Nachbarland, muss diese Aussage nicht zwingend zutreffen. Hier wird deutlich, dass eine System-Einführung nicht als technisches Projekt verstanden werden darf.

Mit der Gestaltung des Templates wandern Verantwortlichkeiten zur Zentrale, was eine stark eingebundene Führung sowie professionelles Change Management verlangt. Globale Templates sollen an den Kernprozessen ausgerichtet, lokale Anpassungen möglichst gering gehalten werden. Bei Schiedel war es möglich, 80 Prozent aller Funktionalitäten durch globale Templates abzudecken. Kistler erklärt: „Die wichtigsten Anforderungen liegen in unseren großen Landesgesellschaften mit Komplexität in der Produktion und Warenwirtschaft. Lokale Anpassungen sind vor allem im Vertriebsbereich mit unterschiedlichen Marktanforderungen sowie im Finanzbereich aufgrund gesetzlicher Vorgaben notwendig.“

Zentrales System flexibler als Einzellösungen

Ein mit agilen Methoden eingerichtetes ERP-System mit harmonisierten Prozessen erlaubt wesentlich mehr Agilität im Business als landesindividuelle Einzellösungen. Will ein Unternehmen kurzfristig auf Änderungen des Marktes reagieren oder in neue Geschäftsfelder vorstoßen, muss es die dafür nötigen Anpassungen nur einmal am zentralen System-Template vornehmen. Anschließend kann es die Innovationen für alle Länder identisch zur Verfügung stellen. Agilität als Entwicklungsmethode, Agilität in Geschäftsprozessen und der Template-Ansatz sind also eng miteinander verbunden. Für Schiedel sind das wichtige Eigenschaften.

Das Unternehmen entwickelt beständig neue Geschäftsfelder. Baute Schiedel in der Vergangenheit hauptsächlich Schornsteine, bietet es heute auch individuell gefertigte Lüftungssysteme mit Energiemanagement an. Mit dem zentralen ERP-System bildet das Unternehmen diese sehr unterschiedlichen Prozesse im Template ab und gibt sie dann den Landesgesellschaften vor. Auch das Vorgehen zur Implementierung wurde agil gewählt: Standardprozesse werden vorgestellt, im System nach Anwenderbedarf eingestellt und getestet. Hierdurch wird von Anfang an im System gearbeitet, der Dokumentations- und Planungsaufwand im Projekt sinkt, die Einführung erfolgt zügiger. Dazu sind aber ein starkes Projektmanagement, Mitarbeiterschulungen und Change Management unabdingbar. Sowohl die technologische als auch die Managementberatung sind maßgeblich für den Projekterfolg.

Im Übrigen erlaubt ein unternehmensweites System, unrentable Geschäftsbereiche zu identifizieren, etwa indem Teilbilanzierungen Aufschluss über die Rentabilität eines neuen Segments geben. Die zentralen Vorteile einer solchen Prozessharmonisierung liegen in der Optimierung von Supply Chain und Lagerbeständen, der Produktion, hier insbesondere Kapazitätsplanung und Optimierung von Losgrößen, sowie einer effizienteren Beplanung und Steuerung des Vertriebs. Wenn ein Template die Arbeitsweisen im Unternehmen definiert, können neue Akquisitionen kurzfristig auf die vorhandene ERP-Plattform umgestellt werden. Damit folgen sie der gleichen Logik und unterliegen der gleichen Transparenz wie alle anderen Konzerngesellschaften.